Liebe evangelisch.de-Nutzerinnen und Nutzer,
ein bisschen Organisatorsches vorab: Normalerweise erscheint mein Blog Samstag frühmorgens. Ich fange am Donnerstag damit an und schreibe es Freitag fertig, so dass es am Samstag online gehen kann. Nun war ich aber am vergangenen Donnerstag auf dem Social-Media-Tag der EKHN (#onewww) und hatte Freitag frei, deswegen kommt das Blog erst heute, am 1. Mai.
Was war nun die Frage meines Workshops? Die Frage war: Snapchat, Instagram, Periscope etc. - brauche ich das? Wer sich direkt die Präsentation mit den Beispiellinks anschauen will, kann sie hier öffnen:
Grundsätzlich gilt: Ausprobieren ist erste Christenpflicht! EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm hat es in seiner Grußbotschaft zur Tagung #onewww auch betont: Für die Kirche ist es selbstverständlich, Social-Media-Plattformen zu nutzen, um "all den Segen darzustellen, der aus unserem kirchlichen Handeln erwächst". "Die Kirche" heißt in dem Fall aber nicht nur kirchlich finanzierte Medien- und Öffentlichkeitsarbeit. Jeder von uns ist auch als Privatperson gefragt, sein Bild von Kirche auf diesen Plattformen darzustellen. Dafür sind nicht nur Facebook und Twitter geeignet. Neben den beiden großen (und YouTube, aber das bringt seine ganz eigenen Herausforderungen mit) gibt es auch noch eine Handvoll kleine Plattformen, die interessante Ausdrucksformen und -möglichkeiten bieten.
Ob man sich auf diesen Plattformen registriert, entscheidet sich in der Regel aus zwei Gründen: Entweder aus Neugier, z.B. weil eine Freundin von postiiven Erfahrungen berichtet, oder um ein spezfisches Problem zu lösen, normalerweise ein kommunikatives. Beispiele: Ein Fotograf aus der Gemeinde schwärmt von Instagram, und man will sich das selbst mal angucken, braucht dafür aber einen Account. Oder. Die Enkelin geht für ein halbes Jahr ins Ausland und berichtet über ihre Erfahrungen nur auf Facebook. Oder: Für eine Konfirmanden-Gruppe braucht man eine gemeinsame Plattform, um Termine und Ideen zu koordinieren, und macht das über WhatsApp oder eine Facebook-Gruppe.
Wenn ihr einfach nur für euch selbst ausprobieren wollt, was Apps und Plattformen wie Snapchat oder Instagram können, dann nehmt euer Smartphone, macht euch einen Account und legt los. Ich empfehle dafür, sich entweder die Bedienung der Apps einmal zeigen zu lassen oder im Internet nachzuschauen - gerade für Snapchat, das nicht besonders eingängig ist, gibt es einige YouTube-Videos (z.B. hier, hier und hier).
Wenn ihr aber ein spezifisches Problem lösen wollt oder eine besondere Kommunikationsaufgabe vorhabt, gibt es dafür eine Methode, mit der ihr erstens rauskriegen könnt, welche Plattform euch dabei helfen können, und zweitens überprüfen, ob es funktioniert. Die Methode heißt "Design Thinking". (Eine Übersicht dazu findet ihr hier, einen ausführlichen Fachartikel hier.) Das Prinzip hinter "Design Thinking" ist, Ideen aus der Beobachtung der Nutzer zu entwickeln und dann an ihren Bedürfnissen orientiert umzusetzen. Das funktioniert nur eingeschränkt, wenn die Idee von außen oder von oben vorgegeben ist, aber auch dann kann man sich für die Umsetzung an den Bedürfnissen der Nutzerinnen orientieren.
Wie funktioniert das? "Design Thinking" in Reinform hat sechs Schritte: Verstehen -> Beobachten -> Synthese -> Idee entwickeln -> Prototyp bauen -> Testen -> und wieder von vorne. Das bedeutet, dass man erst versteht, was Nutzer brauchen, sie dabei beobachtet, was sie bisher tun, daraus eine Idee entwickelt und umsetzt und eine erste, zweite, dritte Fassung dann gemeinsam testet. Viele Menschen gehen ohnehin so vor, wenn sie ein Problem lösen sollen.
Bei der Bewertung, ob für euch eine Social-Media-Plattform sinnvoll ist, kann das auch helfen. Ein Beispiel: Ihr wollt die Renovierungen an eurem Gemeindehaus dokumentieren und allen Gemeindemitgliedern zeigen, wie es voran geht. Dafür müsst ihr dann zuerst verstehen, wie eure Gemeinde normalerweise über besondere Entwicklungen informiert wird (Gemeindebrief, Homepage, Schaukasten?). Ihr müsst beobachten, ob und wie Menschen diese Medien tatsächlich nutzen. Dazu trefft ihr euch am besten mit einigen, verschiedenen Menschen, fragt sie danach und unterhält sich mit ihnen darüber. Die Synthese bedeutet, dass ihr euch im Team gemeinsam zusammensetzt und die Ergebnisse aus den ersten Schritten zusammenträgt. Das Ziel dieses Schrittes ist, dass alle Beteiligten an einem Projekt hinterher auf dem gleichen Stand sind. Die Idee entwickelt ihr dann gemeinsam, indem ihr eure Gedanken zusammentragt, am besten für alle sichtbar aufschreibt und euch einigt, was ihr ausprobieren wollt. Dabei versucht ihr, die Bedürfnisse und das bekannte Informationsverhalten der anderen Gemeindemitglieder mit aufzunehmen.
