Palästinenser Younan neuer Lutheraner-Präsident

Palästinenser Younan neuer Lutheraner-Präsident
Der palästinensische Bischof Munib A. Younan ist neuer Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB). Die in Stuttgart tagende 11. LWB-Vollversammlung wählte den 59-Jährigen Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Jordanien und dem Heiligen Land mit großer Mehrheit zum Nachfolger von Mark S. Hanson. Die Kirchen in Deutschland begrüßten die Entscheidung.

Der in Jerusalem geborene Younan gilt als streitbarer Kämpfer für einen gerechten Frieden im Nahen Osten und Förderer des interreligiösen Dialogs. Wegen seiner scharfen Kritik an der israelischen Siedlungspolitik und der Sperranlage, die Israel vom Westjordanland trennt, hat der aus einer Flüchtlingsfamilie stammende Younan seit seinem Amtsantritt im Jahr 1998 auch den Ruf eines Vertreters palästinensischer Befreiungstheologie. Der Lutherische Weltbund vertritt weltweit rund 70 Millionen Gläubige.

Nur Männer an der Spitze

Younan, verheirateter Vater von drei Kindern, war bislang LWB-Vizepräsident. In der Geschichte der 1947 im schwedischen Lund gegründeten Organisation gibt es bisher nur Männer im Präsidentenamt. Younans Vorgänger Hanson, Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika, war 2003 auf der LWB-Vollversammlung im kanadischen Winnipeg gewählt worden. Er trat nicht mehr zur Wahl an. Die Vollversammlung des LWB mit rund 1.000 Teilnehmern hatte am Dienstag in Stuttgart begonnen und geht am 27. Juli zu Ende.

Die Kirchen in Deutschland begrüßten die Wahl Younans. Als Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land komme er aus einer kleinen Kirche, die sich zudem in einer schwierigen Situation behaupten müsse, erklärte der amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) , Nikolaus Schneider. Er sicherte Younan die Unterstützung der EKD in seiner schwierigen Aufgabe als neue Spitze des lutherischen Kirchenbundes von 70 Millionen Christen zu.

Für Gerechtigkeit und Versöhnung

Der leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Johannes Friedrich (München), sagte, die lutherische Weltgemeinschaft gewinne mit Younan einen Präsidenten, der sich in langen Jahren des Dienstes als Pfarrer und Bischof im Nahen Osten für Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung eingesetzt habe. Die evangelischen Kirchen in Deutschland wüssten sich in besonderer Weise dem christlich-jüdischen Dialog und der Fürsprache für das Existenzrecht Israels verpflichtet. Man schätze zudem Younans Einsatz für die Ökumene. Friedrich war von 1985 bis 1991 evangelischer Propst in Jerusalem.

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, äußerte in einem Glückwunschschreiben seine Hoffnung, dass "der Dialog zwischen der katholischen Kirche und dem Lutherischen Weltbund auch künftig in konstruktiver Weise fortgeführt wird." Zollitsch wünschte dem neuen Präsidenten Gottes Segen, "vor allem auch in Ihrer Verantwortung als Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land".

Einziger Kandidat

Der 59-jährige Younan war der einzige Kandidat. Die anwesenden 360 Delegierten gaben 300 Ja-Stimmen ab. Es gab 23 Nein-Stimmen und 37 Enthaltungen. Younan ist Nachfolger des US-amerikanischen Bischofs Mark S. Hanson (63), der bei der Vollversammlung 2003 im kanadischen Winnipeg das Präsidentenamt übernommen hatte. Younan tritt sein Amt mit Ablauf der Vollversammlung am kommenden Dienstag an. Zum Lutherischen Weltbund gehören 145 Mitgliedskirchen.

Im neu gewählten Rat des Lutherischen Weltbunds (LWB) sind künftig sechs Deutsche vertreten, unter ihnen der württembergische Landesbischof Frank Otfried July. Weitere deutsche Mitglieder sind der Theologieprofessor Bernd Oberdorfer (Augsburg), Pfarrer Rainer Kiefer von der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Superintendentin Martina Berlich von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (Eisenach), Pröpstin Frauke Eiben von der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche (Ratzeburg) sowie die Jugenddelegierte Anna-Maria Tetzlaff (Greifswald). Der Rat umfasst 22 Männer und 26 Frauen. 28 Personen sind den Angaben zufolge ordiniert, 20 sind Laien.

epd