Politik fordert von Google und Co. Datenschutz-Kodex

Politik fordert von Google und Co. Datenschutz-Kodex
Im Streit um Geo-Datendienste wie Google Street View hat die Bundesregierung der Wirtschaft eine Frist gesetzt, um selbst Regeln für den Schutz der Betroffenen vorzulegen. Der "Datenschutz-Codex" soll bis zum IT-Gipfel der Bundesregierung am 7. Dezember 2010 erstellt werden, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Montag nach einem Spitzengespräch mit Vertretern der Branche in Berlin.

"Wir sind uns in der Bundesregierung einig, dass wir bei der Erhebung, Nutzung und Verknüpfung von Geodaten rote Linien ziehen müssen", sagte Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU). Diese "rote Linie" soll parallel zur Formulierung der Selbstverpflichtung bis zum 7. Dezember 2010 in einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung markiert werden.

Google-Europa-Chef Philipp Schindler begrüßte den Vorschlag der Bundesregierung und sagte eine Mitarbeit seines Unternehmens an der Selbstverpflichtung zu: "Geodaten aus dem Internet werden für Bürger, Behörden und Betriebe immer wichtiger, ein Trend, der durch das enorme Wachstum des mobilen Internets weiter zunehmen wird." Der Gesetzgeber müsse sicherstellen, dass neben den Erfordernissen des Datenschutzes auch die Entwicklungschancen innovativer Unternehmen und moderner Technologien erhalten bleiben.

De Maiziére droht mit gesetzlichen Regelungen

Der Innenminister betonte: "Ich erwarte, dass sich die Dienste zu datenschutzfreundlichen Regeln verpflichten." Widerspruchsmöglichkeiten für die Bürger müssten einfach zu finden sein. "Der Codex kann eine gesetzliche Regelung überflüssig machen", sagte de Maizière. Wenn die Selbstverpflichtung der Wirtschaft nicht ausreiche, werde man das Thema weiter gesetzlich regeln.

Dabei will der Minister die Grenzen aber nicht zu eng ziehen: "Die freie Nutzung freier Räume müssen wir bewahren", sagte de Maizière. Das Fernsehen müsse auch in der Lage sein, den Karneval in Mainz oder Köln zu übertragen, auch wenn Fassaden zu sehen sind. "Wir brauchen Geo-Dienste für die Verkehrslenkung, für den Katastrophenschutz, für die moderne Landwirtschaft, die Wohnungssuche oder die Vorbereitung eines Urlaubs." Dabei müsse aber sichergestellt werden, dass die Persönlichkeitsrechte der Bürger geschützt werden.

Interessen der Verbraucher

Mit dem Verbraucherschutzministerium und dem Justizministerium müsse noch genau festgelegt werden, wo genau die "rote Linie" zur Reglementierung der Geo-Datendienste verlaufen solle. "Wenn sie einen großen Berg von zwei Seiten betrachten, dann sehen sie unterschiedliche Perspektiven", sagte de Maizière und nahm für sich die Rolle des "Internet-Ministers" innerhalb der Bundesregierung in Anspruch. Aufgabe der Kabinettskollegin Aigner sei, die Interessen der Verbraucher zu wahren.

Die CSU-Politikerin sagte, bei Google Street View habe die Bundesregierung für die Bürger so weitreichende Widerspruchsmöglichkeiten durchgesetzt wie kein anderes Land. "Ein Dissens zwischen Datenschützern und Netzwirtschaft besteht in der Frage, ob aus der Widerspruchsmöglichkeit für Mieter und Eigentümer von Immobilien ein Widerspruchsrecht werden kann."

Verband warnt vor Reglementierung

In dem Spitzengespräch zu den Geodaten hatten sich Datenschützer dafür ausgesprochen, insbesondere die Regelung eines Widerspruchs nicht alleine einer Selbstverpflichtung der Branche zu überlassen. Sie machten sich für eine möglichst schnelle gesetzliche Regelung stark, bevor die Datenanbieter mit ihren Diensten Fakten schaffen.

Der Branchenverband Bitkom hatte im Vorfeld des Spitzengesprächs davor gewarnt, digitale Straßenansichten und Landschaftsbilder vorschnell zu reglementieren. Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer betonte, Deutschland brauche keine Einzelfallgesetze zu jedem neuen Internet-Dienst, sondern eine strategische Netzpolitik. "Im Vordergrund muss stehen, wie wir die Chancen des technischen Fortschritts gesellschaftlich und wirtschaftlich bestmöglich nutzen." Deutschland dürfe sich nicht durch nationale Gesetze vom technischen Fortschritt abkoppeln. Der Bitkom soll nun die Formulierung der Selbstverpflichtung der Industrie koordinieren.

dpa