Vor der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag in Berlin mehren sich aus den Ländern erneut Forderungen nach mehr Unterstützung bei der Versorgung von Flüchtlingen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) schlug die Übernahme der Kosten für die Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden durch den Bund vor. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) drang derweil auf eine schnellere Bearbeitung von Asylanträgen. Beide SPD-Politiker bekräftigten zudem ihre Einschätzung, dass die derzeitigen Prognosen über die zu erwartende Flüchtlingszahl in diesem Jahr nach oben korrigiert werden muss.
Die aktuellen Zahlen in Schleswig-Holstein oder Nordrhein-Westfalen ließen "eher 600.000 als die vom Bund behaupteten 300.000 Flüchtlinge erwarten", sagte Albig der in Bielefeld erscheinenden "Neuen Westfälischen" (Montagsausgabe). Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt mahnte im ARD-"Morgenmagazin" realistische Zahlen für die zu erwartenden Flüchtlinge an.
Asylanträge schneller bearbeiten
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erwartet laut aktueller Prognose in diesem Jahr 250.000 neue Flüchtlinge in Deutschland und zusätzlich 50.000 Folgeanträge von Asylbewerbern, die beispielsweise beim ersten Versuch abgelehnt wurden. Die Prognose wird einmal im Quartal aktualisiert. Das Bundesamt betont dabei regelmäßig, dass es schwierig ist, Entwicklungen von Krisen und damit einhergehende Fluchtbewegungen präzise vorauszusagen.
Bundesinnenministeriumssprecher Johannes Dimroth verteidigte die Behörde: Im vergangenen Jahr habe die Prognose des Bundesamts nahezu "punktgenau" die tatsächliche Flüchtlingszahl getroffen, sagte er in Berlin.
Am Donnerstag kommen in Berlin die Regierungschefs der Länder zusammen. Ein Schwerpunktthema wird die weiter hohe Flüchtlingszahl sein. Albig und Jäger erinnerten in diesem Zusammenhang an das Versprechen der Koalition, die Bearbeitung von Asylanträgen auf drei Monate zu begrenzen. Innenminister Jäger sagte im WDR-Hörfunk, hier tue sich nichts. Albig betonte, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stauten sich mittlerweile fast 190.000 Verfahren, was für Länder und Kommunen zu erheblichen Mehrkosten führe.
Mit der Gießkanne Geld verteilen hilft nicht
Die Grünen-Flüchtlingspolitikerin Luise Amtsberg forderte, beim Bundesamt jetzt bereits weiter Personal aufzubauen. Wegen der steigenden Flüchtlingszahlen hat das Bundesamt im vergangenen Jahr 650 zusätzliche Stellen bekommen. Nicht alle neuen Mitarbeiter sind aber schon eingestellt und eingearbeitet. Das Bundesamt hat nach eigenen Angaben die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bei Asylanträgen von 7,7 Monaten im Juli 2014 auf aktuell 5,5 reduziert.
Die Linkspartei forderte, der Bund müsse komplett für die Versorgung von Asylsuchenden aufkommen. Es helfe nichts, mit der Gießkanne Geld an die Länder zu verteilen, sagte die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke. Die jeweils versprochenen 500 Millionen Euro für dieses und das nächste Jahr reichten nicht. Die insgesamt eine Milliarde Euro hatte der Bund im vergangenen Jahr bei einem Flüchtlingsgipfel zugesagt. Die Kosten für Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen tragen in Deutschland im Wesentlichen die Länder und Kommunen.