Bei der Flüchtlingstragödie im Osten Österreichs sind 71 Menschen gestorben. Wie der burgenländische Landespolizeidirektor Hans Peter Doskozil am Freitag in Eisenstadt sagte, befinden sich unter den Opfern auch drei acht- bis zehnjährige Jungen sowie ein ein- bis zweijähriges Mädchen. 59 der Opfer seien Männer, acht Frauen. Bei den Leichen hätten die Ermittler ein syrisches Reisedokument gefunden: "Wir gehen davon aus, dass es sich um syrische Flüchtlinge handelt." Zudem gab der Landespolizeidirektor bekannt, dass die mutmaßlichen Schleuser festgenommen wurden. Die Leichen waren am Donnerstag in einem abgestellten Lkw entdeckt worden.
Doskozil sagte, die Ermittler gingen davon aus, das es sich bei den Tätern und Hintermännern um Mitglieder eines bulgarisch-ungarischen Schlepperringes handle. Es habe in Ungarn insgesamt zwischenzeitlich sieben Festnahmen gegeben, drei Männer seien immer noch in Haft, sie gelten als dringend tatverdächtig. Einer der drei Männer sei ein "bulgarischer Staatsangehöriger libanesischer Herkunft", ihm soll der Lkw gehören. Bei zwei weiteren Festgenommenen handle es sich um einen Bulgaren und eine Person mit ungarischen Papieren. "Dabei handelt es sich mit ziemlicher Sicherheit um jene Personen, die das Fahrzeug gelenkt haben", sagte der Polizeisprecher.
Der abgestellte Kühl-Lkw mit ungarischem Kennzeichen war am Donnerstag von Straßenbau-Mitarbeitern in einer Pannenbucht unweit des Länderdreiecks Österreich-Slowakei-Ungarn entdeckt worden. Zunächst gingen die Mitarbeiter von einer Panne aus - aus dem Lkw strömte aber bereits Verwesungsgeruch. Die Menschen seien zum Zeitpunkt des Auffindens mindestens schon 24 Stunden tot gewesen. Die Ermittler könnten noch keine genauen Aussagen zur Todesursache machen, dies müsse die Obduktion der Leichen klären. Man gehe aber davon aus, dass die 71 Menschen in dem Lkw erstickt seien.
Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sagte am Freitag, "gestern war für uns alle ein Tag der Trauer, ein Tag der Emotionen". Es habe sich gezeigt, dass es sich bei Schleppern um Kriminelle handelt, "und nicht um einfache Fluchthelfer". Dieser Tag habe nicht nur betroffen gemacht, sondern solle ein "Auf- und Weckruf" sein, "hier rasch gemeinsam zu europäischen Lösungen zu kommen". Es sei nun wichtig, aus den Krisen- und Kriegsregionen der Welt "schnell legale Wege nach Europa zu schaffen", sagte Mikl-Leitner. Außerdem müsse man mit "Härte und Null Toleranz" gegen Schlepper kämpfen.
Bischof Bünker tief erschüttert
Die österreichische Innenministerin lobte die Einsatzkräfte für ihr rasches und entschiedenes Handeln, das in Kooperation mit den ausländischen Behörden innerhalb nur eines Tages bereits zu ersten Ergebnissen geführt habe. "Wenn sich Verdachtslage bestätigt, können wir von einem großen Erfolg sprechen", sagte Mikl-Leitner.
Österreichs evangelisch-lutherischer Bischof Michael Bünker zeigte sich am Freitag tief erschüttert über die Tragödie: "Mitten unter uns hat der grausame Tod diese Menschen getroffen." Nun zeige sich, dass das "Fehlen eines gemeinsamen Vorgehens" der EU tödliche Auswirkungen auf Menschen habe, die Schutz und Asyl suchen. Er forderte legale Zugänge zum Asylwesen und nach Europa. Nur so könne man das Schlepperwesen eindämmen. Schärfere Gesetze alleine brächten gar nichts, sagte er.