Dies sei eine Folge der dramatischen Flüchtlingsbewegungen, die wahrscheinlich noch anhalten würden, sagte Thierse am Freitagabend auf dem Adventsempfang der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck in Kassel. Es sei eine große politische und eine kulturelle Herausforderung, die Flüchtlinge zu integrieren.
Thierse warnte davor, die bevorstehenden Integrationsaufgaben zu unterschätzen. Wahrscheinlich werde dies Jahrzehnte dauern. "Das wird keine Idylle sein", sagte er mit Blick auf das Konfliktpotential. Wenn die Integration allerdings gelinge, werde dies Wohlstand und friedliches Zusammenleben fördern. Angst vor einer sich verändernden Gesellschaft sei falsch. "Nur offene, sich verändernde Gesellschaften sind produktiv und haben Zukunft", sagte er.
Thierse rief dazu auf, die eigene christliche Prägung gegenüber den Flüchtlingen nicht zu verleugnen, sondern zu leben. Die Religion dürfe nicht aus der Öffentlichkeit verschwinden. Wichtig sei zudem, Flüchtlingen zu verdeutlichen, dass die aktive Erinnerung an den Holocaust in Deutschland Staatsräson sei.
Vor der Rede Thierses hatte der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, darauf hingewiesen, dass die europäische Idee angesichts der Flüchtlinge schwer zu leiden habe. "Das ist eine handfeste Krise", sagte er. Hein bekräftigte, dass die Kirchen klar und eindeutig jede Form von Fremdenfeindlichkeit verurteilten. Deutschland werde sich in Zukunft damit auseinandersetzen müssen, ein Einwanderungsland geworden zu sein.