In dem Dokument des Netzwerks "KircheNordSüdUntenLinks" wird an die Kirchen appelliert, sich mit "schärfstem Protest" zur aktuellen Migrationspolitik zu äußern. In der öffentlichen Debatte seien die Kirchen als Anwälte der ausgegrenzten Flüchtlinge und als Bündnispartner für Solidaritätsbewegungen kaum wahrnehmbar, beklagt Matthias Hui, einer der Initiatoren der Migrationscharta.
Wenn biblische Theologie die prinzipielle Gleichheit der Menschen betone, sei das "Recht auf freie Niederlassung für alle" weltweit die Richtschnur für kirchliches Engagement, argumentiert Hui. Mit Blick auf die Wahlen in der Schweiz wird deshalb gefordert, die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei SVP zu isolieren. Am 18. Oktober wird in der Schweiz das Parlament neu gewählt.
"In der jüdisch-christlichen Tradition gibt es sogar so etwas wie eine Pflicht zur Migration, wenn Migration den Auszug aus unterdrückerischen Verhältnissen bedeutet"
Das Recht auf freie Niederlassung mit weltweiter Geltung ist der Charta zufolge die Bedingung dafür, dass Migration auch für die Kleinen und Bedrohten in Würde geschehen kann. "Migration darf nicht länger kriminalisiert und verächtlich gemacht werden. In der jüdisch-christlichen Tradition gibt es sogar so etwas wie eine Pflicht zur Migration, wenn Migration den Auszug aus unterdrückerischen Verhältnissen bedeutet." Migranten seien an ihrem Niederlassungsort verpflichtet, die vielfältige Identität der Menschen und Gemeinwesen zu respektieren. Das Recht auf freie Niederlassung für Zuwandernde sollte begleitet werden von wirksamen Schutzbestimmungen für ansässige Bevölkerungsgruppen, etwa beim Zugang zum Arbeitsmarkt, bei Löhnen und Arbeitsbedingungen oder beim Grundeigentum.
Kategorien wie wirtschaftliche Nützlichkeit, kulturelle Nähe, Herkunft, Klasse, Geschlecht, Religion, die derzeit über Aufnahme oder Ausschluss von Migranten entschieden, könnten aus biblisch-theologischer Sicht nicht übernommen werden. Vielmehr sei für das Migrationsrecht und das Zusammenleben mit Zuwanderern der Grundsatz der Gleichheit aller Menschen maßgeblich, wird in der Charta gefordert.