Der belgische König Philippe legte in Lüttich einen Kranz nieder und dankte den damaligen Alliierten für die Unterstützung des "tapferen kleinen Belgien". Der Erhalt des Friedens bleibe eine große Herausforderung. Bundespräsident Joachim Gauck erinnerte bei der Zeremonie sowie bei einer weiteren Feier in Löwen an die deutsche Mitschuld beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
Am 4. August 1914 war die Reichswehr völkerrechtswidrig in Belgien einmarschiert. Damit begann der Krieg in Westeuropa. Der deutsche Überfall sei durch nichts zu rechtfertigen gewesen, sagte Gauck in Lüttich. Außerhalb des Reiches sei man entsetzt über das Vorgehen der deutschen Truppen gegen Zivilisten und das kulturelle Erbe gewesen. "Es waren bittere, schreckliche Lektionen, die uns die beiden großen Kriege bereitet haben", sagte der Bundespräsident.
"Heute sind wir Freunde und Verbündete"
Gauck erinnerte daran, dass Deutschland 1940 abermals Belgien überfallen hat. Er dankte den Belgiern, dass sie "nach all dem Leid und all dem Elend schon sehr bald nach dem Zweiten Weltkrieg die Hand zur Versöhnung ausgestreckt haben". Heute gelte in Europa statt des Rechts des Stärkeren die Stärke des Rechts, betonte das Staatsoberhaupt. Daher dürften die Nationen nicht gleichgültig bleiben, wenn Menschenrechte missachtet sowie Gewalt angedroht oder ausgeübt werde, sagte Gauck mit Blick auf die Konflikte in der Ukraine und im Gazastreifen.
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Frankreichs Staatspräsident François Hollande rief ebenfalls zum Engagement für Menschenrechte und Frieden auf: "Wir können nicht neutral bleiben." Er verwies darauf, dass allein in Belgien im Ersten Weltkrieg 210.000 französische Soldaten gefallen seien. Die europäische Einigung nach 1945 sei zunächst eine "verrückte Idee" gewesen, "aber Krieg war noch verrückter". Auch Prinz William als britischer Vertreter lobte den europäischen Weg zum Frieden: "Heute sind wir Freunde und Verbündete", sagte der Enkel von Königin Elisabeth II.
Die Zeremonie fand am alliierten Mahnmal in Lüttich statt. Die Festungsstadt an der Maas hatte 1914 über Wochen Widerstand geleistet, als deutsche Truppen schon weit in den Westen Belgiens vorgedrungen waren. Das hoch aufragende Monument aus weißem Stein war 1937 eröffnet worden.
Lichter aus in der Westminster Abbey
Im flämischen Löwen gedachte Bundespräsident Gauck am Nachmittag der Vernichtung der Stadt durch deutsche Truppen. Auch hier verwies er auf das "große Unrecht", das der deutsche Überfall mit sich gebracht habe. Löwen war Ende August 1914 weitgehend zerstört worden. Mindestens 200 Zivilisten starben. Die Soldaten zündeten auch die historische Universitätsbibliothek an. Unwiederbringliche Bücher und Handschriften verbrannten. Nach dem Weltkrieg erhielt Löwen Bestände aus deutschen Bibliotheken und Archiven.
In der Londoner Westminister Abbey war am späten Abend ein Mahngottesdienst vorgesehen. Dabei sollte die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland, Petra Bosse-Huber, ein Gebet sprechen. Geplant war, die Kirche während Feier vollständig in Dunkelheit zu hüllen. Dies sollte an die Worte des damaligen britischen Außenministers Sir Edward Grey erinnern, der 1914 gesagt hatte: "In Europa gehen die Lichter aus." Am 4. August 1914 hatte Großbritannien dem Deutschen Reich den Krieg erklärt.