"Selbst die aktuell hohe Zuwanderung kann das Problem nicht lösen. Deutschland braucht dauerhaft mehr Zuwanderung, um seinen Bevölkerungsumfang aufrechtzuerhalten."
Die sinkende Bevölkerungszahl sei noch zu verkraften. Für weit mehr Schwierigkeiten sorge dagegen, dass sich die Altersstruktur negativ verändere: "Hoffen wir, dass wir länger leben und auch länger gesund bleiben. Um längeres Arbeiten kommen wir dabei nicht herum", sagte Bomsdorf.
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Er stützt seine Prognosen auf eine aktuelle Untersuchung. Erstmals wurden darin Bevölkerungsvorausberechnungen bis 2060 vorgenommen. Sie basieren auf dem Zensus 2011 und der Bevölkerungsstruktur von Ende 2013.
Dem Experten zufolge wird sich die Einwohnerzahl Deutschlands bis 2035 vermutlich nicht stark verändern. Aber ihre Altersstruktur kippe bereits in den nächsten zwanzig Jahren: "Das liegt vor allem an der Babyboomer-Generation, die selbst nur wenige Kinder hat." Während die deutsche Bevölkerung von heute nahezu 81 Millionen Menschen bis 2035 nur um etwa 2 Millionen zurückgehe, schrumpfe die Bevölkerung im Alter von 20 bis 65 Jahren im selben Zeitraum um 8 Millionen auf 42 Millionen Personen.
Das mache sich insbesondere auf dem Arbeitsmarkt und bei der Rentenversicherung bemerkbar. "Aber auch bei der Pflege- und der Krankenversicherung werden die Auswirkungen nicht gering sein", warnte der Professor.
Nur wenn dauerhaft jährlich rund 340.000 Menschen mehr nach Deutschland zu- als abwanderten, könnte der Bevölkerungsumfang bis 2060 mit kleinen Schwankungen auf dem heutigen Niveau gehalten werden. "Das besagt aber keineswegs, dass die Altersstruktur verbessert wird. Dazu kommt es auf die Altersstruktur der Zuwanderer an." Für eine Zuwanderung in diesem Ausmaß sei eine gewaltige Integrationsleistung erforderlich. Diese Aufgabe "wird leider meistens unterschätzt".
Von einem Umsteuern in der Flüchtlingspolitik, die heute meist abschreckenden Charakter habe, riet Bomsdorf ausdrücklich ab: "Ich halte nichts davon, die Flüchtlingspolitik mit der Zuwanderungspolitik zu verknüpfen." Die Aufnahme vor allem von Kriegsflüchtlingen sei eine humanitäre Aufgabe, die nicht nach den Kriterien einer gezielten Einwanderung erfolgen dürfe. "Wenn sie den negativen Auswirkungen des demografischen Wandels entgegenwirkt, umso besser."