Wie sieht das konkret aus?
Erscheint euer Gemeindebrief in längeren Abständen, als die Renovierung dauert? Dann müsste der Baufortschritt auch anderswo gezeigt werden. Habt ihr zum Beispiel erfahren, dass die Konfirmanden euren Gemeindebrief nicht lesen, aber wollt sie auch über die Bauarbeiten informieren? Dann wäre eine digitale Plattform gut. Reicht ein regelmäßiges Update als Text oder wollen eure Gemeindemitglieder den Baufortschritt in Fotos sehen? Gibt es überhaupt Arbeiten, die sich gut fotografieren lassen und nicht nur eine neue Abdichtung im Keller? Dann könnte eine bildstarke Plattform wie Instragram oder Pinterest gut sein. Habt ihr sowieso schon eine gut laufende Homepage? Dann reicht es vielleicht auch, dort regelmäßig Bilder einzustellen. Daraus entsteht der Auftrag, einen Prototypen aufzusetzen. Eine/r von euch, oder vielleicht auch eine Konfirmandengruppe als Projekt, muss dann einen Account auf der Plattform eurer Wahl erstellen, oder eine Seite für den Gemeindebrief gestalten, oder eine Fotowand im Schaukasten - oder alles davon, je nachdem, was ihr euch als Idee überlegt habt.
Dieser Prototyp wird dann getestet. Das heißt dann, sich anzuschauen, ob und wie die verschiedenen Varianten tatsächlich genutzt werden. Dann redet ihr wieder mit verschiedenen Gemeindemitgliedern (verstehen -> beobachten), und beim nächsten Mal (nächster Monat/nächster Bauabschnitt/nächster Gemeindebrief, je nach dem für welchen Zeitraum ihr euch entschieden habt) setzt ihr euch zusammen und überlegt (-> Synthese), welche dieser Vorschläge als Idee in die nächste Variante des Prototyps eingebaut werden sollen. In diesem Beispiel: Waren die Bilder zu klein? Zu wenig? Zu dunkel? Konnte man erkennen, was passiert? Muss mehr Texterklärung dazu? Wollen die Nutzer mehr oder weniger wissen und sehen? Fehlt noch ein Update durch die Pfarrerin? Soll der Zeitplan immer mit dazu gezeigt oder beschrieben werden? Hat sich auf Instagram niemand die Bilder angeschaut, oder gab es viele Reaktionen, so dass ihr mehr machen wollt? Und immer so weiter, bis ihr entweder mit den Rückmeldungen zufrieden seid und nichts mehr ändern müsst, oder bis das Projekt vorbei ist.
Das klingt vielleicht etwas umständlich, aber die einzelnen Schritte könnt ihr so aufwändig gestalten, wie es euch hilft. Wichtig ist nur, dass ihr das Prinzip beachtet: Über eure Ideen müsst ihr mit einigen Menschen reden, die das Ergebnis nutzen, und eure Idee entsprechend anpassen. Das muss nicht immer zu digitalen oder Social-Media-Lösungen führen! Aber wenn ihr solche Möglichkeiten mitdenkt, könnt ihr euer Ziel vielleicht besser erreichen. Dazu müsst ihr die Plattformen natürlich kennenlernen, entweder indem ihr eure Konfis fragt, von denen sicher einige überall unterwegs sind, oder einfach selbst ausprobiert.
Für "Design Thinking" muss man sich darauf einlassen, die eigenen Ideen ständig weiterzudenken und auch zugeben können, dass die erste Idee keine gute war, wenn sich das ergibt. Das Schöne ist aber, dass "Design Thinking" auch in langen Abständen funktioniert - wenn ihr also das nächste ähnliche Projekt startet, könnt ihr das vorherige Projekt als den Test-Schritt betrachten und gemeinsam überlegen, was damals funktioniert hat und was nicht und was ihr deshalb diesmal anders machen wollt. Selbst wenn ein Jahr dazwischen liegt, zum Beispiel von Adventskalender zu Adventskalender.
MIt evangelisch.de sind wir seit neuestem übrigens neben Facebook und Twitter auch auf Instagram. Das ist unser Prototyp, den wir jetzt testen - wer uns in den nächsten Wochen für den nächsten Schritt dabei Tipps geben möchte, ist herzlich eingeladen.
Ich wünsche ich euch und Ihnen ein gesegnetes Wochenende!
(P.S.: Am Freitag, 6. Mai, nach Himmelfahrt wird es keinen Blogeintrag von mir geben, aber danach bin ich wieder im Rhythmus. Ich wünsche allen, die den Brückentag frei haben, ebenfalls eine gute Zeit!)
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Ich werfe immer am Samstag an dieser Stelle einen Blick auf die vergangene Woche und beantworte außerdem Ihre Fragen zu evangelisch.de, so gut ich kann. Ich wünsche euch und Ihnen einen gesegneten Start ins Wochenende!