Steigen wir heute mal mit einem Rätsel ein. Nach welcher Quelle klingt folgende Formulierung?
„Immer mehr Menschen verstehen Politik nur noch als das, was TV-News-Shows wie ‚Tagesthemen‘ und ‚Heute-Journal‘ davon zeigen. Aber was passiert, wenn diese Vermittlung nicht mehr hintergründig ist?“
Fast genau so, wenn auch im Kern ganz anders, ist der Online-Vorspann eines FAS-Textes formuliert, der am Montag hier bereits zitiert war und mittlerweile frei zugänglich ist. In der Druckversion lautete der Vorspann etwas anders („Was passiert eigentlich, wenn Leute Politik nur noch als das verstehen, was Satire-Shows davon zeigen?“).
Der Anlass, den Vorspann dieses Friederike-Haupt-Textes - der vor der „Infantilisierung der politischen Debatte“ durch „Heute-Show“, „extra3“ und „Neo Magazin Royale“ warnt - etwas abzuwandeln, ist eine längere Glosse in der Medienkorrespondenz, die sich mit „Tagesthemen“ und „Heute-Journal“ befasst, Sendungen, von denen wohlwollende Beobachter wahrscheinlich sagen würden, dass „alles, was an der Arbeit von Politikern mühsam, kompliziert, fein ziseliert ist“ (Haupt), dort zumindest hin und wieder vorkommt.
MK-Autor Justus Hashagen nimmt die Protagonisten der Sendung in der Blick, er beschreibt zum Beispiel „Claus und Gundula“, das „Dreamteam“ - und wie Claus den Stab an sie weitergibt:
„Meistens, indem er sagt: ‚Und nun zur Wirtschaft, die hat Gundula‘, was auch immer sie sonst noch hat. Und sie spielt dann meistens dieselbe wunderbare kleine Szene, dreht den Kopf zur Seite, hinein ins Frankfurter Parkett, auf dem der Kollege Frank Bethmann wartet, der offenbar von dort heimlich zugeschaut hat. Ihn fragt sie, die kühle Blonde, lakonisch wie der alte Tacitus: ‚Was bewegt die Börse? Frank, wie ist die Stimmung?‘ Der zögert mit seiner Analyse keine Sekunde: ‚Der Dax hat heute einen Satz gemacht, hat aber zum Börsenschluss wieder ins Minus gedreht.‘ Während ich noch überlege, was oder wer da gedreht hat, schiebt Frank seine Expertise nach: ‚Das ist nicht untypisch für den Dax. So ist er nun mal.‘ Das versteht jeder, ebenso wie bei Anja Kohl, die für ihre gehechelten Hauptsätze längst einen Grimme-Preis verdient hätte. ‚Frank Bethmann, danke‘, sagt Gundula mit einer leisen Schärfe im Ton, so, als wollte sie sagen: ‚Frank, mach keine Sachen! Lass das dem Dax nicht durch!‘“
Mit so einer Beschreibung lässt sich die zumindest partielle Inhalts- und Informationslosigkeit dieser Sendungen bzw. deren „lockere Krampfigkeit“ (Altpapier von Montag in einem anderen Kontext, nämlich Schöneberger/Echo) mindestens so gut auf den Punkt bringen wie mit einer auf Ernsthaftigkeit setzenden Analyse. Hashagen arbeitet mit humoristischen Mitteln heraus, dass in diesen Sendungen die Präsentatoren wichtiger sind als das, was sie präsentieren - einen Eindruck, den man ja teilweise auch in der Anfangsphase der Panama-Papers-Berichterstattung bekommen konnte, auch wenn das jetzt vielleicht ein bisschen ungerecht klingen mag.
Was Hashagen noch schreibt:
„Man könnte doch die politischen Stücke komplett ins Internet outsourcen. Sie sind doch nur der Schnee von morgen und viel zu kompliziert. Dann bliebe auch mehr Zeit für diese superauthentischen Beiträge mit den echten Passanteninterviews mit den eingeblendeten Namen. Da sagt der eine so und der andere so und ein dritter wieder so wie der erste. Und wissen Sie was: Unter den Dreien ist immer einer, bei dem ich spontan sagen möchte: Da ich bin ganz nah bei Ihnen! Wenn ich diese Menschen wie du und ich sehe, habe ich das Gefühl, ja, du bist in dieser Gesellschaft angekommen.“
[+++] Noch ein Rätsel: Wer hat folgenden Satz gesagt?
