Liebe ist eine Form von Klugheit

Liebe ist eine Form von Klugheit
Uli Deppendorf is back in the house, und zwar mit einer Forderung nach einem öffentlich-rechtlichen Nachrichtenkanal. Außerdem: Abwarten ist in einer Breaking-News-Situation möglicherweise keine Alternative; Journalisten sollten den Krieg in Afghanistan nicht aus dem Blick verlieren; bei You Tube gibt es auch Bildungsfernsehen. Überraschungsgäste heute: die Sängerinnen Tracey Thorn und Rihanna (aus unterschiedlichen Gründen).

Es scheint langsam in Mode zu kommen: Wenn langjährige öffentlich-rechtliche Angestellte bei den Sendern, mit denen man sie verbindet, nicht mehr in Amt und Würden sind, warten sie mit kritischen Äußerungen zu ihren früheren Arbeitgebern auf, die man nicht von ihnen vernommen hat, als sie noch mittendrin waren [Update, 15 Uhr: Unser sehr treuer Leser Christian Coulin betont in einer Mail, dass es nicht in Mode zu kommen scheint, sondern schon lange Mode ist]. Das klingt dann mal im Prinzip vernünftig (wie bei einer früheren ARD-Fernsehfilmverantwortlichen, siehe Altpapier), mal eher nach Aluhut (wie bei einem früheren ZDF-Moderator, siehe hier und hier). Neu in dieser speziellen medienkritischen Bütt: Ulrich Deppendorf. Etwas mehr als ein Jahr, nachdem er in den Ruhestand gegangen ist, meldet sich der frühere ARD-Hauptstadtstudiochef bei Twitter folgendermaßen zu Wort:

„Tagesschau24 oder Phoenix müssen endlich 24hNews Channel werden!! Linear, digital und online!!“

Mit ihm über diese Forderung gesprochen haben der Tagesspiegel sowie Daniel Bouhs in einem Audio-Interview. Gegenüber Bouhs muss Deppendorf dann natürlich gleich betonen, er fordere das nicht erst seit Neuem, sondern schon „seit längerer Zeit“, er habe das bisher allerdings „intern“ getan. Schon klar, Digger! Für Deppendorf gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine lautet, Phoenix „auszubauen“. Und „wenn das ZDF bei Phoenix nicht mitmacht, dann muss die ARD es bei Tagesschau 24 alleine machen“, sagt er im Tagesspiegel. Der zitiert Deppendorf im Weiteren so:

„Bei ‚ARD-aktuell‘ im Hamburg gebe es für einen 24h-Nachrichtenkanal die Kompetenz und die Kapazitäten, die natürlich noch ausgebaut werden müssten. Dafür müsse Geld in die Hand genommen werden – ‚aber keine Riesensummen‘. Ulrich Deppendorf sagte zudem, er glaube nicht an den Widerstand der Rundfunkpolitik gegen einen öffentlich-rechtlichen Nachrichtenkanal. ‚Schauen Sie sich doch unsere Nachbarn an: Großbritannien, Frankreich, Russland, alles Länder mit Nachrichtenkanälen – nur in Deutschland gibt es dieses Programm nicht.‘“

Beziehungsweise: In Spanien, Italien und Polen gebe es solche Sender ja auch, wie er gegenüber Daniel Bouhs sagt.

Der Unterschied zwischen Phoenix und Tagesschau 24 besteht ja darin, dass der von ARD und ZDF gemeinsam betriebene „Ereigniskanal“ ein erkennbares Konzept hat (über das man im Detail natürlich streiten kann), während es für die Existenz von Tagesschau 24 keinen inhaltlichen Grund gibt. Den Kanal gibt es nur aus ARD-internen machtpolitischen Gründen, er ist ein Zugeständnis an den einflussreichen NDR, der für Tagesschau 24 zuständig ist. Was natürlich eine tendenziell gemeine Zuspitzung ist - und keine Kritik an den Kollegen, die Beiträge fürs Programm liefern.

