Die Trauer feiert mit

Die Trauer feiert mit
Stein
Foto: Markus Bechtold, evangelisch.de
Trauer braucht Zeit. Sie loslassen zu können ist eine Kunst des Lebens.
Manche Herzen sind schwer. Sie tragen die Last der Trauer. Inmitten des Lachens und der Fröhlichkeit des Kirchentags, des Lebens. "Ich sehe Deine Tränen." Darum geht es im Zentrum Psychologische Beratung und Seelsorge. Mit "Tod, Trauer und Abschied" will weitergelebt werden.

Ich atme tief ein und langsam wieder aus. In meinen Händen halte ich einen kleinen Stein. Mit elf weiteren Teilnehmer*innen sitze ich auf Stühlen im Kreis in einem Zimmer des Zentrums Psychologische Beratung und Seelsorge auf dem Kirchentag in Dortmund. Wir alle trauern. Und wir reden heute darüber. Zwei Psychologen geben Ratschläge. Mir tut das gut. Den anderen auch.

In Deutschland wird Trauer tabuisiert. Ihr wird kein Platz im Leben geschaffen. Dabei wollen Tränen fließen. Unsere Vernunft kann zwar eigene Gefühle unterdrücken. Damit unterdrückt man einen Teil von sich selbst und verschließt sich der Fülle des Lebens. Manchmal lässt einem die Erinnerung an einen lieben Menschen, der gestorben ist und nicht mehr lebt, völlig unerwartet Tränen in die Augen schießen. Bei mir war das im Urlaub, mittags, an einem sehr heißen Tag im klimatisierten Kino in "Mamma Mia 2" während des Liedes "My Love, my Life" mit Maryl Streep. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich schluchzte wie ein Schloßhund.

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Wir alle in der Gruppe halten jeweils einen Stein in unseren Händen. Ihn betrachten wir. Mal ist er rau, ungeschliffen, kantig, hell, glatt oder dunkel. Jemand erzählt: "Mein Stein hier ist rund. Aber bei mir läuft gerade wenig rund." In der Gesprächsgruppe höre ich, dass Menschen, die trauern, sich oftmals allein fühlen, weil Menschen ihre Straßenseite wechseln, nur um selbst der Trauer des Anderen entgehen zu können. Wir haben oftmals nicht gelernt, mit unserer Trauer und dem Schmerz umzugehen.

Trauer braucht ihre eigene Zeit. Die muss man ihr geben. Gefühle lassen sich nicht verstecken. Sie wollen raus. Trauernde sind dünnhäutig. Manch einer fühlt: Wut, Verzweiflung, Trauer, Einsamkeit oder Hilflosigkeit. Damit kann man umgehen lernen. Auch um weiterleben zu können; gereift weiterleben.

In meinem Herzen, das grundsätzlich fröhlich schlägt, hat die Trauer mittlerweilen ihren festen Platz. Damit kann ich gut leben. In der Gesprächsgruppe überlegen wir, wie wohl unser nächster Schritt, den wir machen werden, aussehen wird. Jeder Schritt wird anders. Gleich ist: Das Leben geht weiter. Das Leben will gelebt werden: in Dortmund auf dem Kirchentag und die Zeit darüber hinaus.

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