Deutschland und Österreich dringen auf eine europäische Lösung in der Flüchtlingspolitik. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach sich für ein europäisches Asylrecht mit festen Kontingenten für die Aufnahme von Flüchtlingen aus. "Die Lösung kann nicht national, sie muss europäisch sein", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann forderte für die Verteilung von Flüchtlingen "eine verpflichtende Quote für alle Länder der EU". Die Innenminister der EU-Staaten kommen am Dienstag in Brüssel zusammen, für Mittwoch ist ein Sondergipfel der 28 EU-Staats- und Regierungschefs geplant.
De Maizière sagte dem "Spiegel", mit dem von ihm angestrebten Konzept, das er als "Vision" bezeichnete, könne sichergestellt werden, dass Europa nur so viele Flüchtlinge aufnehme, wie es auf Dauer auch verkraften könne. "Der richtige Weg wäre, dass wir uns in der EU zu festen großzügigen Kontingenten für die Aufnahme von Flüchtlingen verpflichten. Damit gäbe es einen legalen Weg der Zuwanderung nach Europa. Gleichzeitig würden wir ihre Zahl begrenzen", erklärte der Minister.
Europa könne sich nicht abschotten, sagte de Maizière. Zugleich betonte er: "Wir können aber auch nicht alle Menschen aus Krisengebieten und alle Armutsflüchtlinge, die nach Europa und nach Deutschland möchten, aufnehmen." Wenn die Kontingente ausgeschöpft sind, will de Maizière politisch Verfolgte in ihre Heimatregionen zurückschicken. Man müsse dann sicherstellen, dass sie in der Region, aus der sie kommen, sicher und ohne Verfolgung leben könnten. Flüchtlinge, die zum Beispiel über das Mittelmeer illegal in die EU einreisen wollten, sollten "an einen sicheren Ort in Afrika" gebracht werden.
Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann verlangte ebenfalls einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik: "Wir benötigen ein anderes System, und zwar die verpflichtende Quote für alle Länder der EU", sagte er der "Welt am Sonntag". Wenn einige Länder sich weiterhin unsolidarisch zeigten, sollten ihnen finanzielle Mittel der EU gekürzt werden, verlangte Faymann. Mehrere osteuropäische EU-Länder lehnen die Verteilung von Flüchtlingen nach einer verpflichtenden Quote ab.
Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, sprach sich ebenfalls für ein neues europäisches Asylrecht aus.
Auch die verbindliche Verteilung der Flüchtlinge müsse im gesamten europäischen Asylraum geregelt werden, sagte er den Zeitungen der Essener Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben). Es genüge nicht, die Zuständigkeiten für die Asylverfahren festzulegen, wie das in der Dublin-Verordnung geschehen sei. Man müsse auch die Voraussetzungen für seine Einhaltung schaffen.
EU-Kommission will Umsiedlung von Flüchtlingen aus Kroatien ermöglichen
Mit der strittigen Frage eines Verteilschlüssels für Flüchtlinge wollen sich die EU-Innenminister bei ihrem Treffen am Dienstag befassen. Bei dem Sondergipfel am Mittwochabend soll es nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unter anderem um Hilfen für die Herkunfts- und Durchreiseländer der Flüchtlinge gehen. Merkel will auch darauf dringen, so schnell wie möglich Zentren in Griechenland und Italien einzurichten, um die Verteilung der Flüchtlinge organisieren zu können.
Die EU-Kommission und die luxemburgische Ratspräsidentschaft arbeiten nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" an einem Plan, auch Flüchtlinge aus Kroatien oder Slowenien auf die Mitgliedstaaten zu verteilen. Bisher war nur geplant, Migranten aus Italien, Griechenland und Ungarn umzusiedeln, insgesamt 160.000 Menschen.
Der serbische Sozialminister Aleksandar Vulin kritisierte unterdessen die europäische Flüchtlingspolitik scharf. Eine Politik der geschlossenen Grenzen treibe die Flüchtlinge in die Arme krimineller Schlepper und auf lebensgefährliche Routen, sagte er am Wochenende beim Besuch eines Flüchtlingslagers im Norden Serbiens.