„Wir sollten die Angelegenheit möglichst niedrig hängen.“
Zitiert hat ihn die Neue Osnabrücker Zeitung, und gesagt hat ihn der ZDF-Fernsehratsvorsitzende Rupert Polenz (CDU). Um die „Böhmermann-Affäre“ (NOZ) geht‘s. Der Vorschlag klingt doch etwas übertrieben, denn „niedrig“ hängt die „Angelegenheit“ ja zumindest insofern, als Reiner Calmund, Uwe Seeler und Silvie Meis sich bisher noch nicht dazu geäußert haben.
Ansonsten kann man natürlich durchaus von einem „Getöse“ (Michael Hanfeld) sprechen, und möglicherweise tost es sogar in den Fraktionen des Bundestags.
„Hinter diesem Getöse verschwindet Erdogan und verschwindet, was er so anrichtet, dahinter verschwindet einfach alles, so ähnlich wie es bei der Scharade ‚Varoufake‘ auch war“,
schreibt Hanfeld bei faz.net jedenfalls, obwohl er, indem er sich über das Getöse beklagt, selbst auch zum Getöse beiträgt, aber in diese Falle tappen wir ja alle immer wieder.
An einem anderen FAZ-Artikel fällt auf, wie Böhmermann dort tituliert wird, als „der neue Hofnarr der Bundesregierung, der mit seinen Puppenspielertricks längst mit am großen politischen Rad dreht“, der Merkel „das Messer auf die Brust setzt“ bzw. „die Gretchenfrage stellt“. Später bezeichnet Autor Oliver Georgi Böhmermann dann noch als „unflätigen Hofnarr“.
Der Text stilisiert Böhmermann zu einem großen Taktiker, der nicht nur vieles, was passieren würde, voraus gesehen hat, sondern alles. Der Artikel entstand zwar, bevor bekannt wurde, dass er unter Polizeischutz steht, aber den genannten Eindruck zu erwecken, war auch vorher schon irrwitzig.
Vor allem scheint aus dem Beitrag Neid und Ärger darüber zu sprechen, dass der „unflätige Hofnarr“ eine Wirkung erzielt hat, die FAZ-Redakteure nicht oder nicht mehr zu erzielen vermögen. An dieser Stelle schalten wir mal kurz rüber zu Deutschlandradio Kultur, wo Giovanni di Lorenzo gesagt hat:
„Böhmermann ist etwas gelungen, was in vielen Leitartikeln, Interviews und Reportagen nicht gelungen ist – nämlich überall sichtbar zu machen, was für ein Mensch Erdogan ist."
Was sagen juristische Fachleute gerade so?
„Von Sprenger sagte zu dem zivilrechtlichen Schritt Erdogans, dass der Moderator eine Strafe bekommen solle, ‚die erforderlich ist, ihn auf den rechten Weg zurückzubringen.‘“
Der Zitierte heißt mit Vornamen Hubertus und vertritt Erdogan zivilrechtlich (dpa/FR).
Im Verfassungsblog begründet Alexander Thiele, warum
„die Bundesregierung verfassungsrechtlich gehalten (ist), die Ermächtigung zur Strafverfolgung zu verweigern“.
Zu sprechen kommt Thiele auch auf den „quasiedukatorischen Gesamtkontext", in den das Erdogan-Gedicht eingebettet war. Er ordnet dieses Vorgehen folgendermaßen ein:
„In dieser Form ist Schmähkritik – soweit ersichtlich – jedenfalls (noch) nicht vorgetragen worden.“
Dem widerspricht Christian Y. Schmidt, Ex-Redakteur der Titanic. Er weist bei den Prinzessinnenreportern darauf hin, dass das Satiremagazin vor 23 Jahren Fotomontagen mit Björn Engholm ähnlich eingebettet habe.
