Hilfsorganisationen haben die Bundesregierung aufgefordert, zügig eine Gesamtstrategie zur Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele zu erarbeiten. Deutschland könne den internationalen Vereinbarungen nur nachkommen, wenn ein konkreter politischer Maßnahmenkatalog vorliege, heißt es in einem Bericht von Deutscher Welthungerhilfe und terre des hommes, der am Donnerstag in Berlin veröffentlicht wurde. Die in Deutschland bereits bestehende nationale Nachhaltigkeitsstrategie könne dafür die Grundlage liefern, müsse aber mit Blick auf die Nachhaltigkeitsziele erweitert und ergänzt werden.
Gegen Hunger und Armut, für nachhaltigen Konsum
Die Agenda für nachhaltige Entwicklung war im September von den Vereinten Nationen beschlossen worden. Es handelt sich um 17 Haupt- sowie 169 Unterziele. Im Fokus stehen die Überwindung von Hunger und extremer Armut in Entwicklungsländern sowie weltweit nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster. Gefordert werden zudem menschenwürdige Arbeitsbedingungen überall auf der Welt, Klimaschutz, hochwertige Bildung, die Gleichberechtigung von Frau und Mann und die Beseitigung sozialer Ungleichheit. Die Agenda gilt für Entwicklungs- und Industrieländer, also auch für Deutschland.
Damit die Bundesrepublik die Ziele erreicht, schlagen die Hilfsorganisationen neben einem konkreten Umsetzungsplan auch Veränderungen in der Struktur der Bundesregierung vor. Dabei könnte das Entwicklungsministerium eine Wächterrolle übernehmen und Entscheidungen der Regierung dahingehend prüfen, ob sie mit den Nachhaltigkeitszielen in Einklang stehen.
Die Politik der Bundesregierung dürfe die Nachhaltigkeitsziele künftig nicht mehr konterkarieren - weder im In- noch Ausland, sagte Albert Recknagel, Vorstandsmitglied von terre des hommes. So stünden etwa Waffenexporte im Widerspruch zu der UN-Agenda, weil sie Konflikte verschärften und damit die Armutsspirale verstärkten.
Auswirkungen auf Fluchtbewegungen weltweit
Um auch die ärmeren Länder darin zu unterstützen, Fortschritte bei den Nachhaltigkeitszielen zu machen, müsse Deutschland zudem seine öffentliche Entwicklungshilfe erhöhen, forderten die Hilfsorganisationen weiter. Deutschland hat sich wie die anderen EU-Staaten dazu verpflichtet, bis 2015 seine Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Derzeit liegt die sogenannte ODA-Quote bei 0,4 Prozent. Um das Ziel zu erreichen, solle die Bundesregierung einen verbindlichen Finanzplan erstellen, empfahlen die Hilfswerke. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe mehrfach zugesichert, an dem 0,7-Prozent-Ziel festhalten zu wollen.
Beide Hilfswerke betonten, die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele werde auch Auswirkungen auf die Fluchtbewegungen weltweit haben. Hunger und Konflikte seien die Hauptursachen dafür, dass Menschen ihre Heimat verließen, unterstrich der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Till Wahnbaeck. So kämen vermehrt Menschen aus Eritrea nach Deutschland, weil sie nicht genügend zu essen hätten. Auch in Burundi erwarte man eine größere Fluchtbewegung wegen der zunehmenden Gewalt.