Jede Woche rollen Lastwagen aus dem ganzen Bundesgebiet in den kleinen Ort Kehl-Kork an der deutsch-französischen Grenze. Tonnenweise haben sie Sekt- und Weinkorken geladen, aus denen behinderte Mitarbeiter einer diakonischen Einrichtung unter anderem wertvolle Dämmstoffe herstellen. Doch die bundesweite Aktion "Korken für Kork" stagniert. "Seit dem Spitzenjahr 2003 mit 3.500 Kubikmetern sinkt die gesammelt Menge kontinuierlich", sagt Klaus Freudenberger, der die Initiative vor 20 Jahren begründete. Derzeit sind es rund 2.000 Kubikmeter Korken im Jahr.
"Die Hauptursache ist einerseits, dass Weinflaschen immer öfter mit Kunststoff-, Silikon- oder Glaspfropfen verschlossen werden", weiß Freudenberger. Andererseits seien die Sammelleidenschaft und das Bewusstsein für Wertstoffe nicht mehr so vorhanden wie noch vor wenigen Jahren, urteilt der Öffentlichkeitsarbeiter der Korker Diakonie.
Arbeitsplätze für Behinderte
Gleich hinter der Werkstür stapeln sich aussortierte Kunststoffpfropfen. Wenn das Förderband Kork und Plastik grob voneinander trennt, kommt die "Kordula" zum Zug, wie die Mitarbeiter eine Maschine bezeichnen, die "Korken-durch-Licht-aussortiert". Bleibt dann immer noch ein Kunststoffteil auf dem nächsten Förderband liegen, wird es per Hand vom wertwollen Kork getrennt.
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Jedes Jahr fallen in Deutschland rund 1,2 Milliarden Korken an, die überwiegend auf dem Müll landen. Rund 80 Millionen dieser Verschlüsse erhält die Diakonie Kehl-Kork zurzeit jährlich.
"Korken für Kork" hilft zwölf Menschen mit Behinderungen, täglich einer Arbeit nachzugehen. Was die Behinderten hier verarbeiten, kommt zugleich der Umwelt zugute: Alte Korken werden zu Pinwänden oder Korkschrot. In einer Freiburger Werkstätte werden die geschroteten Korken auch zu einem Lehmbaustein mit Korkgranulat weiterverarbeitet, der zu einer besseren Energieeffizienz von Gebäuden beiträgt.
Für die Menschen mit unterschiedlichen psychischen Behinderungen sei dieser Arbeitsplatz "ein ganz besonders beliebter", sagt Gruppenleiter Bernhard Prinz. "Denn man hat viel Kontakt nach außen mit Besuchern und Anlieferern".
Arbeitplätze, Umweltschutz und Müllvermeidung
"Die Resonanz auf die Aktion war am Anfang fast überwältigend", erinnert sich Freudenberger. Konnte die Initiative doch unterschiedliche Ziele vereinen: Arbeitsplätze für die Bewohner schaffen, zum Umweltschutz beitragen und Müll vermeiden. "Außerdem wollten wir eine kontinuierliche Beziehung zu unserem Ortsnamen herstellen".
Gesammelt wird in Privathaushalten, Schulen, Kindergärten, Kirchengemeinden, Einkaufszentren und selbst in Rathäusern. Ab einer Menge von fünf Kubikmetern holt eine Spedition das Material kostenlos ab, die Säcke werden dann meist auf einer Leerfahrt mitgenommen.
Insgesamt gibt es laut Freudenberger rund 3.000 Sammelstellen im Bundesgebiet. Zum überwiegenden Teil kommen die Korken aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, aber auch aus Berlin, Hamburg oder dem westfälischen Bad Oeynhausen. Zu den Großlieferanten zählen außerdem mehrere Orte im Elsass und der Champagne.