"Der erste Schritt war der Mut, Angst und Abhängigkeit zu erkennen und zu überwinden", sagte die aus Ost-Berlin stammende Theologin in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zugleich beklagte sie, das Freiheitsversprechen vom Herbst 1989 sei in den vergangenen 25 Jahren abhanden gekommen.
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"Für viele im Osten klingt der Freiheitsbegriff heute wie ein Hohn", sagte Ueberschär. Freiheit sei als das Versprechen der friedlichen Revolution der Gegenentwurf zu einer unfreien Gesellschaft gewesen, "wie wir sie in der DDR erlebten, und zugleich die Antithese zur Bevormundung". Aber dieses Verständnis sei den Menschen in den Kerngebieten der Reformation weithin abhanden gekommen. Es sei "tief vergraben unter dem volkstümlichen Missverständnis, Freiheit bedeute immer nur, frei zu sein von irgendetwas".
Zum christlichen Freiheitsbegriff gehöre aber immer auch die Übernahme von Verantwortung für andere Menschen und für das Gemeinwohl, betonte Ueberschär. Auf dieser Grundlage hätten Christen verschiedener Konfessionen zur Überwindung der kommunistischen Diktaturen einen maßgeblich beigetragen. "Ihr christliches Verständnis von Freiheit und Gerechtigkeit setzte die Kräfte frei, mit denen sie den Freiheitsbedrohungen und -beraubungen der Diktaturen entgegentraten."
In einer demokratischen Gesellschaft gehöre zu diesem Freiheitsverständnis, Mut aufzubringen gegen "Einflüsterer", die einen "gottfreien Individualismus der permanenten Selbstverwirklichung" predigten und zur Verantwortung gegenüber Anderen "kein Wort" verlieren würden, fügte die promovierte Theologin hinzu. "Mut zur Freiheit und Mut zu Verantwortung - so könnte eine heutige Kurzformel reformatorischen Selbstverständnisses lauten."