Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Kardinal Reinhard Marx schüttelten bei einem spontanen Besuch am Nachmittag die Hände der Neuankömmlinge, die über Ungarn und Österreich einreisten. Zugleich mahnten sie einen menschlichen Umgang mit den Flüchtlingen an. Bürger applaudierten unterdessen den Menschen, die aus den Zügen stiegen.
Insgesamt machten sich am Samstag mehrere tausend Flüchtlinge auf den Weg von Ungarn über Österreich nach Bayern. Die Regierung von Oberbayern rechnete mit 5.000 bis 7.000 Menschen, die vorwiegend am Münchner Hauptbahnhof eintreffen, wie eine Sprecherin dem epd sagte. Das österreichische Innenministerium sprach sogar von bis zu 10.000 Menschen, die über das Wochenende weiterreisen wollten.
Am frühen Nachmittag waren in München mehrere Hundert Flüchtlinge angekommen. Im Verlaufe des Tages und der Nacht wurden weitere Flüchtlinge erwartet. Wann genau sie eintreffen würden, war unklar.
Bedford-Strohm: Flüchtlinge in Deutschland mit Menschlichkeit und Würde behandeln
Bedford-Strohm zeigte sich bewegt. Die Menschen, die hier ankämen, seien verzweifelt und hätten Schlimmes erlebt, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dennoch hätten sie in Deutschland die Hoffnung, mit Menschlichkeit und Würde behandelt zu werden. Diese Hoffnung müsse Deutschland nun erfüllen.
Kardinal Marx sagte, oberste Priorität müsse sein, dass niemand mehr an den Grenzen Europas ertrinke oder ersticke. "Das muss der Maßstab der Politik sein, dass wir alles dafür tun." Der Polizei, den Ehrenamtlichen und den Münchnern, die die Flüchtlinge am Bahnhof begrüßten, dankte er. Dass Menschen, die aus tiefster Not nach Deutschland kommen, so willkommen geheißen werden, "finde ich wunderbar", sagte Marx, der auch Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz ist.
Nach Angaben der oberbayerischen Regierung sollten die Flüchtlinge in Bayern und auf andere Bundesländer verteilen werden. 27 Busse stünden zur Verfügung, um die ankommenden Flüchtlinge in verschiedene Regierungsbezirke in Bayern zu bringen, sagte Regierungsrätin Simone Hilgers dem epd. Es gebe aber auch derzeit Gespräche auf Bundesebene, dass die Menschen nach dem Königssteiner Schlüssel entsprechend auf die Bundesländer verteilt werden. In Frankfurt (Hessen) etwa wurden am Abend 700 dieser Flüchtlinge erwartet, wie das hessische Sozialministerium mitteilte.
In München stünden derzeit mehrere Hallen zur Erstunterbringung bereit, sagte die Münchner Regierungsrätin Hilgers weiter. Zu der bereits bisher genutzten Erstunterkunft an einem Gymnasium habe man eine weitere Halle in Bahnhofsnähe bekommen, in der 1.200 Flüchtlinge untergebracht werden könnten, sowie Messe-Hallen zur Verfügung, die für rund 3.000 Menschen genutzt werden könnten.
Das Personal der Polizei am Münchner Bahnhof sei "erheblich aufgestockt" worden, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Erwartet wurden nach seinen Angaben "ein Dutzend internationale Züge sowie zwei Sonderzüge aus Österreich". Pro Zug könnten dann 300 bis 500 neue Flüchtlinge ankommen.
In Österreich waren am frühen Samstagmorgen von Ungarn bereits rund 4.000 Flüchtlinge eingetroffen, die auch weiter nach Deutschland gebracht werden sollen, sagte ein Sprecher des österreichischen Innenministeriums dem epd auf Anfrage. Man rechne aber "mit mindestens nochmals so vielen", von denen die meisten weiter nach Deutschland reisen wollten.
Ungarn hatte am Freitagabend entschieden, die tagelang am Bahnhof von Budapest festsitzenden Flüchtlinge mit Bussen an die österreichische Grenze zu bringen. Österreich und Deutschland hatten sich daraufhin bereiterklärt, die Flüchtlinge einreisen zu lassen. Bereits zu Beginn der Woche waren mehr als 3.000 Flüchtlinge am Münchner Bahnhof angekommen.