Heribert Prantl gibt uns auf der SZ-Meinungsseite einen Einblick in den gerichtlichen Umgang mit Beleidigungen:
„Die Abläufe bei der Justiz (sind) anders als in der Politik: Erstens sind die Gerichte unabhängig, zweitens sind sie nicht so unter Zeitdruck. Es muss nun erst einmal geprüft werden, ob die Sache überhaupt zu einer Anklage reicht; und wenn der Staatsanwalt das meint, heißt das noch lange nicht, dass vor Gericht auch eine Verurteilung herauskommt. Und selbst dann, wenn in der ersten Instanz verurteilt wird – in höheren Instanzen wird aus Emotion Rationalität. So war es etwa vor ein paar Jahren, als der Zeit-Herausgeber Michael Naumann in erster Instanz vom Amtsgericht wegen Beleidigung des Berliner Generalstaatsanwalts Karge zu einer Geldstrafe von 9000 Euro verurteilt wurde. In zweiter Instanz wurde das Verfahren dann eingestellt. Die Justiz bringt, gerade bei hitzigen Beleidigungsangelegenheiten, Ruhe in die Sache.“
OMG, Ruhe? Rationalität? Droht uns das wirklich? Zur erwähnten Naumann-Sache mehr hier.
Beim Online-Ableger der SZ ist zu lesen:
„Die Causa Böhmermann zeigt auch, dass wir auf (...) diese globalen Empörungsepidemien noch nicht vorbereitet sind.“
Äh, global?
„Das Erdogan-Gedicht von Jan Böhmermann spielt in den türkischen Medien eine sehr viel kleinere Rolle als in Deutschland“,
weiß die Berliner Morgenpost. Dass es in amerikanischen, armenischen und äquatorialguineischen Medien eine noch kleinere Rolle spielt, ist zu vermuten.
Bei den Reaktionen auf Böhmermanns Wirken in letzter Zeit - auch die imho seltsamen auf „Be deutsch“ (siehe wiederum Altpapier von Montag) - ist Wolfgang Michal Folgendes aufgefallen:
„Auf der einen Seite Böhmermanns hinterfotziger (aber vielleicht schon veralteter) Harald-Schmidt-Humor, den vor allem ältere Männer wie Nils Minkmar, Edo Reents, Hilmar Klute, Eric Jarosinski, Martin Sonneborn, Didi Hallervorden oder Mathias Döpfner (aus ganz unterschiedlichen Gründen) verteidigen, auf der anderen Seite verständnislose, ja zornige Reaktionen aus dem Netz, die ich in dieser Schärfe und von diesen Leuten nicht erwartet hätte.“
Wobei mit „dem Netz“ mittelalte Männer (Sascha Lobo) und Frauen gemeint sind.
Die beste Zusammenfassung des großes Getöses findet sich im ersten Eintrag des „Debatten-ABCs“ von Doris Akrap in der taz:
„A wie Aufmerksamkeit: ist alles, was Böhmermann will. Alle anderen, die sich zu Böhmermann äußern, tun das nur, weil das, was sie sagen, wichtig ist.“
Hübsch auch:
„M wie Merkel: hat DDR, Wiedervereinigung, Rostock-Lichtenhagen, Finanzkrise, NSA-Affäre und die größte Flüchtlingsbewegung seit WKII überlebt. Stürzt evtl. über einen Satiriker.“
Der letzte Satz bezieht sich wiederum auf diesen Superhit von Spiegel Online.
Beim Buchstaben Z kam Akrap um „Ziegenficker“ natürlich nicht herum. Ich hätte mich wahrscheinlich für „Zwickmühle“ entschieden, und zwar deshalb.
[+++] Der Begriff „Zwickmühle“ ist in diesen Tagen so unerträglich wie es jeden Tag „am Ende des Tages" ist - womit wir bei einem anderen Themen bzw. bei einer FAZ-Feuilleton-Glosse von Edo Reents, die noch nicht frei online steht:
„Wieso sagen die Leute eigentlich andauernd ‚am Ende des Tages‘? Neulich hieß es in einem Genscher-Nachruf: ‚Der ,Genscherismus‘, im Kalten Krieg bisweilen als Schaukeldiplomatie zwischen Ost und West gebrandmarkt, erwies sich am Ende des Tages als eine der Grundlagen für den Fall des Eisernen Vorhangs.‘ Wenn man das so liest, könnte man meinen, dass tagsüber, am helllichten Tag, immer ganz wenig passiert, der Tag eher so vor sich hinplänkelt, bis es dunkel, Abend und Nacht wird, wo sich die Ereignisse dann plötzlich stark häufen, sich geradezu überschlagen und die Dinge sich letztgültig entscheiden, so dass für den nächsten Tag diesbezüglich nichts mehr zu tun bleibt."