Brauchen wir einen öffentlich-rechtlichen 24-Stunden-Nachrichtensender?“, fragte die taz im Übrigen schon im November. „Wir denken über andere Lösungen nach, gerade für Nachrichtenlagen, wie wir sie am Wochenende hatten“,  sagt zu dem Thema jetzt Kai Gniffke, der Chefredakteur von „ARD aktuell“, laut dem bereits zitierten Tagesspiegel-Text. 

Den Mann, der für vieles, was derzeit kritisiert wird, direkt verantwortlich ist, hat Ursula Scheer für die heutige FAZ-Medienseite interviewt, unter anderem geht es um die Frage, „ob die Berichterstattung über Terrorismus nicht noch zurückhaltender werden (müsste), weil schockierende Bilder im Sinne der Täter sind?“ Wobei man an dieser Stelle vielleicht noch das Problem des „globalen Werther-Effekts“ (Hajo Schumacher am Wochenende in der Berliner Morgenpost) mitdenken könnte, also dass „schockierende Bilder“ eben keineswegs für jedermann schockierend sind, sondern für potenzielle Täter, nicht zuletzt Einzeltäter, möglicherweise motivierend.

Gniffke dazu:

„Wir müssen unsere gesamte Terrorberichterstattung meiner Ansicht nach grundlegend überdenken und kritisch hinterfragen (…) Bis vor einiger Zeit hatten wir noch große Angst, dass Terroristen unsere Sender besetzen könnten. Heute denken wir: Die werden einen Teufel tun. Weil Nachrichtenredaktionen über terroristische Anschläge sowieso berichten.“

Woraus sich wiederum folgender Dialog ergibt:

Besetzen braucht ohnehin niemand mehr Fernsehsender, weil dank Facebook Live und Periscope jeder seinen eigenen Fernsehsender in der Tasche trägt. Dass sie das staatliche Fernsehen besetzten, hat den Putschisten in der Türkei nicht geholfen: Erdogan war trotzdem auf Sendung, über Videotelefonie, per Twitter und SMS.“

„Das zeigt, dass wir diese Kommunikationstechniken immer mitdenken müssen. Auch das Fernsehen nutzt sie ja. Aber es zeigt auch, was die Funktion von Journalismus in Abgrenzung zu den sozialen Medien sein muss: zu verifizieren, zu recherchieren, einzuordnen und auszuwählen.“

An dieser Stelle blenden wir mal kurz rüber zu Carta, wo Christian Neuner-Duttenhofer fragt:

„Können sich die Medienmaschinen wirklich zurückziehen auf die vornehme Funktion, einzuordnen (was vielleicht gar nicht einzuordnen ist) und erst dann zu berichten, wenn es einen ‚Überblick‘ gibt (wo es eventuell einfach nichts zu überblicken gibt)? Müssen sich Schnelligkeit und Qualität denn überhaupt widersprechen? Ist die angebliche Dichotomie zwischen Abwarten und mangelnder Seriosität nicht schlichtweg irreführend?“

Der Carta-Mann sieht es also etwas anders, als es der Ex-Carta-Mann Wolfgang Michal in seinem bereits einen Heiratsantrag nach sich ziehenden Text über das „Dilemma der vorschnellen Berichterstattung“ gerade formuliert hat (siehe Altpapier von Montag). Neuner-Duttenhofer wirft im Übrigen auch noch en passant die Frage auf, „ob ein Teil der astronomischen Summen, die ARD und ZDF für die EM ausgaben, nicht auch dem Bereich von Information und Nachrichten gut tun würde“.

