Eine Untersuchungskommission hat der Weltgesundheitsorganisation (WHO) grobe Fehler im Kampf gegen die tödliche Ebola-Epidemie in Westafrika vorgeworfen. Die WHO brauche tiefgreifende Reformen, um für kommende Epidemien besser gerüstet zu sein, heißt es in einem am Montag in Genf veröffentlichten Bericht.
Die sechs Gesundheitsexperten wurden von der WHO im Januar beauftragt, die Reaktion auf den schwersten Ebola-Ausbruch in der Geschichte zu untersuchen. Die Fachleute unter dem Vorsitz der Britin Barbara Stocking hielten fest, dass die WHO viel zu lange gezögert habe, energische Maßnahmen gegen die Epidemie zu ergreifen. Zwar habe die WHO bereits im April 2014 vor einem "beispiellosen Ausbruch" gewarnt, doch aus ihrem eigenen Alarm keine Konsequenzen gezogen. Erst im August 2014 hatte die WHO aufgrund der steigenden Opferzahlen einen internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen.
Zudem gehen die Fachleute mit der Medienstrategie der WHO hart ins Gericht: Irreführende Twitter-Nachrichten und Dokumente, die an die Öffentlichkeit gerieten, hätten ein uneinheitliches Bild vermittelt. Es sei immer noch unklar, warum die WHO-Medienstrategie unprofessionell gewesen sei.
Die Kommission empfahl eine Bündelung der Kräfte innerhalb der WHO, um in Zukunft schneller und durchgreifender auf Gesundheitskrisen zu reagieren. Noch habe die Organisation nicht die nötige robuste Struktur. Allerdings vermied es die Kommission, die WHO-Generaldirektorin Margaret Chan persönlich für Fehler verantwortlich zu machen.
Die Experten kritisierten auch die Behörden-Reaktionen in den Ebola-Schwerpunktländern Guinea, Liberia und Sierra Leone. Kaum jemand habe angemessen auf den Ebola-Ausbruch in Westafrika reagiert, hieß es.
Noch immer keine Heilmittel oder Impfstoffe
Die Weltgesundheitsorganisation hatte bereits im April Fehler und Pannen im Kampf gegen die Ebola eingeräumt. Generaldirektorin Chan versprach, Reformen einzuleiten. Sie räumte Mängel bei der Koordinierung mit anderen Organisationen ein. Zudem habe man die kulturellen und sozialen Besonderheiten in den Schwerpunktländern nicht immer richtig eingeschätzt.
Seit Dezember 2013 haben sich in Guinea, Sierra Leone und Liberia mehr als 26.700 Menschen mit dem Erreger infiziert, mehr als 11.000 starben. Liberia wurde inzwischen von der WHO für Ebola-frei erklärt. Bislang gibt es weder zugelassene Impfstoffe noch Heilmittel gegen Ebola.
Gesundheitsexperten und Hilfsorganisationen wie "Ärzte ohne Grenzen" üben seit mehr als einem Jahr heftige Kritik an der WHO-Reaktion auf die Ebola-Epidemie. Das Agieren der WHO während der Ebola-Epidemie soll auch auf der Weltgesundheitsversammlung debattiert werden, die am kommenden Montag beginnt.