In seiner mit Spannung erwarteten Umwelt-Enzyklika geht Papst Franziskus mit scharfen Worten das kapitalistische Wirtschaftssystem an. Durch den "unverantwortlichen Gebrauch und Missbrauch" der Natur durch den Menschen habe es vor allem für die Armen in den Entwicklungsländern negative Folgen, schreibt Franziskus in dem Lehrschreiben, das am Donnerstag in Rom vorgestellt wurde. Ein weiteres Thema der Enzyklika ist die Forderung, allen Menschen den Zugang zu Trinkwasser zu ermöglichen.
Das knapp 220-seitige Rundschreiben ist die zweite Enzyklika des seit März 2013 amtierenden Franziskus und die erste, die ein Papst dem Thema Umwelt widmet. Sie trägt den Titel "Laudato si - Über die Sorge für das gemeinsame Haus". Das italienische Nachrichtenmagazin "L'Espresso" hatte bereits zu Wochenbeginn einen Entwurf des Schreibens veröffentlicht. Nach Angaben des Vatikans handelte es sich dabei jedoch nicht um die aktuelle Version.
Profitmaximierung als Verzerrung
In dem Dokument wirft der Papst der Politik vor, bei Umweltfragen versagt zu haben, indem sie sich Technologie und Finanzwelt untergeordnet habe. Das Prinzip der Profitmaximierung stelle eine "Verzerrung des Wirtschaftsbegriffs" dar. Er fordere daher "jeden Menschen, der auf diesem Planeten wohnt", zum Verzicht auf übermäßigen Konsum auf. "Die Erde scheint sich immer mehr in eine unermessliche Mülldeponie zu verwandeln", schreibt Franziskus. Ein Lebensstil im Zeichen der Mäßigung sei dagegen befreiend und bedeute "nicht weniger Leben, nicht geringere Intensität, sondern ganz das Gegenteil".
Heutige Generationen seien mit der Überzeugung aufgewachsen, sie seien "Eigentümer und Herrscher" über die Natur, die sie ausbeuten dürften, beklagt das Oberhaupt der katholischen Kirche. Durch das Verbrennen fossiler Energieträger hätten die Menschen in den modernen Industriegesellschaften den Klimawandel selbst verursacht, der nun die Bevölkerung von Entwicklungsländern zu Flüchtlingen mache.