Phänomen Knut: Tausende nehmen online Abschied

Phänomen Knut: Tausende nehmen online Abschied
Die Trauer um den toten Berliner Eisbären Knut ist im wahrsten Sinne des Wortes grenzenlos: Auf der ganzen Welt wollten Menschen ihre Gedanken zum Tod des Eisbären-Stars mitteilen. Bei Twitter und Facebook nahmen am Samstag und Sonntag Tausende Anteil. Auch internationale Medien verbreiteten die Nachricht auf ihren Webseiten.

Seit seiner Geburt war Knut ein Medienstar. Internationale Medien berichteten immer wieder über die rührende Geschichte des kleinen Eisbären, der von seinem Ziehvater Thomas Dörflein per Hand aufgezogen wurde. Über Twitter wurde die Nachricht vom Tod Knuts am Samstag in Sekundenschnelle verbreitet. Tausende verlinkten Artikel und Videos in zahlreichen Sprachen.

Andere äußern aber auch Unverständnis über den Medien-Hype, der Knuts Leben und Tod begleitete. "Wen interessieren Japan und Libyen, wenn Eisbär Knut tot ist?", fragt eine Twitterin ironisch. Ein anderer bringt es deutlicher auf den Punkt: "Knut ist mir scheissegal. Japan ist wichtiger, verdammt."

Doch die höchst emotionalen Trauerbekundungen überwiegen die Kritiker. Zu den Facebook-Gruppen "Knut" und "Knut der kleine Eisbär" kam am Samstag noch Gruppen namens "R.I.P. Knut - Wir werden dich vermissen" und "R.I.P. Knut - We love you forever" (Ruhe in Frieden Knut - wir werden Dich immer lieben) hinzu.

Auf allen vier Seiten hinterließen die Nutzer ihre Abschiedsgrüße an Knut auf Deutsch und Englisch. "Du warst ein besonderer Bär, denn Du hast den Menschen Freude gebracht. Ich danke dir für die schönen Momente mit dir und wegen dir. Nun seit ihr wieder vereint - Thomas Dörflein und Knut", schreibt eine Facebook-Nutzerin. Knuts Ziehvater Dörflein war 2008 einen plötzlichen Herztod gestorben.

Knut stand für ein nettes Deutschland-Bild

Laut der Berliner Tageszeitung "B.Z. am Sonntag" vermeldete Twitter kurz nach dem Ereignis 30 neue Einträge pro Minute. Auch am Sonntag wurde die Nachricht weiter verbreitet. Das Stichwort Knut war eines der häufigsten bei Twitter. Wer draufklickte, sah Twittermeldungen etwa in niederländischer, spanischer, russischer oder gar chinesischer Sprache.

Knut war vor allem im Jahr 2007 ein Symbol: Der süße Eisbär stand stellvertretend für seine bedrohte Art in Zeiten des Klimawandels. Der Kult um den kleinen Knut aus Berlin stand noch für einen anderen Wandel, nämlich den des Bildes von Deutschland. Ein Jahr, nachdem sich die Welt an einem entspannten Gastgeber der Fußball-WM erfreut hatte, passte die herzzerreißende Geschichte des verstoßenen Eisbär-Babys, das dank des liebevollen Tierpflegers überlebt, gut ins Konzept. Deutschland - das freundliche, nicht (mehr) verbissene Land.

Spätestens seit der Knut-Story gelten die Deutschen als die mit den schönen oder skurrilen Tiergeschichten. Nach Knut wurden zum Beispiel der "seherische" Krake Paul aus Oberhausen oder das schielende Opossum Heidi aus Leipzig international bekannt.

Stimmen zum Tod von Eisbär Knut

"Tschüss Knut!; "Wir haben Dich sooo geliebt!"; "Du wirst uns fehlen, Knut"

(Grüße von Fans am Eingang zum Zoo Berlin am Sonntagmorgen)

"Knut hat sich den ganzen Tag über normal verhalten. Dann ist er ins Wasser gegangen, hat einmal kurz aufgezuckt, hat sich gedreht und ist leider von uns gegangen."

(Bären-Betreuer Heiner Klös in der RBB-"Abendschau" vom Samstag)

"Wir alle hatten den Eisbären ins Herz geschlossen. Er war der Star des Berliner Zoos."

(Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD)

"Berlin hat den kleinen Knut mit Hingabe begleitet. Damit er nicht vergessen wird, sollten wir uns den Schutz seiner großen Familie zur Aufgabe machen."

(Die Spitzenkandidatin der Grünen zur Berliner Abgeordnetenhauswahl, Renate Künast)

"Es ist zu bedauern, dass Berlin sein größtes Wahrzeichen nach dem Brandenburger Tor verloren hat. Knut, der eine Goldgrube für den Berliner Zoo war, hätte eine bessere Tierhaltung verdient."

(Die Grünen-Tierschutzexpertin Claudia Hämmerling)

"Ich bin tief erschüttert. Es ist so, als wäre ein Freund gegangen. Knut war ein Mitgeschöpf, das uns allen sehr nahe war."

(Die kaufmännische Direktorin des Berliner Zoos, Gabriele Thöne)

"Der Verlust ist traurig für uns alle. Jeder Tod eines Tieres ist schlimm. Aber es ist ein normaler Vorgang im Zoologischen Garten, der immer wieder auftritt."

(Berlins Zoo-Direktor Bernhard Blaszkiewitz in der Berliner Zeitung "B.Z. am Sonntag")

"Der Berliner Zoo hat Knut als Marketinginstrument missbraucht, ohne jede Rücksicht darauf, welche Bedürfnisse für Eisbären entscheidend sind ... der Berliner Zoo trägt die alleinige Mitverantwortung. ...Das kurze und qualvolle Leben von Knut zeigt erneut, dass Eisbären nicht in den Zoo gehören, auch wenn sie Knut heißen."

(Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel)

"Der Schutz der wildlebenden Eisbären und ihrer Lebensräume muss Priorität haben. Wir fordern ein Ende der Eisbärhaltung in Zoos."

(Thomas Pietsch für die Tierhilfe-Organisation "Vier Pfoten")

"Knuts Tod hat Schuldige - Zoodirektor Blaszkiewitz und Bärenkurator Klös. Blaszkiewitz hat die zoologischen Einrichtungen Berlins zu Augiasställen für mehrere Tierarten, und eben auch Knut, verkommen lassen. Wir fordern einen sofortigen Zuchtstopp für Eisbären in deutschen Zoos."

(Edmund Haferbeck für die Tierrechts-Organisation Peta)

"Die Natur hat sich nur gerächt und Knut die erheblichen Qualen der Gefangenschaft erspart. Man sollte sich eher für Knut freuen anstatt der quälenden Gefangenschaft nachzutrauern."

(Der Tierrechtler Frank Albrecht) 

dpa