[+++] Ich neige ja dazu, für die Popularisierung von „am Ende des Tages“ Karl-Heinz Rummenigge verantwortlich zu machen, Deutschlands Schmähgedichts-Opfer-Kandidat Nummer ca. sieben, aber belegen kann ich es nicht. Womit eine Überleitung zum Fußball geschafft wäre. Den Propaganda-Wizards der Deutschen Fußball-Liga ist es mal wieder gelungen, Details einer Übertragungsrechte-Ausschreibung - die, streng genommen, ja erst einmal nur für jene interessant sind, die diese Rechte erwerben wollen - flächendeckend in den Medien zu platzieren (siehe auch Altpapier von Dienstag). Allein die SZ hat drei Texte im Angebot (Medienseitenaufmacher, Kommentar im Sportressort, ein Porträt auf der Meinungsseite).
Der Tagesspiegel stellt vor, welche „Rechte-Pakete“ es gibt und wer sich für sie interessieren könnte. 17 sind es, und man natürlich kann auch von „Pakete-Häppchen“ sprechen, wie die SZ es auf der Medienseite tut, wobei das liebste aus Gaga-Sound-Gründen mir dieses ebd. zitierte ist:
„Paket OTT: Falls ein Anbieter die Pakete A bis E erwirbt, gibt es für 102 Spiele (zwei Sonntagsspiele plus ein Spiel am Samstag um 15.30 Uhr) eine gesonderte Ausschreibung für Internet und Smartphone.“
Das „Paket“ hat sich keiner ausgedacht, der Ott heißt, die Buchstaben stehen für „Over the top“, wie wir bei Jürn Kruse (taz) erfahren. Der geht auch ein auf die „weitere Zersplitterung des Spieltags“, die „die meisten Fans nicht wollen“. Was vor allem für die fünf neu eingeführten Montagabendspiele gilt. Philipp Selldorf (SZ-Sport) meint dagegen:
„Wenn der Montag hin und wieder zum (Erstliga-)Fußballtag wird, können die meisten damit sicher leben. Aber es ist nicht verkehrt zu fragen, was dann bei der übernächsten Vergabe der Fernsehrechte passieren wird.“
Altpapierkorb
+++ Einen Bericht vom Frankfurter Tag des Online-Journalismus gibt es hier nebenan bei Mitveranstalter evangelisch.de. Es geht unter andere um die Rheinische Post. „Dort gibt es seit kurzem ein ‚Listening Center‘. Damit ist eine Software und ein ‚Audience-Development-Team' von zurzeit vier Personen gemeint, die ein breit angelegtes systematisches Monitoring in diversen Social Media-Kanälen, Foren etc. ermöglichen. Auf diese Weise können vor allem im Lokalbereich frühzeitig Themen identifiziert oder überhaupt erst gefunden werden, die dann den Lokalredaktionen zur Verfügung gestellt werden.“
+++ Die Panama-Papers Sache aus der Sicht eines Wirtschafts- und Steuerstrafrechtlers: „Die Staatsanwaltschaft würde gerne richtig ermitteln, doch die Panama Papiere liegen bei Journalisten. Die müssen die Unterlagen nicht herausgeben. Auch mit einer Beschlagnahme ist nicht zu rechnen.“ Damit befasst sich Fabian Meinecke (Legal Tribune Online).
+++ Wer wird am ehesten Opfer von Trollen? „As part of a series on the rising global phenomenon of online harassment, the Guardian commissioned research into the 70m comments left on its site since 2006.“ Das Ergebnis, zu finden ebd.: „The 10 regular writers who got the must abuse were 8 women (4 white and 4 non-white) and 2 black men. Two of the women and one of the men were gay.”
+++ Was erfuhr man so bei der „Entwicklerkonferenz“ von Facebook? Unter anderen plant das Unternehmen „mit dem Nachrichtensender CNN eine Anwendung, die Lesern Artikel via Messenger sendet, sowie Chatbots zur Wettervorhersage“ (Handelsblatt).
