Das Dackelgewehr

Das Dackelgewehr

Aus gegebenem Anlass ein monothematisches Altpapier: Zu einigen Motiven in den Nachrufen auf Frank Schirrmacher. Sowie: Daten, Namen, Zahlen.

Der alte Karl-Valentin-Klassiker "Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem" wird zumeist ironisch gestöhnt. Im Fall des Tods von Frank Schirrmacher kann man den Satz aber auch ernsthaft beziehungsweise pragmatisch lesen: Um das "Jähe" (Martin Walser) am Tod Schirrmachers mit 54 Jahren und binnen Stunden zu verstehen, muss von möglichst vielen möglichst viel erzählt werden. Trauerarbeit.

Das wäre zumindest ein Lektüreeindruck allein der FAZ-Ausgaben von Samstag, Sonntag und heute. Eine komprimierte Form findet sich, könnte man sagen, in der New York Times. Das Textaufkommen lässt sich aber auch in Zahlen darstellen.

80.578 (Sa.), 92.544 (So.), 23.735 Zeichen (Mo.), macht zusammen: 196.875.

Vermutlich könnte man die SZ-Feuilletonseite fürs Schirrmacher-Andenken (18.882 Zeichen) vom Samstag als Extension einflechten, sie ist im Aufbau ähnlich und bietet FAZ-Autoren (Morozov) auf.

Weiter in der Statistik (Frank Lübberding sammelt Nachruflinks): In der gedruckten FAZ haben in den letzten drei Tagen 72 Autoren sich an Schirrmacher erinnert. 57 Männer, 15 Frauen (um die leichteste Unterscheidungskategorie zu wählen), oder auf die einzelnen Tage runtergerechnet: Sa.: 20:5, So.: 26:9, Mo.: 11:1 (SZ vom Sa. 8:2). Wobei die Addition der Männerzahlen deshalb bei 57 landet, weil Patrick Bahners am Sa. und So. geschrieben hat.

Er ist damit nur allein, was in der FAZ veröffentlichte Texte betrifft. Ebenfalls zwei Texte (in zwei verschiedenen Medien) haben verfasst: George Dyson, Hubert Burda (beide SZ vom Sa., FAZ vom Mo.), Stefan Niggemeier (FAZ vom So., eigener Blog), Mathias Döpfner (FAZ vom Sa., Welt am Sonntag), Stefan Aust (HR, FAZ vom Sa.). Literaturagent John Brockman hat auf edge.org geschrieben, was in der FAZ vom Mo. zum Teil übersetzt ist. Dietmar Dath könnte man als Sonderfall hinzurechnen; er ließe sich nicht nur als Autor eines kurzen Texts in der FAZ vom So. ausweisen, sondern ist auch die maßgebliche Quelle für den Nachruf von Martin Hatzius im ND vom Samstag.

Was aber steht nun in den Texten drin? Ein sture Wörterzählung der FAZ-Komplexe ergibt ein paar vage Hinweise. So kommt das "Kind", als das Schirrmacher auch in den frühen Nachrufen (Altpapier vom Freitag) schon beschrieben wurde, in den Texten vom Samstag 12-mal vor (eingerechnet die Variation "Weltkind"), am Sonntag 11-mal, am Montag dann noch 1-mal (als "Schulkind"). Das ist vielleicht aussagekräftig, insofern die am häufigsten bzw. häufiger vorkommenden Substantive allgemeinere (Sa. "Menschen" – 27-mal, So. "Gott" – 23-mal, Mo. "Menschen" – 10-mal) oder berufsbezogene sind (Sa. "Zeitung" – 19-mal, So. "Zeitung" – 24-mal, Mo. Themen – 5-mal).

Bei Namen gibt es folgendes zu beobachten: "Reich-Ranicki" taucht am Sa. und Mo. innerhalb der FAZ-Texte am häufigsten auf (am Sa. 8-mal, am Mo. 5-mal, evtl. mit Frau), während am So. am meisten von "Ernst Jünger" gesprochen wird (7-mal). Wobei wir nicht noch einmal überprüft haben, ob damit nicht auch "Jünger" als Anhänger mitgezählt wurden; so weit führte die Beeindruckung durch Schirrmacher dann wohl doch nicht, obwohl man manche Formulierung womöglich auch in esoterisch-sektenhafteren Kontexten finden könnte:

"Wir wären ihm so gerne noch sehr lange hinterhergelaufen."

