Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wendet sich gegen eine Legalisierung von Inzest, wie sie eine Mehrheit des Deutschen Ethikrates empfiehlt. Das Tabu, das gegenüber sexuellen Kontakten zwischen Eltern und Kindern sowie zwischen Geschwistern gilt, könne Familienmitglieder vor einer «Rollendiffusion» bewahren, die die Kommunikation in einer Familie erheblich stören würde, sagte Vizepräsident Friedrich Hauschildt vom EKD-Kirchenamt.
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Die EKD unterstütze die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts von 2008, dass eine Änderung des Gesetzes nicht vorgenommen werden solle, ergänzte der Theologe. Hauschildt leitet im Kirchenamt die Hauptabteilung Öffentliche Verantwortung.
Auch die katholischen Bischöfe widersprechen der Empfehlung. Eine Änderung oder Aufhebung des entsprechenden Strafrechtsparagrafen wäre ein «irritierendes rechtspolitisches Signal und eine gesellschaftliche Tabuverletzung», erklärte die Deutsche Bischofskonferenz am Freitag in Fulda. Die rechtlichen Regelungen zum Inzestverbot seien unverzichtbar für den Schutz der Integrität der Familie sowie ein notwendiges Signal gegen missbräuchliche Marginalisierung familialer Beziehungen.
Innenminister ist "fassungslos"
Heftiger Widerspruch kam auch von den Innenministern aus Bayern und Hessen. Joachim Herrmann (CSU) sagte der «Bild»-Zeitung, der Ethikrat offenbare «ein völlig falsches Verständnis von Liberalismus». Kinder hätten das Recht "in einer Familie aufzuwachsen, die frei von inzestösen Handungen ist». Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) sagte der Zeitung, er sei «fassungslos» über das Votum. Es sei «absurd», dass sich der Ethikrat angesichts aktuell drängender Themen mit dem Geschwister-Inzest beschäftige.
Der Ethikrat hatte in einem am Mittwoch vorgestellten Positionspapier mit knapper Mehrheit empfohlen, einvernehmlichen Beischlaf unter erwachsenen Geschwistern künftig nicht mehr unter Strafe zu stellen. Anlass war eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte von 2012, der die Beschwerde eines in Deutschland wegen Inzests verurteilten Mannes gegen das Bundesverfassungsgericht zurückwies.