Die Berliner Künstler- und Aktivistengruppe "Zentrum für politische Schönheit" hat am Dienstag eine im Mittelmeer ertrunkene Frau auf einem Berliner Friedhof bestattet. Ein Sarg mit den vermeintlichen Überresten der Frau wurde auf dem Muslimischen Friedhof Berlin-Gatow beerdigt. Die Syrerin, deren Namen die Gruppe nicht bekanntgeben wollte, sei mit ihrer zweijährigen Tochter auf dem Weg von Libyen nach Lampedusa ertrunken.
Für Sonntag kündigten die Aktivisten zudem an, vor dem Kanzleramt die Grundsteine für einen neuen Flüchtlings-Gedenkfriedhof zu legen. Mit beiden Aktionen wollen sie unter dem Motto "Die Toten kommen" gegen die europäische Flüchtlingspolitik protestieren. Der "Eskalationsbeaufragte" des "Zentrums für politische Schönheit", Stefan Pelzer, lud Bundespräsident Joachim Gauck mit Blick auf weitere geplante Aktionen "zur nächsten Bestattung" ein.
"An Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten"
Pelzer wehrte sich gegen Vorwürfe, bei dem Begräbnis handele es sich um eine Inszenierung. "Wer ernsthaft glaubt, dieses Ereignis sei nur eine Geschichte, ist an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten", sagte er. Er warf der Bundesregierung vor, die Flüchtlinge durch strenge Kontrollen an den europäischen Außengrenzen zur Überseefahrt zu zwingen.
Die muslimische Bestattung mit rund 200 Teilnehmern wurde von einem Imam geleitet. In seiner Grabrede sagte er: "Das ist das mindeste, was wir solchen Menschen anbieten können: sie anständig zu begraben." Unter den Trauergästen war auch die Intendantin des Berliner Maxim-Gorki-Theaters, Shermin Langhoff.
Nach Darstellung der Aktivisten ist das Boot der beiden Opfer auf offener See gekentert. Der Ehemann und drei Töchter der Frau hätten das Unglück überlebt. Sie befänden sich inzwischen in Deutschland und warteten auf Asyl, hieß es. Die Residenzpflicht von Asylbewerbern habe es der Familie nicht erlaubt, an der Beerdigung teilzunehmen.
Das "Zentrum für politische Schönheit" hatte bereits anlässlich der Gedenkfeiern zum 25. Jahrestag des Mauerfalls durch den Diebstahl sieben weißer Gedenkkreuze, die an die Mauertoten erinnern, bundesweit Aufsehen erregt. Auch damit wollte die Gruppe auf die Situation von Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen aufmerksam machen.