Korruption beunruhigt Experten - auch in Deutschland

Korruption beunruhigt Experten - auch in Deutschland
Ein schärferes Vorgehen gegen Bestechlichkeit hat die Organisation Transparency International gefordert. Im europäischen Vergleich sei Deutschland Mittelmaß.

Im Kampf gegen Korruption in Deutschland hat die Antikorruptionsorganisation Transparency International verschärfte Sanktionen bei der Abgeordnetenbestechung und eine Neuregelung des Parteiensponsorings angemahnt. Der im europäischen Maßstab mittelmäßige 15. Platz Deutschlands im "Korruptionswahrnehmungsindex" 2010 sei auch auf unzureichende Regelungen in diesem Bereichen zurückzuführen, sagte die Deutschland-Vorsitzende von Transparency, Edda Müller, bei der Vorstellung des Berichts am Dienstag in Berlin.

Für den Index wird jährlich ein Kreis von Länderexperten und Managern zu den Ausmaßen von Bestechung befragt. Die Skala reicht von 10 für wenig korrupt bis 1 für extrem korrupt. Nach UN-Angaben entsteht durch Korruption weltweit jährlich ein geschätzter wirtschaftlicher Gesamtschaden von 1,6 Milliarden Dollar (1,15 Milliarden Euro).

Dänemark vorbildlich

Wie im vergangenen Jahr sind Dänemark, Neuseeland und Singapur mit 9,3 Punkten die weltweit am wenigsten korrupten Länder. Schlusslichter auf der 178 Länder umfassenden Liste sind Afghanistan, Myanmar und Somalia mit 1,4 beziehungsweise 1,1 Punkten. Deutschland verschlechterte sich mit 7,9 Punkten im Vergleich zum Vorjahr um einen Platz.

Einen Trend zur Zu- oder Abnahme von Korruption lasse sich in der Bundesrepublik statistisch nicht abbilden, sagte Müller. Das Bundeskriminalamt gehe nach wie vor von einer hohen Dunkelziffer aus, auch wenn positive Entwicklungen "unverkennbar" seien. So werde dank einer größeren Anzeigenbereitschaft häufiger gegen mögliche Korruptionsfälle ermittelt und in öffentlicher Verwaltung wie Privatwirtschaft werde mehr für die Prävention getan.

Wichtiger sei aber, dass die "politischen Eliten mit gutem Beispiel vorangehen", sagte Müller. Das tun sie aber nach Einschätzung von Transparency nicht. So habe Deutschland bis heute die bereits in über 140 Staaten wirksame UN-Konvention gegen Korruption nicht ratifiziert.

Parteispenden im Blick

Hintergrund sei die unzureichende Regelung bei der Abgeordnetenbestechung, deren Verschärfung auch vom Europarat angemahnt werde. 2009 wurden sechs Fälle von Abgeordnetenbestechung auf kommunaler Ebene bekannt. "Auf eine entsprechende Gesetzesinitiative, mit der auch das Fehlverhalten kommunaler Mandatsträger wirksamer geahndet werden könnte, warten wir seit Jahren", kritisierte Müller.

Ähnlich verhält es sich bei Parteispenden und Parteiensponsoring, sagte Transparency-Vorstand Jochen Bäumel. Dieses Thema scheine parlamentarisch in Vergessenheit geraten zu sein. "Hier fehlt offensichtlich der politische Wille zu erforderlichen Reformen." Bisher fehlten für die Beurteilung von Parteisponsoring im Parteiengesetz jegliche Maßstäbe.

Zu den Forderungen von Transparency gehöre deshalb, Parteispenden und Sponsoring zusammen grundsätzlich auf höchstens 50.000 Euro pro Jahr und Spender zu begrenzen. Zudem sollen Spenden ab 10.000 Euro (bisher ab 50.000 Euro) sofort veröffentlicht und bereits ab 2.000 Euro im späteren Rechenschaftsbericht ausgewiesen werden. Für die Kontrolle über die Einhaltung des Parteiengesetzes soll statt des Bundestagspräsidenten, der laut Bäumel damit überfordert ist, eigens ein Beauftragter für Politikfinanzierung und Transparenz eingesetzt werden.

epd