Europa stehe vor einer "Generationenaufgabe", doch die "bisherige Reaktion entspricht nicht dem Anspruch, den Europa an sich selbst haben muss", schrieben die beiden Politiker in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung".
Nötig sei eine faire Verteilung von Flüchtlingen. "Eine Lage, in der - wie heute - nur einige wenige Mitgliedstaaten die ganze Verantwortung tragen, ist genauso wenig tragbar wie ein System, das Lasten einseitig auf die Länder verteilt, die zufällig die Außengrenze der EU bilden." Vizekanzler Gabriel und Außenminister Steinmeier formulieren einen Zehn-Punkte-Plan für den Umgang mit der Flüchtlingskrise. So brauche es verbindliche und objektiv nachvollziehbare Kriterien für die Aufnahmequoten aller Mitgliedstaaten entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit.
Überall in der EU müssten menschenwürdige Zustände herrschen bei der Aufnahme von Flüchtlingen, forderten die SPD-Politiker. Hierfür seien EU-weite Standards nötig. Flüchtlingen, denen in einem Mitgliedsland Asyl gegeben wurde, müsse dieser Status in der gesamten EU garantiert werden. Menschen ohne Asylanspruch müssten hingegen in ihre Heimat zurückkehren. Dazu solle die Rückübernahme ein zentrales Anliegen in den Beziehungen zu den Herkunftsländern werden. Länder, die wie die Balkanstaaten in die EU strebten, könnten nicht gleichzeitig wie Verfolgerstaaten behandelt werden, schrieben Steinmeier und Gabriel.
Gabriel zu Flüchtlingskrise: EU in Urlaubsmodus
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat die Flüchtlingspolitik der EU scharf kritisiert. Es sei eine Blamage, dass die Vereinten Nationen auf einer griechischen Insel tätig werden müssten, sagte der Vizekanzler im ARD-"Sommerinterview" im "Bericht aus Berlin". Die UN seien dafür da, in Ländern wie dem Libanon oder Jordanien zu helfen. "Und Europa ist irgendwie im Tiefschlaf und kommt aus dem Urlaubsmodus nicht heraus." Es sei eine Schande, dass die Mehrzahl der EU-Mitgliedsstaaten sage, das gehe sie nichts an.
Grund dafür sei, dass es offensichtlich ein Missverständnis gebe, darüber was die EU ist. "Die ist keine Zugewinngemeinschaft, bei der man mitmacht, wenn man Geld kriegt", sagte der Bundeswirtschaftsminister. "Sondern die ist eine Wertegemeinschaft." Es werde dramatische Folgen für Europa haben, wenn der Eindruck entstehe, nur noch Schweden, Österreich und Deutschland nähmen in großer Zahl Flüchtlinge auf. Dann gerate die Errungenschaft offener Grenzen in Gefahr mit wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Folgen.
Natürlich könne Deutschland eine große Zahl von Flüchtlingen aufnehmen, betonte der SPD-Politiker. "Wir sind in der Lage, eine Flüchtlingsinfrastruktur aufzubauen." Auch Deutschland werde seine Flüchtlingspolitik dramatisch ändern müssen. "Aber wir können das natürlich nicht unendlich. Das, glaube ich, muss auch klar sein." Dabei müsse sichergestellt werden, dass die Kommunen sich auch noch um ihre anderen Aufgaben kümmern könnten. Zwar würden die Kommunen durch den Bund um eine Milliarde Euro entlastet. "Ich bin mir sicher, dass das deutlich steigen muss", sagte Gabriel. "Wir nähern uns eher drei Milliarden und mehr bei solchen Zahlen."