Irgendwo im Dreieck zwischen Schottland, Norwegen und Island liegen die Färöer, und wenn das Fußballteam der zu Dänemark gehörenden autonomen Inselgruppe nicht gelegentlich Gegner der deutschen Nationalmannschaft wäre, hätten die meisten Menschen hierzulande vermutlich noch nie von den "Schafsinseln" gehört. Entsprechend überschaubar ist auch der Tourismus; die Landschaft erinnert an Island, ist aber längst nicht so spektakulär. Kriminalität gibt es auf den Inseln kaum, Verbrechen werden trotzdem begangen, zumindest aus Sicht von Tierschutzorganisationen: Die Färinger pflegen auch heute noch ganz legal ihre andernorts längst verpönte Walfangtradition. Die entsprechenden Treibjagden auf Grindwale gelten als überaus grausam und sind daher höchst umstritten.
Nach vielen Jahren kehrt Journalistin Johanna (Odine Johne) in ihre einstige Heimat zurück, um ihr früheres Elternhaus zu verkaufen. Vor dreißig Jahren ist ihr Vater unter ungeklärten Umständen bei einer Explosion seines Boots gestorben, Mutter und Tochter haben die Insel daraufhin verlassen. Bei einem Spaziergang entdeckt sie am Fuß einer Klippe eine Leiche, aus deren Rücken ein Kurzspeer ragt, wie er bei der Waljagd verwendet wird. Der Tote gehört zu einer Tierschutzgruppe, die den Fischern ständig ins blutige Handwerk pfuscht.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Das tödliche Treiben ihrer Landsleute ist Johanna zwar zuwider, aber die Einheimischen verweisen auf die Tradition und bringen zudem ökologische Argumente vor: Die Vegetation auf den Inseln ist dürftig, praktisch alle Nahrungsmittel müssen eingeflogen werden. Der Walfang wird zudem nicht kommerziell betrieben, sondern dient allein dem Eigenbedarf. Eine dokumentarische Aufnahme aus der Ferne, als sich eine Bucht während einer massenhaften Abschlachtung komplett rot färbt, genügt allerdings, um den ohnmächtigen Zorn der Gruppe rund um den grimmigen Wortführer Harms (Henning Baum) zu teilen. Aber heiligt der Zweck jedes Mittel? Die Stimmung wird jedenfalls zunehmend aggressiver.
Bis zu diesem Punkt behandelt "Tod auf den Färöer-Inseln" eine wegen Thema und Schauplatz ohnehin schon ungewöhnliche Krimigeschichte, zumal sich rausstellt, dass der Tote keineswegs durch den Speer gestorben, sondern wohl erschlagen worden ist. Die Journalistin soll sich raushalten; längst nicht alle Einheimischen akzeptieren sie als eine der ihren. Bei Polizist Bjørn (Jan Krauter), mit dem sie in gemeinsamen Kindheitstagen befreundet war, scheinen die Ermittlungen auch in guten Händen zu sein; andererseits weckt der Fall natürlich ihre berufliche Neugier. Außerdem bringen Sommer und Dienger nun eine weitere Ebene ins Spiel. Seit ihrer Rückkehr wird Johanna von Albträumen heimgesucht, die sich schließlich als traumatisches Erlebnis entpuppen: Als Kind ist sie, wie ihr jedoch erst gegen Ende klar wird, Zeugin eines Mordes gewesen. Nun stößt sie auf ein finsteres Familiengeheimnis, das ihr komplett den Boden unter den Füßen wegzieht. Als sie entdeckt, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Tod ihres bis zur Unkenntlichkeit verbrannten Vaters und dem aktuellen Mordfall gibt, gerät sie prompt selbst in Lebensgefahr. Trotzdem lässt sie nicht locker, um rauszufinden, was damals wirklich passiert ist.
Die Inszenierung der erfahrenen Regisseurin Ute Wieland ist routiniert und solide, ohne besondere Akzente zu setzen; optisch lebt der Film vor allem von den Bildern der zwar hügeligen, aber baumlosen Landschaft (Kamera: Eeva Fleig), die bei aller Kargheit dennoch eine gewisse Faszination ausstrahlt. Die Unwirtlichkeit wird noch durch die tief hängenden Wolken betont. Wenn in Szenen wie jener, als Johanna auf einem Felsvorsprung kauert, nachdem sie in die Tiefe gestoßen wurde, auch noch Nebelschwaden wallen, wird die Atmosphäre endgültig mystisch. Ein Wermutstropfen ist jedoch wie in nahezu allen Auslandsproduktionen der ARD-Tochter Degeto die Synchronisation gerade der Nebenrollen. Für den irischen Schauspieler Patrick O’Kane gilt das zum Glück nicht: Fischer Brandur rückt mehr und mehr ins Zentrum der Handlung. Ausgerechnet mit dieser Schlüsselfigur des Films ist allerdings eine Ungereimtheit verknüpft, die den familiären Teil der Geschichte erheblich unglaubwürdig wirken lässt. Ob aus "Mordlichter" eine Reihe wird, wie der Titel nahelegt, entscheidet die ARD wie immer erst nach der Ausstrahlung.
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