Mit weißen Rosen und einer Schweigeminute haben hochrangige Politiker der Opfer des mutmaßlichen Anschlags von München gedacht. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, derzeit zu Gast bei der Münchner Sicherheitskonferenz, legte gemeinsam mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) und dem Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Freitag in dichtem Schneetreiben Blumen an der Straßenecke nieder, wo ein Auto am Donnerstag in einen Demonstrationszug der Gewerkschaft ver.di gerast war.
Nach neuesten Angaben der Polizei wurden dabei mindestens 36 Menschen verletzt, davon manche schwer. Unter Tatverdacht festgenommen wurde ein 24 Jahre alter afghanischer Asylbewerber, bei dem die Ermittler von einem islamistischen Motiv ausgehen, wie sie am Freitag auf einer Pressekonferenz sagten. Er soll am Freitagnachmittag dem Haftrichter vorgeführt werden.
Steinmeier bezeichnete im Anschluss an das Gedenken den mutmaßlichen Anschlag in einer Pressemitteilung als "entsetzliche Gewalttat", bei der "der Täter vermutlich wahllos" Menschen verletzen oder töten wollte. Der Bundespräsident sprach den Opfern und ihren Angehörigen sein Mitgefühl aus und dankte der Polizei und den Rettungskräften für ihr schnelles Handeln am Ort des Geschehens. Der Täter werde "nach Recht und Gesetz zur Rechenschaft gezogen werden", kündigte Steinmeier an.
"Wir beten für die verletzten Opfer"
Auch Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der katholische Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, sowie der bayerische evangelische Landesbischof Christian Kopp nahmen an dem Gedenken teil. "Wir beten für die verletzten Opfer, die Angehörigen und die Menschen, die sich unsicher fühlen im eigenen Land", sagte der Kardinal. Für die Genesung der Verletzten sowie für "Frieden in unseren Herzen und in der Welt" betete Landesbischof Kopp. Die zwei Geistlichen baten um ein "Miteinander, das Gewalt reduziert", und um Stärkung jener Kräfte, "die sich um Frieden, Ausgleich und Verständigung bemühen".
Nach den Politikern und Geistlichen hielt eine Gruppe der Gewerkschaft ver.di, der Stadtwerke und der Rettungskräfte am Ort des Gedenkens inne. Anders als bei dem tödlichen Messerangriff in Aschaffenburg wurden am Münchner Tatort nur wenige Blumen und Kerzen abgelegt. Die Arbeit der Notfallseelsorger habe sich relativ schnell vom Ort des Geschehens verlagert, sagte Dietmar Frey, Leiter der Evangelischen Notfallseelsorge München, auf Anfrage des Evangelischen Pressediensts (epd): "Wir sind jetzt bei den Verletzten in den Krankenhäusern und bei den Angehörigen daheim."
Die Ermittler vermuten inzwischen eine "islamistische Tatmotivation", wie die Leitende Oberstaatsanwältin Gabriele Tilmann am Freitag vor der Presse sagte. Der Tatverdächtige habe sich in einer ersten Beschuldigtenvernehmung entsprechend geäußert. Es gebe jedoch keine Anhaltspunkte, dass er Mitglied in einer terroristischen Organisation gewesen sei.
Der 24-jährige Afghane war 2016 als unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter nach Deutschland gekommen. Er war aufenthaltsberechtigt, arbeitete als Ladendetektiv und habe zudem Personen angezeigt, die Drogendelikte begangen hatten, wie der Münchner Polizeivizepräsident Christian Huber am Freitag sagte. Zuvor waren teils widersprüchliche Aussagen kursiert, inwiefern der Tatverdächtige "polizeibekannt" war.