Jahn fordert von Ramelow glaubwürdige SED-Aufarbeitung

Jahn fordert von Ramelow glaubwürdige SED-Aufarbeitung
Nach der Wahl Bodo Ramelows zum bundesweit ersten linken Ministerpräsidenten hat der Stasi-Unterlagen-Beauftragte Roland Jahn den Thüringer Regierungschef aufgefordert, die Aufarbeitung der SED-Diktatur glaubwürdig voranzutreiben.

"Viele Opfer der SED-Diktatur fühlen sich von einem Ministerpräsidenten der Linken verletzt", sagte Jahn der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Samstagausgabe). "Für sie ist die Aufarbeitung des SED-Unrechts durch die Linkspartei unzureichend. Es ist an der Linken zu beweisen, wie glaubwürdig sie Aufklärung und Aufarbeitung betreibt", betonte der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen.

In einem Gastbeitrag in der "Bild"-Zeitung (Samstagsausgabe) betonte Jahn zudem, Aufarbeitung sei "mehr als beschriebenes Papier". "Es geht um Menschen, denen durch den SED-Staat Unrecht geschehen ist. Deren Verletzungen oft bis heute schmerzen. Lippenbekenntnisse heilen keine Wunden", betonte Jahn. Ramelow hatte nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten am Freitag die Opfer des SED-Regimes um Entschuldigung gebeten.

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Thüringens neuer Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sieht die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit als wichtige Aufgabe der neuen rot-rot-grünen Regierung in dem ostdeutschen Bundesland. "Einen Schlussstrich unter die Vergangenheit kann und wird es nicht geben", sagte der frühere Aufbau-Ost-Bundesminister der in Dresden erscheinenden "Sächsischen Zeitung" (Samstagsausgabe). Dafür stehe er auch mit seiner eigenen Biografie. Tiefensee hatte den Wehrdienst in der DDR verweigert und war über die Bürgerbewegung im Herbst 1989 zur Politik gekommen. "Ich fühle mit denen, die unter den Repressionen von SED und Stasi gelitten haben", sagte er der Zeitung weiter.

Sein Anliegen sei es aber, "Menschen eine Chance zu geben, über ihre Vergangenheit neu nachzudenken." Er hoffe, dass die Vergangenheitsbewältigung der Linken in Bezug auf die Vorläuferpartei SED und die Stasi nicht auf Thüringen begrenzt bleibe, betonte Tiefensee.

Der Theologe und frühere DDR-Bürgerrechtler Richard Schröder reagierte auf die Wahl von Bodo Ramelow zum ersten linken Ministerpräsidenten Deutschlands gelassen. "Ich glaube nicht, dass Deutschland daran untergeht," sagte Schröder am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Er verwies auf die demokratische Legitimation der rot-rot-grünen Koalition in Thüringen und den Unterschied zwischen landespolitischer Ebene und Bundespolitik. Bestimmte fundamentalistische Positionen im Programm der Linkspartei, wie der Austritt aus der Nato oder die Bankenverstaatlichung hält Schröder zwar "für gefährlich". Diese seien auf landespolitischer Ebene aber nicht durchsetzbar.