Berlin (epd)Ungleiche Bezahlung, sexualisierte Belästigungen und offene Diskriminierung gehören nach wie vor zum Alltag von Frauen und der Menschen, deren Geschlechtsidentität nicht eindeutig weiblich oder männlich ist. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes eingesetzte Kommission, die am Donnerstag in Berlin ihren Abschlussbericht vorlegte.
Gleiche Rechte für alle
Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders, sagte, die Anliegen der Betroffenen würden häufig lächerlich gemacht. Es gehe aber nicht um "Sonderrechte" kleiner Gruppen, sondern um gleiche Rechte für alle. Ein Fünftel aller Beschwerden bei der Antidiskriminierungsstelle erfolgten aufgrund von Diskriminierungen wegen des Geschlechts, sagte Lüders.
Die Bundesregierung geht von bis zu 10.000 Menschen aus, die mit beiderlei Geschlechtsmerkmalen geboren werden. Die Zahl der Transsexuellen in Deutschland wird auf bis zu 100.000 geschätzt. Die Antidiskriminierungsstelle nennt ausdrücklich keine Zahlen. Es fehlten belastbare Studien, hieß es.
Die beiden Vorsitzenden der Kommission, die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, Jutta Allmendinger, und der frühere Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD), hatten Betroffene und Experten angehört. Sie empfehlen, die Klagemöglichkeiten gegen Benachteiligungen und Belästigungen zu erweitern. Nur 19 Prozent der Arbeitnehmer wüssten, dass jeder Arbeitgeber verpflichtet ist, sie vor sexuellen Belästigungen zu schützen.
Ohne Einwilligung operiert
Die Kommission schlägt vor, einen Entschädigungsfonds für intersexuelle Menschen einzurichten, die ohne Einwilligung operiert wurden, weil ihre Geschlechtsmerkmale bei der Geburt nicht eindeutig waren. Transsexuellen Menschen müsse in ihrer neuen weiblichen oder männlichen Identität die Änderung beim Standesamt erleichtert werden. Sie sei heute langwierig, teuer und psychisch belastend, sagte Allmendinger.
Das geplante Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) geht der Antidiskriminierungs-Kommission nicht weit genug. Wowereit sagte, Lohngerechtigkeit müsse für alle Arbeitnehmer gelten. Schwesig plant, dass nur Betriebe mit mehr als 500 Beschäftigten verpflichtet werden sollen, ihr Lohngefüge daraufhin zu untersuchen, ob Frauen schlechter bezahlt werden als Männer. Die Einschränkung ist ein Zugeständnis an die Union.
Wowereit kritisierte, auf diese Weise würden nur 30 Prozent der Arbeitnehmer einbezogen. Frauen arbeiteten zudem überwiegend in kleinen Unternehmen, in denen die Lohndifferenz größer sei als in großen, tariflich gebundenen Betrieben. Die 2006 gegründete Antidiskriminierungsstelle des Bundes macht in diesem Jahr unter dem Motto "Gleiches Recht. Jedes Geschlecht." besonders auf Diskriminierungen wegen des Geschlechts aufmerksam.