[+++] Wie ist es Jan Fleischhauer, dem Stellvertreter Gerhard Löwenthals auf Erden, am vergangenen Freitagabend bei der öffentlich-rechtlichen Putschversuchs-Berichterstattung ergangen? „Eine Art Nachrichten-Zuckerschock“ habe er nicht erlitten. Des weiteren schreibt er in seiner Spiegel-Online-Kolumne:

„Man muss kein Nachrichtenjunkie sein, um bei der Kombination von ‚Erdogan‘ und ‚Putsch‘ ein Bedürfnis nach mehr Information zu haben, finde ich.“ 

Schließlich ist der Türke ja kein Neger, wie es eine Olli-Dittrich-Kunstfigur vielleicht formuliert hätte. Fleischhauer, der leider keine Kunstfigur ist, formuliert es etwas anders: 

„Die Türkei ist ja keine afrikanische Dschungeldiktatur, bei der man es achselzuckend hinnimmt, wenn die Generalität die Panzer in Marsch setzt.“ 

Stefan Niggemeier hat sich derweil für Übermedien mit der aktuellen Türkei-Berichterstattung von n-tv befasst - wobei ihm aufgefallen ist, „dass die Nachrichten des RTL-Tochtersenders scheinbar live geführte Schaltgespräche als Aufzeichnung zeigen“.

[+++] Blenden wir an dieser Stelle mal kurz zurück zu zwei Artikeln, die auf den ersten Blick nicht auf der tagesaktuellen Höhe der Zeit sind. Tracey Thorn - ihre Stimme dürfte jeder Altpapier-Leser, jedenfalls dank dieses Songs, kennen, ihr journalistisches Wirken dagegen ist hier zu Lande wohl weniger bekannt - hat in einer Kolumne für den New Statesman in der vergangen Woche bemerkt:

„Twitter is the home of the self-styled expert (...) Twitter is also full of people who love a panic, or the sound of their own voice, and neither type is any good for me.“

Die Redaktion hat dazu folgenden Vorspann gezimmert:

„Everyone’s an expert, everyone’s on edge . . . and we’ve all gone slightly mad.“

Der Text ist vor dem Massenmord von Nizza und vor dem Putschversuch in der Türkei entstanden, aber die Kernaussage klingt aktueller denn je. Bei mir trifft Thorns Text einen Nerv, weil mich in Breaking-News-Situationen mindestens so sehr wie inhaltsleere oder falsche Meldungen mittlerweile die Couch Potatoes der Weltpolitikbetrachtung stören, die „self-styled experts“ also, die in der Frühphase eines Ereignisses schon Analysen in 140 Zeichen parat haben.

Nach dem Massenmord von Nizza, aber vor dem Putschversuch in der Türkei ist wiederum eine Kolumne James Warrens, des „Chief Media Writers“ von Poynter, erschienen, die in einer bei Vanity Fair publizierten Version folgenden Vorspann hat:

„With a new horror every other week, it’s become a challenge to keep focus on anything at all.“

Die „daily summary of all the media news you need to know“, die Warren für Poynter zusammenstellt (hier die aktuelle Ausgabe), gehört übrigens zu den wenigen entfernt Verwandten des Altpapiers. Das Altpapier hat ja ohnehin nur entfernt Verwandte, keine direkten.

Wenn es bereits eine Herausforderung darstellt, sich überhaupt auf ein Thema zu konzentrieren, wie Warren bemerkt, dann ist die Gefahr, dass darunter vernachlässigte Themen besonders zu leiden haben, natürlich nicht gering.

„Last week, President Barack Obama announced he would prolong the nation’s presence into the country well into 2017 with 8,400 troops expected to remain by the time he leaves office. The news didn’t make front pages, but for Andrew Quilty, who’s been photographing the conflict from Kabul for the past three years, the world’s attention is essential."

So führt Time in ein Interview mit dem Fotografen Andrew Quilty ein, der aus der afghanischen Region Helmand berichtet. Er sagt:

„Like much of the country, Helmand is becoming increasingly risky to travel to, especially outside the provincial capital. This, combined with the gradual decrease in interest in Afghanistan, means that very few journalists are traveling outside Kabul, to places like Helmand, even compared to one or two years ago. There are a number of reasons for this, but the main one, I believe, is that news organizations rarely think the demand for information from these places justifies the risk of commissioning reporting anymore. On the one hand, I understand that the proximity/empathy scale that news organizations work off no longer warrants the risks that, in the case of Afghanistan, were routinely taken when over 100,000 American soldiers were here. On the other hand, having been in Afghanistan a few years now, I feel somewhat responsible for pushing out information so that the international community doesn’t forget about it. Despite arguably good intentions, the 14-year international intervention in Afghanistan has been largely disastrous for all involved.“ 