Schreibt etwa Harald Staun (FAZ am So.).

Durch Zahlen nicht abbildbar (es sei denn, man griffe auf Schulnoten zurück) ist derweil die Qualität der verschiedenen Texte. Sie schwankt, und das Schwanken lässt sich leicht erklären durch den Umstand, dass sich ja nicht nur Top-Printjournalisten an Schirrmacher erinnern wie etwa SZ-Chefredakteur Kurt Kister einer ist:

"Wenn er wieder mal mit, in meinen Augen, höchst fragwürdigen Ministern, klotzköpfigen Kollegen oder den Seltsamsten unter den Kulturschaffenden gegessen oder debattiert hatte, und ich ihn daraufhin mäßig beleidigend befragte, warum er einerseits immer über die schreckliche Gesellschaft klage und andererseits mit Tom Cruise Boot fahre, verzog er das Gesicht, trank eine Cola light und begann ein Gespräch über Gottfried Benn und die nachlassende Poesiefähigkeit von Ärzten."

Dagegen liest sich der Text eines im Schreiben ungeübteren Schirrmacher-Freundes wie, sagen wir, Reinhold Beckmann (FAZ vom Mo.) zwangsläufig, nun ja, klotzköpfiger:

"Unser gemeinsamer Weg begann vor etwa zehn Jahren, und es sollte eine immer wieder anregende Begegnung werden ... Er war ein Meister der schnellen Kommunikation, an sieben Tagen der Woche ununterbrochen erreichbar. Wenn er sich mit der digitalen Welt befasste, wusste er wahrlich, wovon er sprach. Und was mich anfangs erstaunte, doch bald amüsierte, war sein kreativer Umgang mit der deutschen Sprache beim Simsen. Seine pointierten Gedanken in unvorhersehbarer Form der Rechtschreibung machten viele seiner SMS zu Pretiosen mit der Botschaft 'aufzubewahren für alle Zeiten'."

Man hätte natürlich auch noch erwähnen können, dass, wenn Schirrmacher Wörter bildete, er meistens Buchstaben benutzte und im Schlaf die Augen geschlossen hielt, aber das wäre dann vielleicht ein Text von der Sorte "den Rahmen gesprengt" geworden.

Was nicht ausbleibt, wo so viele Wörter zusammenkommen über einen Gegenstand, sind die, wie das literaturwissenschaftliche Seminar highfiven würde, intertextuellen Bezüge.

Da ließe sich Beckmanns faszinierendem Sowohl-als-auch-und-was-Falsches-sagen-will-nicht

"Oft haben wir seitdem zusammengehockt, pflegten unsere enge Beziehung aber immer noch mit einem wohlüberlegten, vertrauten 'Sie'. Irgendwie war das längst unangemessen, aber wir beide fanden unser anachronistisches 'Sie' mittlerweile schon wieder richtig gut" –

ein Döpfner (FAZ vom Sa.) der ganz alten Schule entgegenranzen, der vielleicht klar macht, dass man das "Sie" nicht immer "schon wieder richtig gut" gefunden haben muss, um es zu benutzen:

"Selbst die F.A.Z.-typische, etwas altherrenhafte Attitüde, Kollegen nie mit Herr oder mit dem Vornamen, sondern immer nur mit dem Nachnamen allein anzusprechen, stand ihm gut zu Gesicht: 'Beaucamp (gesprochen: Bokamp), haben Sie eigentlich schon gelesen was der Kollege XY gestern in der NZZ geschrieben hat?'"

Von anderer Qualität ist Dirk Schümers Hinweis (FAZ vom Sa.):

"Die Ergriffenheit vom Erhabenen, die Verletzlichkeit durch das Schöne versteckte dieser komplett außergewöhnliche Mann gerne hinter einer coolen Maske oder seinem sarkastischen, zuweilen auch provokanten Humor. Er tat das keineswegs aus Unsicherheit, denn unsicher war er im Umgang mit niemandem. Wohl eher, weil er sein Kostbarstes - den Röntgenblick, der die eigenen Schwächen und Gefühle ins Bild nahm - nicht beliebig verschwenden konnte."

