Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, verlangt nach den mutmaßlichen Misshandlungen in deutschen Flüchtlingsheimen eine Bestrafung der Täter. Er habe volles Vertrauen in die deutschen Behörden, dass sie die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, sagte Guterres am Freitag in Genf. In ihrer Rede zum Tag der Deutschen Einheit sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Hannover von "abstoßenden Angriffen". Die Taten müssten konsequent bestraft werden.
Wie in der vergangenen Woche öffentlich wurde, sollen Sicherheitskräfte in nordrhein-westfälischen Flüchtlingsheimen in Essen, Burbach und Bad Berleburg Asylbewerber gequält und verletzt haben. Mittlerweile wird gegen elf Mitarbeiter von privaten Sicherheitsfirmen ermittelt. Zudem berichtete am Donnerstagabend das NDR-Fernsehen, dass in einer Hamburger Erstaufnahmestelle Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes gewalttätig gegen mehrere Flüchtlinge vorgegangen sein sollen.
Die Flüchtlinge berichteten, wie sie in der Aufnahmestelle Schnackenburgallee in Bahrenfeld von zwei Männern des Sicherheitsdienstes geschlagen, auf den Boden geworfen und getreten worden seien. Die Polizei gab an, aufgrund der Hinweise zu ermitteln. Die Überprüfungen seien aber noch nicht abgeschlossen.
51 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht
Guterres erklärte, einzelne Vorkommnisse könnten die deutsche Asyl- und Flüchtlingspolitik nicht in ein schlechtes Licht rücken. Deutschland zeige eine enorm große Solidarität mit den Verfolgten. So habe die Bundesrepublik im vergangenen Jahr weltweit die meisten Asylanträge entgegengenommen. Laut Flüchtlingshilfswerk UNHCR, das Guterres leitet, gingen 2013 in Deutschland rund 110.000 Anträge auf Asyl ein. Guterres betonte zudem, dass Deutschland mehr syrische Flüchtlinge aufgenommen habe als andere reiche Länder.
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Weltweit sind laut UNHCR mehr als 51 Millionen Menschen auf der Flucht vor Konflikten, Gewalt und Unterdrückung. Das ist die höchste Zahl seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) räumte angesichts der Vorfälle in seinem Bundesland Versäumnisse ein. Über die Debatten um die Flüchtlingszahlen habe man die Einhaltung von Standards bei der Unterbringung von Asylbewerbern aus den Augen verloren, sagte Jäger am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde im Düsseldorfer Landtag. Das Land sei dem hohen Anspruch einer Willkommensgesellschaft nicht gerecht geworden.
CDU-Chef Armin Laschet warf Jäger vor, er habe in den Asylunterkünften des Landes einen rechtsfreien Raum geduldet. Die Vorfälle seien "eine Schande für unser Land". Laschet kritisierte zudem, der Minister habe Warnungen aus mehreren Kommunen nicht ernst genommen. Als Oppositionsabgeordneter sei Jäger stets der erste gewesen, der damalige Landesminister in anderen Fällen zum Rücktritt aufgefordert habe. "Wenn der Rücktrittsmaßstab 'Jäger' aber gelten würde, säße Herr Jäger nicht mehr im Landeskabinett", sagte Laschet.
Jäger lehnte einen Rücktritt ab. "Es geht doch nicht um mich persönlich, es geht um viele Flüchtlinge, die nach Nordrhein-Westfalen kommen und denen wir eine sichere Unterkunft bieten müssen", sagte der Minister dem WDR-Fernsehen. Er sei sich sicher, dass Nordrhein-Westfalen in einigen Wochen die Lage besser im Griff habe.