Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat nach mutmaßlichen Gewaltakten in drei Flüchtlingsheimen eine schärfere Kontrolle von Sicherheitsdiensten angekündigt. "Wir dulden keine Gewalt gegen Asylbewerber", sagte Jäger am Dienstag in Düsseldorf. In Zukunft sollten unter anderem das Sicherheitspersonal in Asylunterkünften genauer überprüft und der Einsatz von Subunternehmern begrenzt werden.
Die am Sonntag bekanntgewordenen Videoaufnahmen über die Misshandlung von Flüchtlingen in Bad Berleburg, Burbach und Essen hatten bundesweit für Bestürzung gesorgt. Mitarbeiter von privaten Sicherheitsfirmen haben danach in mehreren Fällen Flüchtlinge gequält oder verletzt. Die Heime in Essen und Burbach werden vom Essener Unternehmen European Homecare betrieben, das mit einer privaten Sicherheitsfirma zusammenarbeitet hatte. Die Wachleute waren aber bei einem weiteren Subunternehmern angestellt.
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD), äußerte sich schockiert. Ihm sei "unverständlich, was in diesen Menschen vorgeht", sagte er der "Neuen Ruhr/Neuen Rheinzeitung" (Dienstagsausgabe). Er warnte davor, die jüngsten Übergriffe voreilig als Einzelfälle einzustufen.
Bundesinnenminister mahnt schnellere Bearbeitung der Asylverfahren an
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) forderte in der Wochenzeitung "Die Zeit" (Online), die "menschenverachtenden Taten" rasch aufzuklären. Sollte sich bestätigen, dass Flüchtlinge misshandelt wurden, müssten die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
De Maizière mahnte zugleich eine schnellere Bearbeitung der Asylverfahren im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge an, um der Flüchtlingsströme Herr zu werden. Dazu brauche die Behörde mehr Personal, sagte er bei einem Besuch in München. Bis Ende des Jahres sollen beim Bundesamt etwa 300 Stellen besetzt werden; im kommenden Jahr soll weiteres Personal dazukommen. Zahlen für 2015 nannte de Maizière aber nicht.
Von den Flüchtlingen forderte de Maizière mehr Bereitschaft, an Asylverfahren mitzuwirken. "Oft lernen Asylbewerber aus den Balkanstaaten drei arabische Sätze und behaupten, sie kämen aus Syrien." Einem vernünftigen Asylverfahren und einer Integration von Flüchtlingen sei dies "nicht gerade förderlich". Der Bundesminister wollte sich am Dienstag über die Flüchtlingssituation in Bayern informieren und eine Erstaufnahmeeinrichtung in München besuchen, die seit Monaten überbelegt ist.
Nordrhein-Westfalen verschärft Sicherheitsstandards für Flüchtlingsheime
In Nordrhein-Westfalen übernahm das Landeskriminalamt die zentrale Ermittlungsführung. "Auftrag ist es, alle Unterbringungseinrichtungen des Landes auf gleich gelagerte Sachverhalte zu überprüfen", sagte NRW-Innenminister Jäger. Nach seinen Worten wird in Burbach aktuell gegen sechs Beschuldigte ermittelt, in Bad Berleburg gegen zwei und in Essen gegen drei Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten. Bislang gebe es keine Hinweise auf einen rechtsextremistischen Hintergrund.
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Zukünftig sollen in den Flüchtlingsheimen des Landes nur noch Wachleute arbeiten, die einer freiwilligen Sicherheitsüberprüfung durch Polizei und Verfassungsschutz zustimmen. Zudem müssen in Zukunft die vom Betreiber von Flüchtlingsheimen beauftragten Sicherheitsfirmen das Personal unmittelbar stellen und dürfen keine weiteren Subunternehmer beauftragen.
Der in Siegen erscheinende "Siegerlandkurier" (Mittwochsausgabe) veröffentlichte ein Interview mit einem anonymen Mann, der nach Angaben des Blatts als Wachmann in Burbach an den Misshandlungen beteiligt war. Der Ralf S. genannte Mann sprach von einem "rechtsfreien Raum" in der Asylunterkunft in der ehemaligen Siegerlandkaserne. Übergriffe gegen Flüchtlinge hätten ständig stattgefunden.
Als Gründe nannte der Mann Überforderung und zu wenig Personal. Bei einigen Kollegen gebe es zudem einen "deutlich erkennbaren rechten Hintergrund". Wie die Zeitung berichtet, war Ralf S. an dem Video beteiligt, in dem ein Flüchtling gezwungen wird, sich auf eine Matratze mit Erbrochenem zu legen.
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, nannte die mutmaßlichen Misshandlungen in drei Asylunterkünften die "Spitze des Eisbergs". In allen Bundesländern müsse jetzt genau geschaut werden, wer in Flüchtlingsheimen beschäftigt werde, sagte er der "Saarbrücker Zeitung" (Dienstagsausgabe).
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte einen "nationalen Flüchtlingsgipfel". "Alle Beteiligten, Bund, Länder, Kommunen und Flüchtlingsorganisationen müssen an einen Tisch", sagte Göring-Eckardt der "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe).