Für Polizei und Militär in Nigeria gehört Folter nach Recherchen von Amnesty International zur Routine. Auf vielen Polizeiwachen gebe es Folterkammern, heißt es in einem am Donnerstag in Abuja vorgestellten Bericht der Menschenrechtsorganisation. Das Ziehen von Nägeln und Zähnen sei ebenso gängige Praxis wie Würgen, Elektroschocks und sexualisierte Gewalt. Selbst Kinder werden den Informationen zufolge Opfer der Sicherheitskräfte, die Folter als Bestrafung, zur Erpressung oder zur Vereinfachung ihrer Arbeit nutzten.
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Für den Bericht wurden über zehn Jahre hinweg Zeugenaussagen und Beweise gesammelt. Mit dem Kampf gegen die Terrororganisation Boko Haram sei das Ausmaß der Folterungen angestiegen, heißt es. "Soldaten verhaften Hunderte Menschen auf der Suche nach Boko-Haram-Mitgliedern und -Unterstützern", erklärte dazu die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Selmin Caliskan. "Diese Verdächtigen werden dann einem 'Screening' unterzogen, das einem Hexenprozess aus dem Mittelalter gleicht."
Caliskan kritisierte, dass in keinem der Hunderten von Fällen, die Amnesty dokumentierte, ein Täter bestraft worden sei. Gegen die meisten sei nicht einmal ermittelt worden. Caliskan forderte von Nigerias Regierung, Folter endlich zur Straftat zu erklären. Fünf hochrangigen politischen Arbeitsgruppen, die in den vergangenen zehn Jahren in Nigeria eingesetzt wurden, hätten dies nicht erreichen können. Die Bundesregierung rief Caliskan auf, klare Signale nach Nigeria zu senden, dass Folter nicht hinnehmbar sei. "In der Sicherheitszusammenarbeit darf Deutschland sich nicht zum Komplizen von Folterern machen", hieß es.