[+++] Wie ticken Journalisten? Das möchte man ja in vielen, vielen Einzelfällten lieber nicht wissen, zum Beispiel im Fall eines nicht namentlich genannten MDR-Mannes, von dem Matthias Oloew, der Unternehmenssprecher der Berliner Bäder, im Gespräch Formulierungen vernommen hat wie „So, Herr Oloew, dann erzählen Sie mal. Bei ihnen werden doch Frauen vergewaltigt“ oder „Nehmen Sie mich bitte in den Verteiler für Vergewaltigungen auf.“ Berichtet hat Oloew dies in einem von Spiegel Online republizierten Übermedien-Interview. Der Anlass:

„Kann man noch in Ruhe ins Schwimmbad gehen? Ohne dass gleich irgendwer über einen herfällt, zum Beispiel ein, naja, Flüchtling? Das sind Fragen, die seit Wochen durch die Medien wabern.“

Boris Rosenkranz’ Gespräch mit Oloew beginnt so:

„Herr Oloew, gibt es Fälle von Vergewaltigungen in Berliner Bädern?“

„Nein.“

„Sexueller Missbrauch?“

„Ein Fall in 2015.“

Damit und auch im Folgenden sagt Oloew Ähnliches wie der Vorstandschef der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen Ende März in der Welt oder die Sprecherin der Kölner Bäder im April dem WDR. Weil Oloew früher Redakteur beim Tagesspiegel war, sagt er aber auch noch etwas mehr, und zwar in Richtung seiner früheren Kollegen:

„Ich glaube, je länger die Menschen mit Sozialen Medien leben, desto mehr werden sie lernen, dass da auch eine Menge Blödsinn verbreitet wird. Deshalb sage ich (…) Bloggern und Journalisten (…): Wollt ihr wissen, was war, ruft mich doch einfach kurz an. Das Erstaunliche ist bloß: Es rufen immer weniger an. Man verlässt sich eher auf das, was in Sozialen Medien steht, weil die Geschichte ja so gut ist. Statt sie sich von mindestens zwei unabhängigen Quellen bestätigen zu lassen.“

Wer der eingangs dieses Abschnitts erwähnte MDR-Kollege ist, lässt sich im Übrigen wahrscheinlich leicht herausfinden.

[+++] Um eine gerade eben gestellte Frage abzuwandeln: Wie ticken Wirtschaftsjournalisten? Das zu wissen, ist möglicherweise hilfreich, wenn man erklären will, wie der „verbreitete Aberglaube, die Union habe die mit Abstand größte ‚Wirtschaftskompetenz‘“ zustande kommt? Damit befasst sich ND-Chefredakteur Tom Strohschneider im Oxi-Blog. Er schreibt:

„Vielleicht hängt der (Aberglaube) mit etwas zusammen, was man ‚strukturelle Dauerverstärkung einer herrschaftskonformen Erzählung‘ nennen könnte: Die, die über ‚die Wirtschaft‘ schreiben und damit den Sound der öffentlichen Diskussion über ‚die Wirtschaft‘ als ‚Experten‘ prägen, formatieren auch die allgemeine Bewertung dessen, bei wem die ‚Wirtschaftskompetenz‘ zu liegen hat – Journalisten. Einer aktuellen Umfrage des Wirtschaftsforschungsinstituts Doeblin zufolge sehen Wirtschaftsjournalisten die ‚Wirtschaftskompetenz‘ vor allem bei der Union, bei der Unternehmenslobby BDI und beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Bei den Politikern liegt das neoliberale Trio infernale Wolfgang Schäuble, Christian Lindner und Wolfgang Kubicki ganz vorn. Der eine ist das europaweite Aushängeschild für deutschen Exportnationalismus und Austeritätsdogmen; die anderen kommen aus einer Partei, die sich der Pflege der privaten Reichtumsmehrung der oberen Klassen verschrieben hat.“ 

Hier geht es zu einem PDF mit den Ergebnissen der Umfrage. Teilgenommen haben 200 Wirtschaftsjournalisten.


