Dramatische Unruhen mit vielen Toten in Ägypten, die pro-iranische Hisbollah im Libanon gestärkt, Stillstand im Nahost-Friedensprozess - der zweitägige Israel-Besuch von Kanzlerin Angela Merkel fällt in eine Zeit eskalierender Konflikte und Unsicherheit über die Zukunft der arabischen Nachbarn Israels. Es ist wie eine Reise ins Auge des Sturms. In Jerusalem will Merkel auch Normalität demonstrieren - und die so besondere Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern vertiefen.
Fast noch wichtiger ist ihr aber angesichts der Proteststürme in der arabischen Welt, dass endlich der seit Monaten stagnierende Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern wieder in Gang kommt - gerade auch angesichts der Unsicherheiten in den Nachbarstaaten Israels. Merkels Berater hatten schon vor der Jerusalem-Reise deutlich gemacht: Die Kanzlerin empfindet die Stagnation als äußerst unbefriedigend.
Als anerkannte Freundin Israels will sie Klartext unter Freunden reden - und den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu dazu drängen, endlich erkennbare Schritte auf die Palästinenser zuzugehen. Die Grenzen müssten abgesteckt werden, damit der Siedlungsbau sich nicht weiter fortsetze und so zu einer immer schwereren Last für die Verhandlungen mit den Palästinensern werde. Zugleich dürften Frieden und Sicherheit für Israel niemals in Frage stehen.
Merkel macht sich für die Zwei-Staaten-Lösung stark
Merkel, die sich schon lange für eine Zwei-Staaten-Lösung stark macht, verknüpft das Thema mit einer Frist: Binnen sechs Monaten soll sich konkret etwas bewegen. Wenn die USA vom Spätherbst an erstmal im Präsidentschaftswahlkampf sind, werde von dort nicht mehr viel Einsatz für einen Nahostfrieden zu erwarten sein.
Erste konkrete Ergebnisse könnte es nach Ansicht der Deutschen schon in ein paar Tagen beim Treffen des Nahost-Quartetts aus UN, EU, den USA und Russland am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz geben. In der israelischen Presse heißt es bereits, dass Netanjahu in München Erleichterungen für die Palästinenser ankündigen werde, um der Kritik an Israel die Spitze zu nehmen.
Kommentatoren befürchten aber, dass die rechtsgerichtete Regierung in Israel zu noch weniger Kompromissen bereit sein könnte - angesichts der unsicheren Lage rings um das Land herum. Sicherheit hat für Israel grundsätzlich Vorrang. Dass es in der Frage ein rasches Einlenken Netanjahus gibt, glaubt die deutsche Seite daher nicht. "Wir sind Realisten", heißt es im Kanzleramt.