"Alles hat seine Zeit": Ole von Beust gibt auf

"Alles hat seine Zeit": Ole von Beust gibt auf
Die Gerüchte haben sich bewahrheitet: Der Architekt von Deutschlands erstem schwarz-grünen Regierungsbündnis auf Landesebene gibt auf. Hamburgs Regierungschef Beust hat seinen Rücktritt zum 25. August erklärt.

Hamburgs Regierungschef Ole von Beust (CDU) tritt zurück. Nach fast neun Jahren im Amt kündigte er am Sonntag in der Hansestadt an, seinen Posten zum 25. August aufzugeben. Zuvor hatte er den CDU-Landesvorstand über seine Entscheidung unterrichtet. Es sei der "vernünftige Zeitpunkt", unabhängig vom Ausgang des Volksentscheids über die Schulreform, sagte Beust. Die Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel sei unterrichtet.

Nachfolger soll der bisherige Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) werden. Der 40-Jährige leitet sein Ressort seit zwei Jahren und steht dem einflussreichen CDU-Kreisverband Nord in der Hansestadt vor. Die SPD in Hamburg forderte Neuwahlen, Hamburgs Industrie bedauerte den Rückzug des Bürgermeisters.

Neben Beust geben auch die parteilose Kultursenatorin Karin von Welck und der Leiter der Senatskanzlei, Staatsrat Volkmar Schön, ihre Ämter auf. Beust gilt als Architekt von Deutschlands erster schwarz- grünen Koalition auf Landesebene.

Kein fünftes Mal Spitzenkandidat

"Die biblische Erkenntnis, alles hat seine Zeit, gilt auch für Politiker. Selbstverständlich gilt sie auch für mich", sagte Beust. Deshalb habe er sich nach mehr als 32 Jahren in der Politik entschieden, bei der nächsten Bürgerschaftswahl 2012 nicht mehr als Bürgermeisterkandidat anzutreten.

Er sei bereits viermal als Spitzenkandidat der Hamburger Union angetreten. Ein fünftes Mal widerspreche der politischen Vernunft. Der jetzige Zeitpunkt sei für seinen Rückzug vernünftig. Das Ergebnis des Volksentscheids zur umstrittenen Schulreform in Hamburg vom Sonntag sei auch sein Ergebnis.

Sechster CDU-Landeschef geht

Mit dem 55-jährigen Beust verliert die CDU in Deutschland den sechsten Landesregierungschef innerhalb eines Jahres. Beust regiert das Land seit dem 31. Oktober 2001 - zunächst in einer Koalition mit der FDP und der rechten Schill-Partei. Zwischen 2004 und 2008 hatte die CDU die absolute Mehrheit. Seit gut zwei Jahren steht Beust an der Spitze einer schwarz-grünen Koalition.

Beust sagte, während der Finanz- und Wirtschaftskrise hätte er einen Rückzug für verantwortungslos gehalten. Dies gelte auch für die Zeit während des Werbens um die Schulreform. Jetzt sei dies jedoch anders. Noch am Abend sollte das Ergebnis des Volksentscheids veröffentlicht werden. Beust betonte, die Prognosen für Hamburg seien gut. "Ich habe nicht geringsten Zweifel, dass auch ohne mich die Arbeit (...) fortgesetzt werden wird."

"Große Fußstapfen"

"Jetzt braucht ein Nachfolger Zeit, um sich inhaltlich und persönlich profilieren zu können", sagte Beust. Das Einbringen des Haushalts 2011 und 2012 sei dabei sehr wichtig und sollte von seinem Nachfolger erledigt werden.

"Der CDU-Landesvorstand hat heute einstimmig beschlossen, dass Innensenator Christoph Ahlhaus Nachfolger von Ole von Beust werden soll", sagte der CDU-Landesvorsitzende Frank Schira. Für diesen Montag sei eine Fraktionssondersitzung geplant, auf der die CDU-Bürgerschaftsabgeordneten dem Personalvorschlag zustimmen sollen. Die Wahl von Ahlhaus soll dann am 25. August in der ersten Parlamentssitzung nach der Sommerpause erfolgen.

Ahlhaus selbst sagte, Beust habe die Stadt wie kaum ein anderer Nachkriegsbürgermeister geprägt. "Das sind große Fußstapfen, in die ein Nachfolger zu treten hat." Er freue sich über den einstimmigen Beschluss des CDU-Vorstands. Das letzte Wort hätten aber die Abgeordneten von CDU und GAL. Er hoffe aber, die Arbeit fortsetzen zu können. Mit Blick auf Schwarz-Grün sagte er: "Ich bin überzeugt, dass es gelingen kann, diese für beide Seiten fruchtbare Zusammenarbeit fortzusetzen."

Nahles und Lindner sehen Schwarz-Grün gescheitert

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat Neuwahlen in der Hansestadt gefordert. Unabhängig vom Ausgang des Volksentscheids über die Schulreform könne es in Hamburg nicht einfach so weitergehen, erklärte Nahles am Sonntag in Berlin. "Das werden die Bürgerinnen und Bürger nicht akzeptieren."

Das erste schwarz-grüne Experiment lasse sich nicht erfolgreich fortsetzen. "Die Grünen müssen sich ernsthaft fragen, ob sie mit diesem Bündnispartner in eine äußerst unsichere Zukunft marschieren wollen. Dieses Bündnis kann für sie nicht mehr attraktiv sein", erklärte Nahles.

Die Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir erklärten zur Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition: "Es kann nach dieser Zäsur keinen Automatismus geben." Die schwarz-grüne Koalition in Hamburg habe gut gearbeitet und viele Projekte für die Stadt angeschoben. "Die CDU muss nun deutlich machen, dass sie auch künftig diesen Weg moderner Stadtpolitik verfolgen wird." 

dpa