Altpapierkorb 

+++ Der Aufmacher im FAZ-Feuilleton: Dietmar Dath war in Frankfurt beim Rihanna-Konzert in dem Stadion, wo sonst die Eintracht spielt. Rihanna-Konzertberichte fallen normalerweise ja nicht in die Zuständigkeit des Altpapiers, dieser dann aber doch, weil Dath in seinem Text auch Medienkritik unterbringt: „Was macht man (…) als Glücksbotin, in Zeiten, die von allem Möglichen handeln, nur nicht von Glück? Als Künstlerin aus einem Elternhaus, das man nach den in Amerika amtlich gültigen Klassifikationsschemata ‚gemischtrassig‘ nennen würde? Als Frau auf Tournee, die vor zwei Tagen hätte in Nizza auftreten sollen, das aber nicht getan hat, weil etwas geschehen war, das den Spöttern in Amerika im rechten Fernsehsender Fox News den unfassbaren Hohn erlaubte: Na, Obama will doch immer Waffen verbieten, will er jetzt auch Lastwagen verbieten? Die öffentliche Stimmung hat in den Ländern, wo Fremde auf ihnen Fremde losgehen und mit Hetze Wahlkampf getrieben wird, die Schlimmes schlimmer reden will, psychopathische Züge angenommen. Was sagt eine Stimme der Sinnlichkeit, die ihre fünf Sinne beisammen hat, in so einem Moment auf der Bühne, zwischen zwei starken Stücken? Sie erinnert an Nizza, als wäre das einerseits schon historisch, lange her, andererseits jetzt Alltag. Sie bittet: Seid Diamanten, macht diese üble Welt heller, hebt eure Handys hoch. Lauter Sterne im Stadion. Alle singen zum Schluss, mit Rihanna, von Diamanten und von ‚Love on the Brain‘. Denn Hass ist eine Form von Dummheit, das wissen wir, aber man sollte nie vergessen: Liebe kann eine Form von Intelligenz sein – die Klugheit, die Glück schenkt.“ Dieser doo-wop-artige Song ist gemeint.

+++ „Psychopathische Züge“ (Dath) hat unter anderen Vorzeichen die Politik in der Politik angenommen. Ömer Erzeren, langjähriger Korrespondent der taz, schreibt ebd. über seine „Angst“: „Die große Säuberung scheint von langer Hand vorbereitet. Nicht nur im Militär. Haftbefehle gegen fast 3.000 Richter und Staatsanwälte. Fast 9.000 Beamte des Innenministeriums suspendiert. Journalisten, Universitäten, unliebsame Unternehmer werden die Nächsten sein. Zwanzig kritische Nachrichtenportale sind mittlerweile gesperrt. Es kursieren schon Listen mit den festzunehmenden linken Journalisten.“ Erzeren erwähnt auch, der Staat schicke „auf mein Handy Messages – mit der E-Mail-Adresse des Innenministeriums. Ich soll Leute auf Facebook und Twitter denunzieren."

+++ Viele deutsche Medienjournalisten weinen heute bitterlich, denn das von ihnen innig geliebte Unternehmen Netflix hat weniger Abonnenten hinzugewonnen als erwartet. Siehe dazu auf dpa-Meldungen basierende Texte bei faz.net und Wirtschaftswoche.

