Kerzen und Gebete? Finden wir gut, meinten Schülerinnen und Schüler der Alfred-Delp-Schule in Hargesheim. So fand der Abend mit Christian Führer einen stimmungsvollen Ausklang mit Gesang und Gebet bei Kerzenlicht. Am Anfang aber stand erst einmal das Staunen. Was der Initiator der Leipziger Friedensgebete zu berichten hatte, war so frisch und unverbraucht, dass es berührte und bewegte: Wie die Nikolaikirche in Leipzig samt ihrem Pfarrer seit 1986 mehr und mehr ins Fadenkreuz der DDR-Observierung geriet, wie sich Humor im Umgang mit knochentrockenen Stasi-Mitarbeitern als guter Bruder des Glaubens erwies, wie die Punkband „Wutanfall“ in der Nikolaikirche ein Konzert gab und mehr und mehr erfahrbar wurde: Diese Kirche ist wirklich für alle offen. Für Volkspolizisten, Ausreisewillige und atheistische Regimekritiker genauso wie für die junge Gemeinde, die seit September 1982 bis heute die wöchentlichen Friedensgebete organisiert.
Was zunächst als Protest christlicher Gruppen gegen die Aufrüstungspolitik begann, führte im Mai 1989 dazu, dass Tausende zu Friedensgebeten in die Nikolaikirche kamen. In dieser Kirche fanden sie nicht nur den ersehnten Freiraum, um Frust und Kritik Luft zu machen. Sie fanden mit Christian Führer auch einen Pfarrer auf der Kanzel, der beherzt Mut machte zum Leben und Bleiben in der DDR, denn „Gott macht fröhlich, was da lebt im Osten wie im Westen“ (Psalm 65,9). Wie im Film rollte die Geschichte der friedlichen Revolution vom Herbst 1989 noch einmal vor Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern ab – eine Revolution, die aus der Kirche kam.
Überwindung von Atheismus als bleibende Aufgabe
Für viele Schülerinnen und Schüler war dieser Teil deutscher (Kirchen-) Geschichte unerhört neu. Dass ausgehend von der Nikolaikirche zuletzt 70.000 Menschen für Freiheit demonstrierten und es zu keinem gewaltsamen Übergriff kam - das erscheint bis heute wie ein Wunder. „Die Überwindung von ostdeutschem Gewohntheits- und westdeutschem Wohlstands-Atheismus bleibt als Aufgabe bestehen“, betonte Christian Führer.
Aber er mahnte nicht mit erhobenem Zeigefinger zum Engagement für den Frieden. Es gelang ihm vielmehr, völlig unverkrampft das Schwere leicht zu sagen - und eine Ahnung zu vermitteln vom Lachen der Erlösten. Susanne Storck, Schulpfarrerin an der Alfred-Delp-Schule, fasste den Wunsch aller zusammen: „Bleibt zu hoffen, dass in unseren Schulen und Gemeinden die Lust an dem wächst, was das Wort Frieden meint: ein gewaltfreies, freundliches Miteinander zu Gottes Ehre.“