Der zielt nämlich direkt auf den – schon am Freitag hier zitierten – Abschnitt aus dem Augstein-Kreye-Seibt-SZ-Text:

"In Frank Schirrmacher mischten sich größter Machtanspruch und Unsicherheit. Das mag seiner kleinbürgerlichen Herkunft geschuldet sein."

Im Mosaik, das die Texte über Schirrmacher ergeben, finden sich auch Habits. Der von Kister erwähnte Cola-Konsum muss durch weitere Erwähnungen unbedingt als charakteristisch gelten. Morten Freidel (FAZ vom Mo.):

"Dort saß er mitunter ungezwungen, rauchte vielleicht oder trank eine Cola und strahlte eine geistige Virilität aus, eine Ungeduld, die den gesamten Raum erfasste."

Andreas Kilb (FAZ vom So.):

"Zuletzt sah ich Frank Schirrmacher vor fünf Tagen. Er saß hinter seinem Schreibtisch, rauchte, trank Cola und Kaffee."

Kilbs Zeitangabe führt zu einem – vor dem Hintergrund von Schirrmachers Kritik der Algorithmen und Apparate – ironischen Moment der Lektüre (Christoph Kappes auf Twitter: "Datenschatten"): Schirrmachers Terminkalender lässt sich tracken.

"Vorletzte Woche, am Rande einer Kunstausstellung, löcherte er mich mit Fragen nach der Verwicklung von V-Leuten des Verfassungsschutzes in die Mordserie des 'Nationalsozialistischen Untergrunds'."

Stefan Aust am 14. Juni.

Ob es sich um die Immendorff-Schau handelte, von der Döpfner (zweifellos der beste Bewegungsmelder – was immer das bedeutet) in der WamS spricht, ist nicht zweifelsfrei, aber möglich:

"Noch zwei Wochen vor seinem Tod feierten wir bis in die Nacht bei einem Abendessen zu Ehren des verstorbenen Malers Jörg Immendorff. Dessen qualvoller Tod interessierte Schirrmacher nicht. Vielmehr das pralle Leben, das auf den opulenten Leinwänden gefeiert wurde. Frank Schirrmacher amüsierte sich, blieb ungewöhnlich lange, trank – für seine Verhältnisse eher ungewöhnlich – sogar ein paar Gläser Wein. In der Nacht standen wir dann auf der Terrasse, guckten über den Jungfernsee auf ein Funkeln da drüben am Turm der geliebten Heilandskirche in Sacrow und wurden etwas melancholisch. Da plötzlich nahm Frank Schirrmacher meinen Arm und lachte mich mit diesem ermunternden, weit offenen Kinderlachen an."

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Haben wir nur in der Ausführlichkeit zitiert, weil die plastische Beschreibung ja immer auch Filmbilder evoziert, bei denen man dann wiederum stutzt, wie – ob der großen Größe von Döpfner – ein Arm-nehmen durch Schirrmacher aussehen kann. Weiter mit Döpfner im Terminplan (FAZ vom Sa.).

"Zum letzten Mal begegnet bin ich Frank Schirrmacher am vergangenen Samstag in Rom. Am Vormittag saßen wir zum Frühstück auf einem Balkon oberhalb der Spanischen Treppe und führten ein Männergespräch, wie wir es so oft in den letzten Jahren so gerne getan hatten."

Wird da konkretisiert, was der Leser von Fleischhauers Freitagsnachruf schon wusste ("Seine letzte Mail war eine Einladung, ihn in seinem Haus am See zu besuchen. 'So schönes Wetter jetzt. Bin diese Woche noch in Rom'").

"Später sind wir dann noch mit Dirk Schümer zusammen in die Villa Massimo gegangen."

Schreibt Döpfner weiter, was Schümer bestätigt:

"Unweit vom Kolosseum saß Frank Schirrmacher in einem einfachen Café und nahm, wie er das immer machte, die Essenz einer ganzen Epoche, ihre Blüte und ihren Untergang gleichermaßen, in Sekundenschnelle auf ... Das war am vergangenen Samstag."

Wird nicht ganz klar, ob das vor oder nach dem Villa-Massimo-Besuch war und ob Döpfner noch dabei.

