Zum Start des Kinofilms "Bonhoeffer" hat die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, davor gewarnt, den Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) als "unantastbaren Helden" darzustellen.
Eine filmische Auseinandersetzung mit Bonhoeffers Biografie könne neue Perspektiven auf sein Vermächtnis eröffnen, sagte Heinrich dem Evangelischen Pressedienst. Ein für die Breite produzierter Film dürfe sich auch erzählerische Freiheiten nehmen, um ein vielfältiges Publikum zu erreichen. "Aber wir sollten nicht vergessen, dass Vereinfachungen und historische Unrichtigkeiten auch das Risiko bergen, ein falsches Bild von Bonhoeffer zu zeichnen", sagte sie.
Am 13.3. startete die irisch-belgische Filmproduktion "Bonhoeffer" deutschlandweit in den Kinos. In den USA feierte der Film unter dem Titel "Bonhoeffer. Pastor. Spy. Assassin." bereits vergangenen November Premiere.
Der US-amerikanische Regisseur Todd Komarnicki inszeniert den Theologen darin als unverbrüchlichen Helden der Geschichte, der scheinbar im Alleingang aus seiner christlichen Überzeugung heraus das Risiko der Verschwörung gegen NS-Diktator Adolf Hitler auf sich nimmt.
Missbrauch durch "Christliche Nationalisten"
Heinrich sagte, Bonhoeffers Theologie und Lebenszeugnis seien ein kraftvolles Vermächtnis. Sein Leben könne dazu inspirieren, sich heute gegen menschenverachtende Ideologien und Propaganda zu stellen - aber nicht durch eine "distanzierte Heldengeschichte", sondern als Aufforderung zum Handeln. Für sie sei aber entscheidend, dass der Film die richtigen Fragen stelle, etwa was Widerstand bedeute, und sich gegen Antisemitismus positioniere.
Die amerikanische Vermarktung des Films kritisierte Heinrich Bedford-Strohm, ehemaliger EKD-Ratsvorsitzender und aktuell Vorsitzender des Weltkirchenrats. Die werde für die Sache der "Christlichen Nationalisten" missbraucht. In der deutschen Version sei jedoch Bonhoeffers Widerstand gegen das Unrecht im Zentrum gestanden, weswegen man sich trotz eines "teilweise irritierenden Umgangs mit historischen Fakten" den Film anschauen könne.
Bedford-Strohm warnte vor einer Instrumentalisierung Bonhoeffers. Ein besonders drastisches Beispiel dafür sei, wie "christliche Nationalisten" in den USA Bonhoeffers Denken missbrauchten. Dort werde er als Zeuge gegen die demokratisch gewählte Regierung missbraucht, indem der frühere amerikanische Präsident Joe Biden mit Hitler verglichen und die gewaltbereiten Capitol-Stürmer mit den Widerstandskämpfern des Dritten Reiches auf eine Ebene gestellt würden, kritisierte Bedford-Strohm.
Bonhoeffer selbst habe in einer seiner Predigten in New York (1930) hervorgehoben, "dass Christen niemals vergessen sollten, dass sie nicht nur in ihrem eigenen Volk, sondern in jedem Volk Brüder und Schwestern haben", zitierte er den Theologen.