+++ Bei epd medien findet sich ein ausführliches Interview mit Thomas Hinrichs, dem Informationsdirektor der BR, und Roland Scheble, dem „Leiter Strategie und Innovationsmanagement“. Es geht um „die geplante Neuorganisation im BR und die ersten Schritte auf dem Weg zum trimedialen Sender“.
+++ Christian Rath berichtet in der taz über einen Sieg der Zeitung beim BGH. Es geht um einen Rechtsstreit, den die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) angestrengt hatte: „Die taz hatte 2012 intensiv über die intransparente und wenig kontrollierte Vermittlung von Spenderorganen durch die DSO berichtet. Vorgeworfen wurde der DSO unter anderem die mangelhafte Aufklärung eines Vorfalls am Universitätsklinikum Düsseldorf. Dort waren einem jungen Mann 2005 mehrere Organe entnommen worden, obwohl bei der Prüfung des Hirntods eindeutig Verfahrensfehler gemacht worden waren."
+++ Über einen anderen Sieg berichtet in der taz Anne Fromm: „Die Tarifkommission von Zeit Online (Zon) hat sich mit der Verlagsgeschäftsführung auf höhere Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen für die Online-Redakteure geeinigt (...) Ursprünglich wollte die Belegschaft vergangenen Dienstag in einen ersten Warnstreik treten, sagte diesen aber kurzfristig ab, weil die Einigung bevorstand (...) Die Einigung ist über Zeit Online hinaus ein Signal an die ganze Branche, denn viele Onlineredakteure verdienen schlechter als ihre Printkollegen.“
+++ Frei online mittlerweile: die von Michalis Pantelouris für Übermedien angestellte Analyse der Machart der Deutschen Wirtschafts-Nachrichten. „Wo das Unwichtige brisant erscheint, weil andere nicht darüber berichten“, lautet die Headline. Pantelouris schreibt: „Das Problem ist nicht, dass die DWN mehr direkt Falsches schreiben würden als die anderen Medien. Allerdings nutzen sie die mediale Selbstverständlichkeit, dass etwas wichtig scheint, einfach weil es zum Thema gemacht wird – das Alternativmedium nutzt die Wirkung der gelernten Medien, um sie auszuhebeln. Eigentlich ist das auf den ersten Blick eine Karikatur von Medien, eine Überzeichnung. Auf den zweiten Blick aber nicht einmal mehr das: Eine Karikatur vergrößert regelmäßig besonders prägnante Details. Die DWN vergrößern regelmäßig Unwichtiges, das dann bemerkenswert erscheint.“
+++ Über die heute bei Arte zu sehende Dokumentation „Ein Hells Angel unter Brüdern", die einen Mitbegründer der Rocker-Gang porträtiert, schreibt wolfsiehtfern.de: „Das Problem des Films ist das Problem vieler Dokumentaristen. Wer einen Menschen porträtieren will, muss ihm entgegenkommen, muss ihn mögen, muss sein Vertrauen erwerben, muss ihm auf Augenhöhe begegnen (...) Für wirkliche Glaubwürdigkeit aber wäre erzählerische Transparenz in den Bildern und zwischen den Bildern wichtig. Und etwas mehr Distanz. Wie waren insgesamt die Drehbedingungen? Was war nicht zu zeigen? Gab es Situationen, wo das Gespräch verweigert wurde? Tabuthemen? Dass man davon nichts spürt und der Autor seinem Protagonisten alles abnimmt, macht skeptisch (...) In diesem Sinn hinterlässt der Film von Marcel Wehn mehr Fragen als Antworten.“ Das Hamburger Abendblatt befindet: „Man staunt über die zumeist spießige Alltagswelt der ergrauten Rocker im VW Passat Kombi oder in Reih und Glied gereiht beim Herrenabend mit Stripperin (...) Zusehends wandelt sich die Rocker-Dokumentation zum Schelhorn-Porträt. Der spricht sich an vielen Stellen gegen Bandenkriminalität, Drogen, Schusswaffen und empört gegen Vergewaltigung aus. Doch je länger er redet, umso mehr wird sein zweifelhaftes Verhältnis zur Gewalt deutlich. Auch der liebste schwäbische Rocker stellt sich klar über das Gesetz.“
Neues Altpapier gibt es wieder am Donnerstag.