Angesichts der die hohen Zahl neu ankommender Flüchtlinge sind etliche Bundesländer dabei, ihre Asylbehörden personell zu verstärken. Von Neu-Einstellungen, über Umschichtungen von Mitarbeitern bis hin zur Reaktivierung von Ruheständler reichen die Maßnahmen, wie aus einer Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) hervorgeht. Mit Blick auf eine Überlastung des Bundesamts für Migration regte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann an, hier ebenfalls Pensionäre zu gewinnen.
"Diese Menschen sind von heute auf morgen einsatzfähig und könnten für ein paar Monate helfen, die Asylverfahren zu beschleunigen", sagte Oppermann der "Welt am Sonntag". Das Bundesamt für Migration habe zwar 2000 neue Stellen, aber Probleme, geeignete Mitarbeiter zu finden. Deshalb seien kreative Zwischenlösungen nötig.
In Nordrhein-Westfalen haben sich rund 300 Pensionäre und Verwaltungsmitarbeiter aus anderen Bereichen freiwillig gemeldet, um die Behörden bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu unterstützen. Sie könnten etwa bei der Registrierung oder bei der Organisation von Transfers helfen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums dem epd in Düsseldorf. Wann ihr Einsatz beginnt, sei noch nicht klar: "Wir überlegen zurzeit, wo der Mensch zur Arbeit und die Arbeit zum Menschen passt." NRW hatte vor allem Pensionäre, die vor kurzem aus dem Dienst ausgeschieden sind, angeschrieben. Für ihren Einsatz sollen sie bezahlt werden.
Bundesländer werben um mehr Mitarbeiter
Das Land Hessen hat das Personal seiner Erstaufnahmeeinrichtung bereits verstärkt. Auf einen Aufruf hin hätten sich 120 Männer und Frauen, vor allem Verwaltungsangestellte und Beamte, gemeldet, um bei der Ankunft von Flüchtlingen an verschiedenen Standorten zu helfen, sagte der Chef der Staatskanzlei, Axel Wintermeyer, dem epd. 80 seien bereits im Einsatz. Sie erledigten Aufgaben in der "Verwaltung, der Beschaffung und im IT-Bereich". Im Haushaltsplan 2016 seien 190 neue Stellen für die Erstaufnahmeeinrichtung vorgesehen, sagte Wintermeyer.
Ausschreibungen sind auch in Niedersachsen geplant. Derzeit befasse sich in Hannover eine eigens eingerichtete Arbeitsgruppe mit der Suche nach geeignetem Personal, teilte das Innenministerium auf Anfrage mit. Gesucht würden Verwaltungskräfte, Sozialarbeiter sowie medizinische Fachkräfte. Engpässe - besonders in den Aufnahmeeinrichtungen in Braunschweig, Bramsche und Friedland - würden teils auch mit Hilfe von Zeitarbeitsfirmen überbrückt. Vereinzelt seien auch Ruheständler in den Dienst zurückgekehrt.
Sachsen will seine Verwaltung ebenfalls verstärken: Zum 1. September sollen in der Zentrale Ausländerbehörde 50 neue Mitarbeiter eingestellt werden. Außerdem würden zehn Bedienstete aus anderen Ministerien in die Ausländerbehörde beordert, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums in Dresden. Auf freiwilliger Basis sollten noch 29 weitere Verwaltungsmitarbeiter versetzt werden.
Berlin will den Engpass in der Verwaltung durch verpflichtende Abordnungen von Mitarbeitern anderer Behörden lösen. Nach Angaben des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) sind von 200 zusätzlich bewilligten Stellen zur Bearbeitung von Asylangelegenheiten erst 100 besetzt worden. Nach dem Vorbild anderer Bundesländer sollen auch Pensionäre gefragt werden, ob sie in der Krise aushelfen.
In Rheinland-Pfalz meldeten sich nach Angaben der Landesregierung 270 Verwaltungsmitarbeiter freiwillig für einen Einsatz bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Bis zum Jahresende sollen sie teilweise auch in den Außenstellen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge aushelfen.
Personalnot wurde aus Thüringen signalisiert. Die Beschäftigten vor Ort seien "am Limit", hieß es im Landesverwaltungsamt in Weimar. Neben Erstaufnahmestellen in Suhl und Eisenberg sollten zwei weitere in Gera und Mühlhausen eingerichtet werden.
Aus Baden-Württembergs Innenministerium verlautete, angesichts der massiv ansteigenden Flüchtlingszahlen werde zusätzlich erforderliches Personal "kontinuierlich aufgestockt". Ein Sprecher des Landkreistages in Baden-Württemberg erklärte, eng werde es in den Städten und Gemeinden, in die die Flüchtlinge anschließend kämen. Voraussichtlich würden dort die Wohlfahrtsverbände, die für die soziale Betreuung sorgten, an personelle Grenzen kommen.
Die Kommunen müssten in aller Regel mit ihrem vorhandenen Personal auskommen, sagte der Geschäftsführende Direktor des Hessischen Städtetages, Stephan Gieseler, dem epd. Neueinstellungen seien ihnen aufgrund der angespannten Finanzlage kaum möglich, Ehrenamtliche aber für klassische städtische Dienstleistungen nicht ausgebildet.
Städte und Gemeinde in NRW suchen dringend mehr Helfer für die Aufnahme von Flüchtlingen, sagte der Sprecher des Düsseldorfer Innenministeriums. Nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes streben auch die nordrhein-westfälischen Kommunen an, Personal umzuschichten und Ruheständler zurückzugewinnen.