Der 50jährige Brunner hatte sich schützend vor vier Schüler gestellt, die von den Verurteilten bedroht worden waren. Dass er den ersten Schlag gegen die Täter platziert habe, erkannte das Gericht als einen Akt der Notwehr. Und dass Brunners den Tod durch Herzstillstand erlitt, sei für die rechtliche Bewertung nicht erheblich. Dies sei die unmittelbare Folge der Gewalt gewesen. Die Münchner Urteile setzen Zeichen. Die Argumentation der Verteidiger, Brunner wäre noch am Leben, wenn er kein schwaches Herz gehabt hätte, fanden die Richter nicht schlüssig. Völlig zu Recht. Gesundheit oder Krankheit des Opfers kann kein relativierender Faktor in dieser Auseinandersetzung sein. Brutale, hemmungslose Gewalt, mörderische Attacken müssen beim Namen genannt und entsprechend geahndet werden.
Ob Dominik Brunner als erster geschlagen hat, ist ebenfalls nebensächlich. Auslösend für sein couragiertes Eingreifen war die aggressive Bedrohung von Kindern durch die jetzt Verurteilten. Das Verhalten des Ermordeten zum Schutz der Bedrohten ist und bleibt vorbildlich, ob er dazu seine Fäuste benutzte oder es bei Worten beließ.
Die Urteile sind hart. Sie sind berechtigt. Aber sie werden im Kampf gegen die alltägliche Gewalt in Bussen und Bahnen nicht die entscheidende, abschreckende Wirkung haben. Wenn es eine Hoffnung im Kampf gegen die um sich greifende Aggression gibt, dann liegt sie in der mutigen Haltung des Dominik Brunner begründet. Wenn diese Haltung Schule macht, wenn sich Menschen einmischen, die Zeugen von Drohung und Einschüchterungsversuchen werden, dann gibt es eine Chance. Den jugendlichen Tätern muss klar werden: niemand ist ihrem Treiben schutzlos ausgeliefert und nirgendwo. Diese gemeinsame Überzeugung muss gelebt werden von allen und überall. Da gibt es nichts zu argumentieren und zu relativieren. Schon die Kinder auf den Schulhöfen müssen begreifen: Das tut man nicht! Gewalt ist tabu!
Das sich sozial gebärdende Mitleid mit potentiellen Tätern, die eine schwere Jugend gehabt haben, bedeutet im Umkehrschluss einen Schlag ins Gesicht all derer, die anständig bleiben, obwohl sie es im Leben nicht leicht haben.
Es ist gut, dass die Dominik-Brunner-Stiftung gegründet wurde und dass sich Menschen wie der Bayern-Präsident Uli Hoeneß dort engagieren. Und dass die großen Kirchen am kommenden Montag in ökumenischen Andachten Brunners gedenken, kann ein weithin sichtbares Zeichen für die Verbundenheit der Christen mit Dominik Brunner sein, einem Nachkommen des barmherzigen Samariters.
Arnd Brummer ist Chefredakteur des Monatsmagazins "chrismon" und von evangelisch.de