+++ Für den unwahrscheinlichen Fall, dass es Leser gibt, die eben das Auftauchen Rihannas in dieser Kolumne irritiert haben sollte, sei hiermit der Versuch unternommen, sei durch einen Verweis auf einen Beitrag aus dem SZ-Feuilleton zu besänftigen: Das berichtet über das letzte Konzert des SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, das nun mit dem zweiten Orchester des SWR, dem Radiosinfonieorchester Stuttgart, zusammengelegt wird. Die Debatte um die umstrittene Fusion läuft seit 2012. Die SZ schreibt: „Es ist das letzte Konzert eines Orchesters, das im Nachkriegsjahr 1946 aus den Überlebensresten des Baden-Badener Kurorchesters gegründet worden war und seitdem mit der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts verbunden war wie kein zweites (…) Ob sich die Fusionierung mit dem Radiosinfonieorchester Stuttgart ästhetisch und auf menschlicher Ebene vollendet, das werden erst die nächsten Spielzeiten zeigen. Für die beiden Orchester bedeutet sie ein Desaster, das viele verhindern wollten und das SWR-Intendant Peter Boudgoust dennoch durchgesetzt hat. In Freiburg wird die Fusion von vielen schlicht als feindliche Übernahme gelesen, da Stuttgart der neue Stammsitz wird. Viele Musiker haben Familie in Freiburg und müssen nun pendeln.“

+++ DJV-Sprecher Hendrik Zörner kommentiert im Blog der Journalistengewerkschaft den nach laaangen Verhandlungen zustande gekommenen Tarifvertrag für Zeit Online: „Am Ende stand ein Kompromiss, der vor allem eines bedeutet: die faktische Aufwertung der Onlinejournalisten.“ Im Interview, das meedia.de unter anderem zu diesem Thema mit den Zeit-Online-Geschäftsführern Rainer Esser und Christian Röpke geführt hat, sagt Letzterer: „Wir haben auch vereinbart, dass wir bei der 40-Stunden-Woche bleiben: Gerade das war für uns ein ganz wichtiger Faktor, weil es auch etwas mit unserer Wettbewerbsfähigkeit im Markt zu tun hat (…) Die Reduzierung der 40-Stunden-Woche (...) ist für uns aus heutiger Sicht absolut undenkbar. So richtig geilen Arbeitgeber-Betonkopfsound hätte man den Oberen eines liberalen Verlagshaus ja gar nicht zugetraut.

+++ "Schattenwelt BND", die heutige Arte-Dokumentation über den „tief in einer Vertrauenskrise“ (Pressetextformulierung) steckenden Geheimdienst findet Annette Ramelsberger (SZ) mäßig. „Lange Flure und viele sprechende Köpfe: Eine ARD-Dokumentation über den BND bringt nur wenig Licht ins Dunkel“, heißt es im Vorspann. Ramelsberger meint: „Der BND hat den Autoren einen relativ großen Spalt zu seiner Schattenwelt geöffnet. Aber offensichtlich waren für sie die Schatten viel interessanter als das, was es zu sehen gab“. Eine Blutgrätsche gegen von der SZ gern gedissten Erich Schmidt-Eenboom darf natürlich nicht fehlen. Der Film läuft am Mittwoch kommender Woche noch einmal in der ARD.

+++ Ebenfalls auf der SZ-Medienseite: ein Text über Bildungsfernsehen auf Youtube, vor allem am Beispiel des Münchener Kanals Kurzgesagt. Kathrin Hollmer zitiert in ihrem Artikel die Hamburger Medienwissenschaftlerin Joan Bleicher: „‚Das Angebot an Wissensvideos im Internet wird immer größer und differenziert sich immer mehr aus‘. Die einzelnen Videos könnten als Beiträge in einer Folge Sendung mit der Maus für Erwachsene laufen. ‚Das hat schon ProSieben mit Galileo versucht‘, sagt Bleicher. ‚Da setzt Youtube einen Trend fort, den das Fernsehen begonnen hat.‘“

Neues Altpapier gibt es wieder am Mittwoch.

weitere Blogs

In einer Kirche hängt links neben dem Altar ein Schild mit der dreisprachigen Aufschrift No pasar - Überholverbot - no passing
In Spanien gibt es ein Überholverbot am Altar.
G*tt ist Körper geworden. Was für eine Gedanke! Birgit Mattausch geht ihm nach.
Heute erscheint der sechste und vorerst letzte Beitrag unserer Themenreihe Polyamorie. Katharina Payk fragt: Wo kommt Polyamorie im Kontext von Kirche und Pfarrgemeinde vor?