Am Pfingstmontag war Schirrmacher jedenfalls wieder zurück in seinem Haus in Potsdam, wie von Sascha Lobo (FAZ vom So.) zu erfahren ist:

"Zuletzt durfte ich ihn am Pfingstmontag besuchen, drei Tage vor seinem Tod. Von mittags bis abends sprachen wir über die Weltlage, das Internet, die Frühaufklärung, künftige Projekte und über einen noch zu schreibenden Artikel zur ausbleibenden Empörung in Deutschland angesichts der Totalüberwachung. Seine Familie war dabei, Freunde kamen und gingen, auf der Terrasse am Wasser, ein Pirol sang, kühler Riesling, die Pfingsthitze, es fühlte sich an wie ein vollkommener Tag."

Was folgen, sind noch Begegnungen im Büro, wie die bereits erwähnte Notiz von Kilb (die, je nachdem, ob man vom Schreib- oder Erscheinungsdatum des Textes rechnet, am Di. oder Mi. gewesen sein kann).

Freidel (FAZ vom Mo.):

"Am vergangenen Mittwoch begegnete ich Frank Schirrmacher noch auf dem Gang der Redaktion. Er war im Begriff, sein Büro zu betreten, hielt kurz inne und lächelte."

Melanie Mühl (FAZ vom Sa.):

"Es war am Mittwochnachmittag, einen Tag vor Frank Schirrmachers Tod, als wir über das Sterben sprachen. Ich fuhr am Abend nach Zürich, um die Sterbehilfeorganisation 'Exit' zu besuchen."

Am Donnerstag stirbt Schirrmacher. Am Samstag schreibt Alexander Gorkow in der SZ:

"Daran muss ich nun denken, und an so vieles mehr, auf dem eiligen Weg nach Sacrow mit meiner Frau und meiner vierjährigen Tochter, zu seiner Frau, meiner Freundin Rebecca also, und ihrer vierjährigen Tochter. Und das wollte ich gerne noch schnell aufschreiben."

Apropos schnell: Von Gorkow stammt die erste Todesanzeige (am Sa. in der SZ, gemeinsam mit Rachel Salamander und Ulrich Wilhelm + den jeweiligen Familien). Heute fünf weitere in der FAZ: Frau, Familie, FAZ, Blessing und Freunde (gemeinsam: Kämmerling, Kofler/Salm, Landwehr, Schümer).


Altpapierkorb

+++ Weitere Motive. Zum einen, in der Verlängerung der Mühl-Linie (Zürich): Aufenthaltsorte beim Empfang der Todesnachricht. Nico Hofmann (FAZ vom Sa.): "Wenn eine Mutter ihren Sohn beim Zwischenstopp im Flughafen Johannesburg um dringenden Rückruf bittet, dann vermag dies nichts Gutes zu verheißen – sicherlich eine Familienangelegenheit, befürchtete ich. Und für meine Mutter, die mehr als 35 Jahre lang für den Wirtschaftsteil der F.A.Z. geschrieben hatte, war es das auch." +++ Volker Weidermann (FAZ vom So.): "In Florenz, Gewittersturm, Hitze, ich blicke immer wieder aufs Display des Handys. Keine Fragen von Schirrmacher. Das Interview beginnt, ich schalte das Handy aus. Als das Interview [mit Dave Eggers, AP] vorbei ist, schalte ich es wieder an – ein Display voller Bestürzung." +++ Für Bourdieu-Schüler eh klar, dass in solchen Zusammenhängen ordentlich Distinktion performt werden kann. Burda (FAZ vom Mo.): "Wir waren zu einem Abendessen in Berlin verabredet, unter anderem mit Michael Bloomberg aus New York und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, als mich plötzlich die fürchterliche Nachricht traf: Frank Schirrmacher ist tot. Unfassbar!" +++

