In der evangelischen Kirche stößt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Sonntagsarbeit auf Zustimmung. Der Leipziger Richterspruch habe den Sonn- und Feiertagsschutz gestärkt, sagte der Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hans Ulrich Anke, am Donnerstag in Hannover. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau wertete die Entscheidung als Teilerfolg.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte am Mittwochabend der Sonntagsarbeit Grenzen gesetzt. So dürfen an Sonn- und Feiertagen zunächst in Hessen keine Videotheken und öffentlichen Bibliotheken mehr öffnen, zudem wurde Call-Centern sowie Lotto- und Toto-Gesellschaften der Betrieb an den geschützten Ruhetagen untersagt. Die Arbeit in diesen Branchen sei am Sonn- und Feiertag nicht nötig, um die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen,
urteilten die Leipziger Richter.
Das Urteil gilt zunächst für Hessen, dürfte aber weitreichende politische Folgen haben. Die Ausnahmen hatte die hessische Landesregierung in einer sogenannten Bedarfsgewerbeverordnung festgehalten, die mit dem Leipziger Urteil in Teilen für unwirksam erklärt wird. Ähnliche Verordnungen gibt es auch in den meisten anderen Bundesländern.
"Für Christen ist jeder Sonntag und kirchliche Feiertag ein hohes religiöses Fest", sagte Kirchenamtspräsident Anke. Der Schutz der Sonn- und Feiertage reiche über den Schutz des Religiösen hinaus. Der im Grundgesetz verankerte Sonntagsschutz mache es erforderlich, den Umfang von Arbeit am Sonntag in Grenzen zu halten. Möglichst wenige Arbeitnehmer sollten am Sonntag arbeiten müssen. Bloßes Wirtschafts- und Wettbewerbsinteresse habe dahinter zurückzustehen. Dieser Maßstab müsse für die rechtlichen Regelungen des Bundes und der Länder zum Sonntagsschutz gelten, folgerte Anke.
Für die hessen-nassauische Kirche sagte die Stellvertreterin des Kirchenpräsidenten, Ulrike Scherf, das Urteil sei hilfreich für die weitere Diskussion über die Zukunft der Sonn- und Feiertage. Denn diese Tage seien dazu da, "sich zu erholen, zu besinnen und gemeinsame Zeit zu verbringen". Sie seien wichtig für den Zusammenhalt einer Gesellschaft. Auch die an dem Verfahren beteiligten südhessischen evangelischen Dekanate begrüßten die Entscheidung.
"Es ist ein guter Tag für den Sonntagsschutz", sagte Michael Vollmer, Präses des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald, "insbesondere, weil das Gericht die hessischen Regelungen für die Sonntagsarbeit in Call-Centern glatt für unwirksam erklärt hat". Davon wären viele Menschen betroffen gewesen, und die schwammigen Formulierungen hätten Tür und Tor für Sonntagsarbeit in weiten Teilen des Dienstleistungsgewerbes öffnen können. Nach Auffassung der stellvertretenden Dekanin des Dekanats Darmstadt-Stadt, Barbara Themel-Reith "wertet das Urteil den Sonntagsschutz wieder auf, nachdem dieser durch die Bedarfsgewerbeverordnung in Hessen empfindlich eingeschränkt werden sollte".