"Gerade, was die Leistungen an Asylbewerber angeht, gibt es ganz klare Vorgaben und Richtlinien, die das Verfassungsgericht gesetzt hat", sagte die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, am Dienstag im SWR. Zu den Geldzahlungen verpflichte das Grundgesetz, "und das müssen wir auf jeden Fall respektieren", sagte sie. Politiker der Union hatten gefordert, besonders an Asylbewerber vom Balkan wieder vorrangig Sachleistungen statt Bargeld auszugeben.
Bischof Markus Dröge sagte im Deutschlandfunk, die Debatte über Leistungen gehe an den Problemen vorbei. Er zweifelt zudem an der Wirksamkeit: Wenn man jetzt wieder auf Sachspenden umschwenke, sei das ein riesiger Verwaltungsaufwand, erklärte Dröge. "Ich glaube, das soll eine abschreckende Wirkung haben, aber ich glaube nicht, dass das funktioniert", sagte der evangelische Theologe.
Schwaetzer skeptisch gegenüber schenlleren Asylverfahren für Flüchtlinge aus den Balkan-Staaten
Präses Schwaetzer äußerte sich zudem skeptisch über eine Beschleunigung der Asylverfahren für Flüchtlinge aus den Balkan-Staaten. Durch schnellere Verfahren bestehe die Gefahr, dass etwas übersehen werde. Es gebe auch unter den Asylbewerbern vom Balkan Menschen, die unter Verfolgung litten. "Die Anerkennungsquote ist ja nicht Null. Die Anerkennungsquote ist niedrig", sagte Schwaetzer. Auch unter den Flüchtlingen vom Balkan gebe es Menschen, die wirklich unter Verfolgung litten. Schwaetzer verwies auf die Situation von Sinti und Roma. Diese Menschen dürften "nicht durch den Rost fallen".
Derweil sprach sich Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) für eine Überprüfung der Geldzahlungen an Asylbewerber aus, wie sie unter anderem Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gefordert hatten. "Gerade bei den Balkan-Flüchtlingen wird deutlich, welch große Rolle unsere Bargeld-Leistungen spielen", sagte Müller der "Passauer Neuen Presse" (Dienstagsausgabe).
Flüchtlinge aus Albanien, Montenegro und dem Kosovo, deren Zahl in Deutschland steigt, haben selten Aussicht auf einen positiven Asylbescheid. Sie gelten in der Regel nicht als politisch verfolgt. Durch Aufklärungsmaßnahmen versucht die Bundesregierung, sie von einer Reise nach Deutschland abzuhalten. An der Zahl der Flüchtlinge macht sich dies aber noch nicht bemerkbar.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will am Mittwoch eine neue Prognose der für dieses Jahr erwarteten Flüchtlingszahl vorstellen. Das "Handelsblatt" (Dienstagsausgabe) berichtete unter Berufung auf Regierungskreise, die Anzahl der Asylbewerber könnte in diesem Jahr auf bis zu 750.000 steigen. Das Bundesinnenministerium wollte den Bericht nicht kommentieren. Im Frühsommer prognostizierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 450.000 Flüchtlinge für 2015.
Göring-Eckardt fordert Entlastung für Länder und Kommunen
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, sagte, es sei gut, dass sich die Bundesregierung mit neuen Zahlen ehrlich mache. Das Innenministerium sei "viel zu lange von viel zu geringen Zahlen ausgegangen". Sie forderte eine "spürbare Entlastung" für Länder und Kommunen, die derzeit den größten Teil der Versorgung und Unterbringung tragen. Einer Abschreckung durch eine Kürzung von Leistungen erteilte sie aber eine Absage: "Wer glaubt, dass man die Zahlen dadurch senken könne, dass man Taschengeld kürzt oder einige weitere Staaten für sicher erklärt, hat immer noch nicht verstanden, warum Menschen fliehen", sagte sie in Berlin.