+++ Zum anderen: Schirrmacher selbst war eine Art Ausschauhalter, Beobachter, Verfolger. Michael "mspr0" Seemann (in seinem Blog): "Schirrmacher war so zentral für mein Leben, dass ich gar nicht so richtig weiß, wie es mit mir jetzt weitergehen soll. Er war der Taktgeber der Debatte, die mein Zuhause geworden ist. Er war die Initialzündung zu dem, was ich heute bin. Ich weiß aus verschiedenen Quellen, dass er ein sehr genaues Auge darauf hatte, was ich tat. Ich hoffte auch beim Schreiben meines Buches auf seine Leserschaft und es bringt mich ziemlich aus dem Tritt zu wissen, dass er es niemals lesen wird." +++ Das Eye-on-Bild auch, deutlicher bei Michael Angele auf freitag.de: "So viele Jahre lang hat mich dieser Schirrmacher beschäftigt. Und das, obwohl ich ihm nie persönlich begegnet bin. Aber er war in meinem Kopf drin. Und es gibt ein paar Mails. In einer schrieb er: 'Ich beobachte Sie ganz genau!'" +++

+++ Was ganz anderes: Autos, fahren. Walser (FAZ vom Sa.): "Frank Schirrmacher wurde im Dezember 1986 beauftragt, mich von der Klettenbergstraße, vom Haus Unseld, abzuholen, mich nach Kronberg zu bringen. In meinem Tagebuch lese ich: Abends bei Fest. Mit dem jungen Talent, Fests Assistent, hinausgefahren. Meine Erinnerung weiß es genauer. Mit Schirrmachers Auto. Da es sich um ein sehr kleines Auto handelte, wirkte der, der es fuhr, riesig." +++ Seibt (FAZ vom Sa.): "Wir fuhren im März 1990 gemeinsam zur ersten Leipziger Buchmesse nach dem Mauerfall, und zwar im Dienstwagen, den der junge Literaturchef selbst chauffierte, ein dunkelblauer BMW mit der Autonummer F-AZ. Frank liebte den tollen Dienstwagen, die Autonummer, und immer wieder ließ er in den Dörfern Thüringens vor den Kindern am Wegrand die Scheinwerfer aufleuchten. Es war eine Art Siegesfahrt, auf der er die Weltgeschichte und zugleich den eigenen Erfolg auskostete." +++ Hubert Spiegel (FAZ vom Sa.): "'Aber fahren müssen Sie!' Am Hamburger Flughafen wartete ein Mietwagen auf uns, eine große Limousine, wir könnten doch wohl nicht im Kleinwagen bei Günter Grass vorfahren, hatte er noch in Frankfurt gesagt. Als Beifahrer hatte er große Ähnlichkeit mit Marcel Reich-Ranicki: schnell gelangweilt und ohne großes Zutrauen in die Fähigkeiten seines Chauffeurs." +++ Mark Siemons (FAZ vom So.): "Als Egon Krenz, der letzte Staatsratsvorsitzende der DDR, kurz vor seinem Haftantritt die maximale Persona non grata im westdeutschen Mainstream war, bestellte Frank Schirrmacher die Herausgeberlimousine mitsamt Fahrer nach Berlin und fuhr mit mir, der damals öfter über den deutschen Osten schrieb, nach Rügen, um Krenz bei einem Vortrag zu erleben." +++ Julia Voss (FAZ vom So.): "Der andere Gegenstand war ein kleiner Spielzeuggeländewagen, den er selbst auf dem Schreibtisch geparkt hatte. Das Auto war türkis-blau, überzogen mit einem wilden Camouflagemuster, als ob es für eine Safari getarnt werden müsste." +++ Christian Geyer (FAZ vom Sa.): "Meistens waren es ins exzentrische Extrem getriebene Kinderfreuden: nicht eine Tüte Weingummi, sondern eine riesige Schüssel bis obenhin mit Weingummi gefüllt; nicht eine Barbiepuppe, sondern ein überdimensionaler rosaroter Laster voller dieser Puppen; nicht ein einzelnes Kinderprachtbuch, sondern ein Karton mit zwanzig, dreißig Pixi-Minikinderbüchern. Diese Sachen hatte er immer bei sich im Büro parat und lange vorbereitet, ohne zu wissen, wann der nächste Kinderbesuch sein würde." +++

+++ Zum Abschluss noch ein Witz. Kister: "Und gleichzeitig war er ein Ironiker, ein Surrealhumorist, der in seinen besten Momenten den sonderbaren Dackel seiner Frau langgestreckt in die Schulter legte, den Hundekopf mit der linken Hand hielt und erklärte, er habe das 'Dackelgewehr' erfunden."

Der Altpapierkorb füllt sich morgen wieder gewohnt vielfältig.

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