"Es gibt ein moralisches Profil der Ernährung", sagte der Beauftragte für agrarsoziale Fragen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Welche Auswirkungen hat mein Essen auf die Dritte Welt, auf Arbeitsverhältnisse, auf Tierschutz, Klima, Wasser, Energie oder Landschaft?"
Der derzeitige Trend zu einer nachhaltigen Ernährung werde sich langsam fortsetzen, glaubt Dirscherl. Viele Zahlen hält er allerdings für übertrieben: Wenn der Absatz von veganen Produkten von 0,6 auf 1,2 Prozent steige, heiße es gleich, "dieser sei explodiert oder habe um 100 Prozent zugenommen", sagt Dirschel. "Das ist natürlich auch Sensationsmache und ein Medien-Hype."
Statistiken zufolge gibt es in Deutschland 0,6 Prozent Veganer, rund sechs Prozent Vegetarier und rund zwölf Prozent sogenannte "Flexitarier", also Menschen die bewusst weniger Fleisch konsumieren wollen. Dirscherl: "Das bedeutet, dass knapp ein Fünftel unserer Gesellschaft sensibler ist, was Ernährung betrifft."
Im Rückblick teilt Dirscherl die Ernährung im Nachkriegsdeutschland in Epochen ein: In den 50er Jahren habe es das Sattessen gegeben, dann in den 60ern das "Vielessen". In den 80er Jahren seien dann mit der Öko-Bewegung das Müsli und das grobe Brot in Mode gekommen.
Mit der Globalisierung zog in den 90er Jahren die ethnische Vielfalt beim Essen ein, wie Dirscherl sagt. Dazu habe aber parallel auch das Fast Food an Bedeutung gewonnen. In den Nullerjahren schließlich sei als Reaktion auf die Wirtschaftskrise der Gürtel wieder enger geschnallt worden. Discounter hatten Konjunktur. Mit der erstarkenden Wirtschaft laufe aber auch das wieder aus, und die Deutschen interessierten sich für ausgefallene Ernährung und zahlreiche Ernährungs-Trends.
"Ich glaube nicht, dass wir wieder den Trend umkehren nach dem Motto 'Hau dir den Bauch voll, iss fettes Fleisch, egal wie es hergestellt worden ist'." Die Sensibilisierung hin zu einem ethischeren Konsum werde sich verstärken, prognostiziert der Agrarexperte.