Daten-Fund in bin Ladens Haus lässt die Araber kalt

Daten-Fund in bin Ladens Haus lässt die Araber kalt
Eine unveröffentlichte Botschaft an die kampfbereiten Muslime und etliche Pornofilme wollen die Amerikaner im Haus von Osama bin Laden gefunden haben. Doch die Araber lassen diese Enthüllungen kalt. Denn die meisten von ihnen halten diese Infos für üble Nachrede.
16.05.2011
Von Anne-Beatrice Clasmann

Was findet man wohl auf der Festplatte des meistgesuchten Terroristen der Welt? Radikale Propaganda - nun gut, das war zu erwarten. Pornografie - das überrascht, vor allem, wenn es sich bei dem Terroristen um Osama bin Laden handelt. Denn schließlich wollte der Al-Kaida-Anführer einen islamischen Gottesstaat herbeibomben, in dem Frauen hinter Gesichtsschleier verschwinden und keinen Kontakt mit Männern außerhalb der eigenen Familie haben.

"Billiger Versuch, das Image dieses Mannes zu zerstören"

Doch wenn die US-Regierungsbeamten glauben, dass die Nachricht von der vermeintlichen Scheinheiligkeit des obersten Terrorpredigers dessen Image posthum beschädigen könnte, dann haben sie sich getäuscht. Denn in der arabischen Welt, wo Bin Laden die meisten seiner "Dschihadisten" rekrutiert hatte, halten die meisten Menschen den Bericht über die Pornofilme für eine Falschmeldung - und zwar selbst diejenigen, die für den "Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen" nie etwas übrig hatten.

"Halten uns die Amerikaner wirklich für so dumm, dass sie denken, wir glauben so etwas?", schreibt der wütende Leser einer ägyptischen Tageszeitung. "Das ist ein billiger Versuch, das Image dieses Mannes zu zerstören", erklären die Administratoren eines arabischen Politik-Blogs. Viele renommierte arabische Medien ignorieren den Bericht über die Pornofilme und informieren nur über die noch unveröffentlichte Botschaft zur arabischen Revolution, die von den Fahndern angeblich auch in Bin Ladens pakistanischem Domizil sichergestellt wurde.

Arabische Welt misstraut Berichten aus den USA

Dass die Berichte über Pornofilme in Bin Ladens Computer bei vielen Arabern auf Zweifel stoßen, hat nicht nur damit zu tun, dass Verschwörungstheorien ein integraler Bestandteil arabischer Politik sind, sondern auch mit den vielen widersprüchlichen Meldungen, die das Weiße Haus rund um die Tötung des Top-Terroristen veröffentlicht hat. Erst hieß es, der Al-Kaida-Anführer sei bewaffnet gewesen und habe sich gewehrt. Dann wurde behauptet, er habe sich hinter einer seiner Ehefrauen versteckt. Die US-Regierung erklärte eingangs, Osama bin Laden sei "nach den Prinzipien des Islam" bestattet worden. Später war jedoch zu lesen, man habe seine Leiche im Meer versenkt.

Auf den Websites der radikalen Islamisten spielen die jüngsten Enthüllungen aus Washington keine Rolle. Hier veröffentlichten in den vergangenen Tagen Dutzende Bewunderer des Terroristenanführers Botschaften, in denen sie ihre Trauer über den Tod von "Scheich Osama" ausdrücken. Die Liste der Kondolenzschreiben liest sich wie ein "Who is Who" des islamistischen Terrors - von der Organisation Al-Kaida im Islamischen Maghreb bis zum Islamischen Staat im Irak.

In einer dieser Botschaften heißt es: "Sein Tod hat gezeigt, dass dieser Mann eine Symbolfigur für die islamische Nation war, selbst aus Sicht derjenigen, die seine Ansichten nicht immer teilten." Millionen von arabischen Muslimen würden dieser Darstellung sicher widersprechen. Doch was die Araber an diesem Wochenende in Atem hält, sind nicht die immer neuen Details über das Ableben von Osama bin Laden. Viel wichtiger finden sie die Wut der Straße, die den arabischen Herrschern und der Besatzungsmacht Israel mit Macht entgegenschlägt. 

dpa