Warum feiern die Kopten erst im Januar Weihnachten?

Warum feiern die Kopten erst im Januar Weihnachten?
Alle Christen feiern im Dezember Weihnachten. Alle? Nein. Die Gläubigen in Russland, Ägypten und anderswo begehen die Geburt Christi erst in der Nacht zum Freitag. Sie orientieren sich an einem Kalender, in dem sich der 25. Dezember um 13 Tage verschiebt.
05.01.2011
Von Bernd Buchner

"Weihnachtsfest unter Polizeischutz": Das klingt wie eine Schlagzeile, die nicht mehr ganz aktuell ist. Schließlich war Weihnachten schon vor zwei Wochen. Aber nicht alle Christen feiern die Geburt Jesu am 25. Dezember: So begeht die koptische Kirche, die jüngst zum Ziel eines Selbstmordattentats im ägyptischen Alexandria wurde, das Weihnachtsfest in der Nacht vom 6. zum 7. Januar – und hofft, dass es keine weiteren Anschläge gibt.

Die verschiedenen Weihnachtstermine haben mit den Feiertraditionen im Christentum zu tun, überwiegend aber mit kalendarischen Fragen. An welchem Tag Jesus von Nazareth tatsächlich zur Welt kam, ist dabei völlig ungewiss. Die Geburtsberichte im Matthäus- und im Lukasevangelium nennen kein Datum, nicht einmal eine Jahreszeit. Dass Maria ihren Sohn in Windeln wickelte, ehe sie ihn in die Krippe legte, dürfte nichts mit den Temperaturen vor Ort zu tun gehabt haben. Die frühen Christen, sofern sie sich mit der Frage nach dem Zeitpunkt der Geburt überhaupt beschäftigten, kannten unterschiedliche Termine, etwa um die Osterzeit oder im Mai.

Ein heidnisches Fest verdrängt

Erst als das Christentum im 4. Jahrhundert Staatsreligion im römischen Reich geworden war und sich ein Festkalender herausbildete, rückte der 25. Dezember in den Vordergrund. Damit verbunden war zum einen die Vorstellung, Jesus sei zur Tag- und Nachtgleiche am 25. März, der auch als erster Schöpfungstag galt, gezeugt worden. Neun Monate später erblickte er dann zur dunklen Jahreszeit das Licht der Welt. Zum anderen verdrängte Weihnachten das heidnische "Sol Invictus"-Fest zur Wintersonnenwende.

Festgelegt wurde der Dezembertermin auf dem Konzil von Chalzedon, heute ein Stadtteil von Istanbul, im Jahr 451. Doch nicht alle machten mit: Armenien, der erste christliche Staat, wollte Jesu Geburt weiterhin gemeinsam mit seiner Taufe am 6. Januar feiern. Dabei ist es bis heute geblieben. In der übrigen Christenheit wurde aus dem Taufgedenken das Fest der "Erscheinung des Herrn". Dabei wird auch an die Anbetung durch die Könige und die Hochzeit von Kana erinnert, wo Jesus sein erstes Wunder tat.

Die Kalenderreform von 1582

Warum aber feiern dann heute nicht nur die Armenier, sondern auch die russischen Orthodoxen oder die ägyptischen Kopten - die zu den sogenannten altorientalischen Kirchen zählen - Weihnachten im Januar? Das hat mit der Kalenderreform von 1582 zu tun, mit der Papst Gregor XIII. leichte Ungenauigkeiten des alten Kalenders von Julius Cäsar korrigierte. Damals wurden zehn Tage übersprungen, um die Länge der Jahre möglichst exakt dem Stand der Gestirne anzugleichen.

Doch die Reform aus Rom setzte sich nicht überall durch. Liturgisch hielten sich viele östliche und orientalische Kirchen weiterhin an den julianischen Kalender und tun es bis heute. Die Differenz ist inzwischen auf 13 Tage angewachsen – so fällt die Weihnachtsnacht für die "Altkalendarier" auf den 6./7. Januar. Augenscheinlich ist der Unterschied vor allem in Griechenland: Die Mönche auf dem Berg Athos feiern im Januar Weihnachten, der Rest des Landes bereits im Dezember.

Westliche Weihnachtszeit ist länger

Die Weihnachtszeit endet übrigens auch für die westlichen Christen nicht mit dem Nachlassen des Konsumstresses am Heiligen Abend, sondern dauert bis zum Fest der "Darstellung des Herrn" am 2. Februar. Und egal wann nun die Geburt Jesu gefeiert wird, sie ist als Menschwerdung Gottes das Fest des Friedens. Für die koptischen Christen, die zehn Prozent der Bevölkerung in Ägypten bilden und von denen rund 6.000 auch in Deutschland leben, möge es das letzte Weihnachten sein, das sie unter Polizeischutz feiern müssen.


Bernd Buchner ist Redakteur bei evangelisch.de und zuständig für das Ressort Kirche + Religion.