Amnesty International hat die Politik zu einem stärkeren Engagement gegen Rassismus aufgerufen. Politiker müssten rassistischen Ressentiments mit einer eindeutigen Haltung zugunsten der Menschenrechte entgegentreten und dürften nicht "auf Kosten von Flüchtlingen und Migranten Stimmenfang" betreiben, erklärte die Menschenrechtsorganisation zum Abschluss der Jahresversammlung der deutschen Sektion am Montag in Dresden.
Amnesty-Generalsekretärin Selmin Caliskan betonte bei einer Aktion am Samstag, auch Rassismus bei der Polizei müsse entschiedener bekämpft werden. Dafür müssten regelmäßige Anti-Rassismus-Trainings eingeführt und eine unabhängige Beschwerde- und Beratungsstelle für Opfer des sogenannten "Racial Profiling" eingerichtet werden. "Racial Profiling" bedeutet, dass die Polizei bestimmte Personen insbesondere aufgrund ihrer Hautfarbe stärker kontrolliert. Bei der Aktion in Dresden bildeten rund 200 Menschen mit gelben Pappschildern den Slogan #NoRacism nach.
Amnesty begrüßte zugleich die Vorschläge der EU-Kommission für Länderquoten zur Aufnahme von Flüchtlingen und forderte sichere Zugangswege für Flüchtlinge nach Europa und eine europäische Seenotrettung im Mittelmeer. In der EU müssten erheblich mehr Aufnahmeplätze für Flüchtlinge geschaffen werden.
Keine militärischen Mitteln gegen Schleuser
Den Vorschlag, mit militärischen Mitteln gegen Schleuser und Fluchthelfer vorzugehen, lehnt Amnesty entschieden ab. Solche Maßnahmen seien völkerrechtswidrig und dienten dazu, Flüchtlingen den Weg in die EU zu verwehren.
Die Menschenrechtsorganisation forderte zudem den Schutz von Journalisten und Bloggern in Bangladesch, die wegen ihres Glaubens oder wegen Atheismus verfolgt und mit dem Tod bedroht werden. Auch der in Saudi-Arabien zu zehn Jahren Haft und 1.000 Stockschlägen verurteilte Blogger Raif Badawi müsse bedingungslos freigelassen werden.
Die Bundesregierung müsse sich in Gesprächen mit Vertretern von Politik und Wirtschaft für die Einhaltung der Menschenrechte in Saudi-Arabien einsetzen, betonte Generalsekretärin Caliskan. Insbesondere die Wirtschaft nehme ihre Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte nicht ausreichend wahr. Badawi wird in Saudi-Arabien vorgeworfen, in seinen Beiträgen den Islam beleidigt zu haben. An der Versammlung in Dresden nahm auch Badawis Ehefrau Ensaf Haidar teil.
Zur neuen Vorstandssprecherin von Amnesty International in Deutschland wurde die Mathematikerin Gabriele Stein aus Aachen gewählt, stellvertretende Sprecherin ist die Politologin Nadja Wenger aus Erlangen. An der dreitägigen Jahresversammlung in Dresden nahmen rund 400 Delegierte der rund 130.000 Mitglieder und Förderer zählenden deutschen Sektion der Menschenrechtsorganisation teil.