TV-Tipp: "Erzgebirgskrimi: Wintermord"

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1. März, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Erzgebirgskrimi: Wintermord"
Eine vielschichtige Geschichte mit namhaftem Ensemble. Der elfte "Erzgebirgskrimi" beeindruckt außerdem durch eine sehr sorgfältige Bildgestaltung.

Der typische Nussknacker, oft ein Soldat oder ein Polizist, zeichnet sich neben seinem großen Mundwerk auch durch eine grimmige Miene aus: als wolle er die Nüsse schon mit seiner Mimik das Fürchten lehren. Die finstere Entschlossenheit, so erzählt es zumindest dieser Krimi, galt jedoch ebenso wie die im Erzgebirge erfundenen Räuchermännchen bösen Geistern. Dem älteren Herrn, der eine ganze Sammlung solcher Figuren sein Eigen nennt, hat das allerdings nichts genutzt; doch das verrät das Drehbuch von Produzent Rainer Jahreis und Regisseur Tim Trageser erst später. 

Zunächst geht es in diesem elften "Erzgebirgskrimi" vor allem um sogenannte Win-Win-Situationen: Die Wintersportgebiete am Fichtelberg in Oberwiesenthal und am Keilberg in Tschechien sollen durch eine Skischaukel verbunden werden. Hotelier Schütz (Harald Windisch) ist Feuer und Flamme für das Projekt, aber wie stets in solchen Geschichten gibt es auch Gegenstimmen. Erfahrungsgemäß löst Geld viele Probleme, und deshalb sollte Franz Kofler (Leo Reisinger), Mitarbeiter einer Tiroler Liftgesellschaft, dem Nussknackersammler Lieberwirth ein Angebot machen, das der alte Mann nicht ablehnen kann. Ihm ein gehört ein Waldstück, das für den Bau der Sklilift-Anlage unverzichtbar ist. Er lebt in einem einsam gelegenen Haus, das von außen einer Festung und von innen einem Schloss gleicht, aber vor Kurzem hat seine Sammlung Gesellschaft bekommen.

Corinne (Nora Waldstätten) steht in der Bar von Schütz hinter der Theke, hat sich die Sorgen des Mannes angehört, der ihr Großvater sein könnte, und sich schließlich getreu ihrer Devise "Das Leben ist ein Geben und Nehmen" auf eine sehr spezielle vermögensbildende Maßnahme eingelassen: Er darf sich mit ihr schmücken, sie muss sich um ihre Zukunft keine Sorgen mehr machen. 

So weit das Drama. Zum Krimi wird die Geschichte, weil Lieberwirth von einem Jagdausflug nicht heimgekehrt ist und Kofler seinen Auftrag nicht mehr zu Ende führen kann: Allem Anschein nach ist er mit seinem Wagen nachts von der einsamen Landstraße abgekommen und in eine Schneewehe geraten. Dabei hat er das Bewusstsein verloren und ist schließlich erfroren. In Wirklichkeit hat sich der Hergang natürlich ganz anders zugetragen, wie die rechtsmedizinische Untersuchung prompt ergibt. Im Camp einer aktivistischen Gruppe, die das Waldstück besetzt und auch schon Schneekanonen sabotiert hat, findet sich ein Plakat mit Koflers Konterfei im Fadenkreuz. 

Kriminalkommissarin Karina Szabo (Lara Mandoki) glaubt trotzdem nicht, dass die jungen Männer und Frauen was mit dem Mord zu tun haben. Ihr Chef sieht das ähnlich, wenn auch aus einem anderen Grund, und selbstredend ist es kein Zufall, dass die Rechtsmedizinerin (Masha Tokareva) während der Arbeit die Tschaikowski-Oper "Die Zauberin" hört. In dem Werk, klärt sie Hauptkommissar Winkler (Kai Scheve) auf, gehe es um große Gefühle sowie darum, "was Liebe und Eifersucht mit uns macht", und nun kommt eine dritte Ebene ins Spiel: Der Beziehungsstatus zwischen dem Polizistin und Saskia Bergelt (Teresa Weißbach) ist nach wie vor ungeklärt. Winkler hat einige Monate lang nichts von sich hören lassen, deshalb lässt sich die Försterin auf einen Flirt mit ihrer in die Heimat zurückgekehrten Jugendliebe ein. Eric Weber (Hannes Wegener) arbeitet für Schütz und ist in jungen Jahren einige Male mit dem Gesetz in Konflikt geraten.

Prompt konzentriert Winkler seine Ermittlungen auf den Nebenbuhler, sehr zum Missfallen der Kollegin, die ihn völlig zu Recht für befangen hält. Sie selbst findet derweil dank eines Buchs über die Sagenwelt des Erzgebirges heraus, dass Lieberwirth offenbar große Angst vor der Rache seiner toten Frau hat: Sie hat ihm auf dem Sterbebett das Versprechen abgenommen, nach ihrem Tod nicht mehr zu heiraten; dieses Wort hat er gebrochen. 

Abgesehen von der vielschichtigen Geschichte und dem namhaften Ensemble, zu dem auch Thomas Thieme als Saskias Onkel zählt, beeindruckt dieser elfte "Erzgebirgskrimi" durch eine sehr sorgfältige Bildgestaltung. Gerade die Aufnahmen bei Nacht und Nebel sind sehenswert. Tagsüber sorgt ein Blaugraustich für eine winterlich kühle Atmosphäre, die gut zur Handlung passt. Eine Rückblende, in der Kofler den begeisterten Einheimischen bei einer Präsentation seiner Pläne "goldene Landschaften" verspricht, haben Trageser und sein Kameramann Eckhard Jansen ins passende Licht gesetzt. Mit dem Ende, als ausgerechnet die Försterin den dramatischen Schlusspunkt setzt, wird die Handlung von "Wintermord" dem Opernstoff entsprechend endgültig zur Tragödie.