Fünf Jahre nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche hat Bischof Stephan Ackermann die Fortsetzung der Aufarbeitung betont. "Wir können unter dieses Thema keinen Schlussstrich ziehen", sagte der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz am Montag in Trier. Es gehe nun darum, auszuwerten, sich weiter zu vernetzen und den Blick auf neue Gefahren zu richten, die sich etwa durch das Internet entwickelten. Unterdessen wurden aus dem Erzbistum Berlin weitere Verdachtsfälle gemeldet.
Die erste Phase der Aufklärungsarbeit habe aus Auswertung und Aufarbeitung bestanden, sagte Ackermann. Er verwies auf das Forschungsprojekt der Bischöfe zum Thema "Sexueller Missbrauch an Minderjährigen", das Ende 2017 abgeschlossen werden solle. Dabei gehe es unter anderem um die Entwicklung einheitlicher Kriterien zum Vergleich der Fälle sowie um Interviews mit Betroffenen und Tätern, erläuterte der Trierer Bischof. Auch Berichte aus anderen Ländern sollen demnach eine Rolle spielen. Ein erstes Projekt mit dem Hannoveraner Kriminologen Christian Pfeiffer war vor zwei Jahren überraschend auf Eis gelegt worden.
Weitere Verdachtsfälle im Erzbistum Berlin
Am 28. Januar 2010 wurde durch einen Zeitungsbericht der jahrzehntelange sexuelle Missbrauch an Schülern am Berliner Canisiuskolleg bekannt. Zuvor hatte der Rektor des Kollegs, Pater Klaus Mertes, mit einem Brief an rund 500 ehemalige Schüler zugegeben, dass es zwischen 1975 und 1983 mehrere Fälle sexuellen Missbrauchs an dem von Jesuiten geführten Gymnasium gegeben hatte. Der Fall brachte eine Welle weiterer Enthüllungen ins Rollen, verbunden mit einer bundesweiten Debatte über den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in katholischen und anderen Einrichtungen.
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Allein im Bistum Trier hätten sich bis Ende vergangenen Jahres 114 Betroffene gemeldet, die 37 verstorbene und 30 lebende Priester des Missbrauchs beschuldigt hätten, sagte Ackermann. 21 Verfahren seien abgeschlossen worden, neun noch offen, hieß es. 79 von 83 Anträgen auf finanzielle Entschädigung wurden den Angaben zufolge bewilligt. Die Opfer erhielten zusammen rund 400.000 Euro. Nach den Worten des Bischofs sind seit 2011 in seiner Diözese 2.276 Mitarbeiter geschult worden, um Missbrauch zu verhindern. Jede Einrichtung müsse ein eigenes Schutzkonzept entwerfen und zertifizieren lassen.
Im Erzbistum Berlin wurden bis Dezember 31 katholische Geistliche, Ordensangehörige und kirchliche Mitarbeiter des sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen und erwachsenen Schutzbefohlenen beschuldigt, wie aus einem am Montag in der Hauptstadt veröffentlichten Zwischenbericht hervorgeht. Die Vorwürfe reichten bis ins Jahr 1947 zurück, zahlreiche Beschuldigte seien bereits verstorben. Drei neue Vorwürfe stammen aus dem vergangenen Jahr. Bisher zahlte die Erzdiözese "in Anerkennung des Leids" 77.000 Euro an Missbrauchsopfer. 16 von 17 Anträgen seien bereits bewilligt. Für psychotherapeutische Leistungen wurden zudem 13.099 Euro erstattet.