"Es ist nicht einzusehen, dass man Vermögenserträge geringer besteuert als Arbeitseinkommen", sagte Striegler am Mittwoch in Darmstadt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Steuer vertiefe die Kluft zwischen Arm und Reich. Die Gründe für ihre Erhebung seien inzwischen entfallen.
###mehr-artikel###
Mit der Kapitalertragsteuer werden Einnahmen aus Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinnen seit 2009 pauschal mit 25 Prozent belastet. Die Kirchen hätten die Steuer nicht gewollt, betonte Striegler. Sie sei ein staatliches Anliegen gewesen, um Kapitalflucht ins Ausland zu verhindern. Diese habe der Staat auf Dauer weder moralisch noch juristisch hinnehmen können. Die Kirchen seien dennoch damals gut beraten gewesen, sich dem Verfahren anzuschließen, sagte der Finanzchef im Rückblick: "Andernfalls hätte es geheißen: Die Kirche verzichtet auf die Erträge der besonders Vermögenden."
Mit der Kapitalertragsteuer werde allerdings "zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik das Leistungsfähigkeitsprinzip durchbrochen, indem man eine bestimmte Einkommensart günstiger besteuert", kritisierte Striegler. Mittlerweile habe Deutschland mit Nachbarländern Abkommen geschlossen, um Kapitalflucht zu unterbinden. Darum solle der Staat die Einkünfte aus Kapitalvermögen wieder in die Einkommenssteuer integrieren, wo sie dem individuellen Steuersatz unterworfen wären. Dieser Satz liegt meist höher als 25 Prozent. "Es wird Zeit, die Gerechtigkeitslücke im deutschen Steuerrecht wieder zu schließen", forderte Striegler.
Nach Strieglers Worten war es kein Fehler, dass die Kirchen auf die automatische Abführung der Kirchensteuer auf Kapitalerträge drängten, die im nächsten Jahr wirksam wird. Die Ankündigungen der Banken zur Umstellung hatten in den vergangenen Monaten für Irritationen und zu einer steigenden Zahl von Kirchenaustritten geführt. Bisher war die Kirchensteuer auf Kapitalerträge im Rahmen der Einkommensteuererklärung fällig. Ab Januar 2015 wird sie direkt durch die Banken abgezogen. Der Freibetrag liegt bei jährlich 801 Euro für Ledige und 1.602 Euro für Verheiratete.