Angesichts der die hohen Zahl neu ankommender Flüchtlinge sind etliche Bundesländer dabei, ihre Asylbehörden personell zu verstärken. Von Neu-Einstellungen, über Umschichtungen von Mitarbeitern bis hin zur Reaktivierung von Ruheständler reichen die Maßnahmen, wie aus einer Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) hervorgeht. Die klammen Kommunen bleiben dagegen häufig auf die Hilfe von Ehrenamtlichen angewiesen.
Hunderte Pensionäre und Beamte helfen bei Flüchtlingsaufnahme in NRW
In Nordrhein-Westfalen meldeten sich rund 300 Pensionäre und Verwaltungsmitarbeiter aus anderen Bereichen freiwillig, um die Behörden bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu unterstützen. Sie könnten etwa bei der Registrierung von Neuankömmlingen oder Organisation von Transfers helfen, sagte der stellvertretende Sprecher des Innenministeriums, Oliver Moritz, dem epd in Düsseldorf. Wann ihr Einsatz beginnt, sei noch nicht klar: "Wir überlegen zurzeit, wo der Mensch zur Arbeit und die Arbeit zum Menschen passt."
Das NRW-Innenministerium hatte vor allem Pensionäre, die vor kurzem aus dem Dienst ausgeschieden sind, angeschrieben. Für ihren Einsatz sollen sie bezahlt werden. Daneben werden Interessierte aus anderen Ministerien gesucht, die zeitweise abgeordnet werden. Im Saarland werden laut Innenministerium 23 weitere Stellen in der Aufnahmebehörde benötigt, die schnellstmöglich besetzt werden sollen.
Das Land Hessen hat das Personal der Erstaufnahmeeinrichtung bereits verstärkt. Auf einen Aufruf hin hätten sich 120 Männer und Frauen, vor allem Verwaltungsangestellte und Beamte, gemeldet, um bei der Ankunft von Flüchtlingen an verschiedenen Standorten zu helfen, sagte der Chef der Staatskanzlei, Axel Wintermeyer, dem epd. 80 seien bereits im Einsatz. Sie erledigten Aufgaben in der "Verwaltung, der Beschaffung und im IT-Bereich". Im Haushaltsplan 2016 seien 190 neue Stellen für die Erstaufnahmeeinrichtung vorgesehen, sagte Wintermeyer.
Ausschreibungen sind auch in Niedersachsen geplant. Derzeit befasse sich in Hannover eine eigens eingerichtete Arbeitsgruppe mit der Suche nach geeignetem Personal, teilte das Innenministerium auf Anfrage mit. Gesucht würden Verwaltungskräfte, Sozialpädagogen, Sozialarbeiter sowie Ärzte und medizinische Fachkräfte. Engpässe - besonders in den Aufnahmeeinrichtungen in Braunschweig, Bramsche und Friedland - würden teils auch mit Hilfe von Zeitarbeitsfirmen überbrückt. Vereinzelt seien auch Ruheständler in den Dienst zurückgekehrt.
Sachsen will seine Verwaltung ebenfalls verstärken: Zum 1. September sollen in der Zentrale Ausländerbehörde 50 neue Mitarbeiter eingestellt werden. Außerdem würden zehn Bedienstete aus anderen Ministerien in die Ausländerbehörde beordert, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums in Dresden. Mittelfristig sollen noch 29 weitere Verwaltungsmitarbeiter versetzt werden, allerdings auf freiwilliger Basis.
Berlin will den Engpass in der Verwaltung durch verpflichtende Abordnungen von Mitarbeitern anderer Behörden lösen. Nach Angaben des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) sind von 200 zusätzlich bewilligten Stellen zur Bearbeitung von Asylangelegenheiten erst 100 besetzt worden. Nach dem Vorbild anderer Bundesländer sollen auch Pensionäre gefragt werden, ob sie in der Krise aushelfen.
Personalnot wurde auch aus Thüringen signalisiert. Die Beschäftigten vor Ort seien "am Limit", hieß es im Landesverwaltungsamt in Weimar. Neben Erstaufnahmestellen in Suhl und Eisenberg sollten zwei weitere in Gera und Mühlhausen eingerichtet werden.
Aus Baden-Württembergs Innenministerium hieß es, angesichts der massiv ansteigenden Flüchtlingszahlen werde zusätzlich erforderliches Personal "kontinuierlich aufgestockt". Ein Sprecher des Landkreistages in Baden-Württemberg erklärte, eng werde es in den Städten und Gemeinden, in die die Flüchtlinge anschließend kämen. Voraussichtlich würden dort die Wohlfahrtsverbände, die für die soziale Betreuung sorgten, an personelle Grenzen kommen.
Kommunen überlastet bei der Flüchtlingsbetreuung
Die Kommunen müssten in aller Regel mit ihrem vorhandenen Personal auskommen, sagte der Geschäftsführende Direktor des Hessischen Städtetages, Stephan Gieseler, dem epd. Neueinstellungen seien ihnen aufgrund der angespannten Finanzlage kaum möglich, Ehrenamtliche aber für klassische städtische Dienstleistungen nicht ausgebildet.
Ähnlich äußerte sich der Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt. Besonders bei der dezentralen Unterbringung der Flüchtlinge sei der Aufwand hoch, sagte Geschäftsführer Jürgen Leindecker in Magdeburg. Personell umbesetzt werden könne in kommunalen Verwaltungen kaum, weil sie bereits aus Geldmangel bereits an ihre Kapazitätsgrenzen gelangt seien. Auf Dauer sei die große Herausforderung kaum schaffen.
Auch im Westen sind viele Kommunen überlastet bei der Flüchtlingsbetreuung. Städte und Gemeinde in NRW suchen dringend mehr Helfer für die Aufnahme von Flüchtlingen, sagte der Sprecher des Düsseldorfer Innenministeriums. Nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes streben auch die nordrhein-westfälischen Kommunen an, Personal umzuschichten und Ruheständler zurückzugewinnen.
In Hamburg können Studentinnen und Studenten aus den Bereichen Pflege und Sozialpädagogik in den Semesterferien als Honorarkräfte in den Erstaufnahme-Einrichtungen mitarbeiten. Sie helfen bei Aufbau, bei der Essensausgabe und Freizeitangeboten für Kinder.