Die Meinungsmacht haben immer die anderen, vor allem die von der rotgrünen Meinungshegemonie – aber die geplagten Chefredakteure, Kolumnisten, leitenden Redakteurinnen und Ressortleiter, die unter der Unterdrückung leiden, können sich bald Gehör verschaffen: Die deutsche Huffington Post will jenen eine Stimme geben, die sonst keine haben. Dazu: Storys über Daniela Katzenberger, den Spiegel, die Sieben-Tage-Regel, Matthias Brandt und die Volvicmädchen.
Heino hat Die Ärzte durch und singt jetzt endlich auch "Kapitulation" von Tocotronic. Kapitulation ohohoh. "Ich musste für mein Album in diesem Jahr viel Kritik einstecken und der Erfolg gab mir dennoch recht", sagt der mittelbeliebte Musikpirat nach Angaben von irgendjemandem.
Wer denkt, wenn er das hört, nicht an Wolfgang Bok? Heinos "Ich musste für mein Album in diesem Jahr viel Kritik einstecken und der Erfolg gab mir dennoch recht" ist Boks "Die Journaille ist grün, aber die Wähler haben trotzdem richtig gewählt". Bok, der die Qualität einer These ab und an mit ihrer Steilheit gleichsetzt, vermutet bei Cicero.de auf Basis ungenannter Erhebungen – wir tippen auf Indizienbasis mal auf die hier zitierten und vielleicht auch diese hier –, es gebe in den Redaktionen "eine klare grüne Mehrheit". Grüne? Genau, das sind laut Medienberichten die pädosexuellen Moralapostel, die Fleisch verbieten.
"Zusammen mit den Sympathien für die SPD und eine insgesamt öko-soziale Politik liegen weite Teile der Medien also nicht auf der Höhe der Zeit. Rechnet man die Stimmen von CDU, CSU, FDP und AfD zusammen, so ergibt sich daraus eine klare Mehrheit. Doch diese findet sich in der medialen Berichterstattung kaum wieder."
Die alleinige Meinungsmacht haben demnach immer die anderen. Aber mal angenommen, es stimmt, dass Journalistinnen und -en mehrheitlich eine rotgrüne Politik befürworten: Dann würde das zwar nicht bedeuten, dass es sich bei der Minderheit nicht trotzdem um die größeren Schreihälse handeln könnte. Es ließe sich aber erklären, wie Dietrich Leder – eigentlich Professor an der Kölner Kunsthochschule für Medien – in der Funkkorrespondenz zu einer solchen übelst ideologischen (zwinker, zwinker) Einschätzung der Wahlkampfberichterstattung über SPD-Kanzlerkandidat Peer S. kommen kann:
"Zuletzt hatte Marietta Slomka ihn im 'Heute-Journal' (ZDF) sechs Tage vor der Wahl in einem harschen Ton interviewt, wie sie ihn bei der Kanzlerin niemals anschlagen würde."
Leder deutet in seinem Meinungsprotokoll des Fernsehwahlabends auch noch Steinbrücks total egale Mittelfingergeste zu dessen Gunsten:
"Was die ZDF-Nachrichtenmoderatorin und andere Kritiker dieser pubertären Geste unterschlugen, war der Punkt, dass Peer Steinbrück sie zeigte, als er zum Spott befragt wurde, mit dem Journalisten ihn und seinen Namen bedachten ('Peerlusconi', 'Pannen-Peer'). Aus der gestischen Medienkritik des Politikers fabrizierten die Medien so eine Kritik des Politikers."
Diese rotgrünen Schlingelinen und Schlingel! Dass die Kanzlerin im Wahlkampf dauergepiesackt worden wäre von den fiesen Journalistinnen und -en, die ihr noch in der "Berliner Runde" so sehr zusetzten, dass sie leider nur Franzbeckenbaurigkeiten der Marke "Schau mer mal" sagen durfte: Eine solche Blödsinnsthese hat bisher wenigstens noch niemand aufgestellt. Aber kann ja noch. Jan Fleischhauer, der unter all den geplagten Chefredakteuren, stellvertretenden Chefredakteuren, Politik- und Wirtschaftsressortleitern, leitenden Redakteurinnen, prominenten Kolumnisten, Talkshowgästen, Leitartiklern und anderen armen, ungehörten Opfern der linken Meinungshegemonie für meinen Geschmack der originellste ist, mischt in seiner Spiegel-Online-Kolumne immerhin schon mal alle medialen Bilder, die in den vergangenen Wochen von der Kanzlerin gezeichnet wurden, durcheinander und spielt sie gegeneinander aus, bis er jeden Unmut über ihren Regierungsstil als typisch linke Deppenparanoia entlarvt hat.
+++ Auch nicht unwitzig sind die Nachrichten, dass Daniela Katzenberger ihren Job beim Spiegel schon früher antritt und Nikolaus Blome demnächst in einer ARD-Krimikomödie von u.a. the Oliver Berben seine "erste Hauptrolle" spielt*.
Lässt man mal den Spaß beiseite (den zumindest Konstantin von Hammerstein offensichtlich wirklich nicht hat bei seiner bevorstehenden Ablösung als Leiter des Hauptstadtbüros durch den frisch abgegangenen stellvertretenden Bild-Chefredakteur Blome), gibt es heute, in der Süddeutschen, mal wieder eine ernsthafte Nachricht zur sogenannten Spiegel-Causa, deren Erzählung die SZ im Berliner Arbeitsgericht beginnt:
"Unter dem Aktenzeichen 6 Ga 14003/13 tritt dort Konstantin von Hammerstein gegen den Spiegel-Verlag an, wie das Gericht bestätigt. Der derzeitige Leiter des Hauptstadtbüros des Spiegel geht darin gegen seine vorzeitige Abberufung vor. Sein Nachfolger Nikolaus Blome soll dem Vernehmen nach statt am 1. Dezember bereits Mitte Oktober starten."
To be continued. Oder eigentlich lieber nicht. Oder lieber doch. Oder nein: lieber nicht.
Doch.
Nein.
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Anderes Thema: Bei Meedia steht dankenswerterweise mehr über die Sparpläne im Kölner Haus des Verlags M. DuMont Schauberg (kurz im Altpapierkorb von gestern).
"Ein Teil der Mitarbeiter, rund zehn Prozent, muss gehen, die Vermarktung wird ausgelagert und neu aufgestellt, in einer nicht tarifgebundenen Tochterfirma. Die Neuaufstellung trägt den sich geänderten Mechanismen der Vermarktung Rechnung, nach altem Muster – Print hier, Digital da – funktioniert das Geschäft eben nicht mehr",
schreibt Christian Meier. Kölner Stadt-Anzeiger, Rundschau und Express, also die Hausblätter würden zwar "offenbar noch recht ansehnliche Gewinne" machen, "(a)ber die Betonung liegt auf 'noch'." Seine Einschätzung für die Branche ist dann ziemlich pessimistisch:
"Was DuMont auch zeigt – die jahrelange Frage: Ist die Krise konjunkturell oder strukturell zu begründen, ist endgültig obsolet. Es galt lange als unfein, eine strukturelle Ursache zu sehr in den Vordergrund zu schieben. Hätte das doch ein negatives Signal an Werbekunden gegeben, an die ganze Branche."
Bei DuMont aber würden die Maßnahmen nun strukturell begründet. Und "DuMont ist überall".
+++ Außer natürlich bei der deutschen Huffington Post – gibt's eigentlich schon eine bessere Abkürzung als HuffPo? –, die niemandem kündigen muss, den sie nicht bezahlt. Insofern wird es Massenentlassungen dort kaum geben. Ein ziemlich mitarbeiterfreundliches Modell eigentlich. Einordnungen der demnächst startenden Huffi-Puffi und ihres G-Modells ohne Polemik gibt es aber auch: Bei DradioWissen, gestern in der Sendung "Was mit Medien", sagte Chefredakteur Sebastian Matthes, es
"stimmt ja nicht, dass wir die Leute nicht bezahlen, wir haben eine professionelle Redaktion da sitzen".
Daneben gebe es dann den Kommentarbereich, in dem man – in meinen Worten – allein für die Reichweite schreibt. Wenn man schreibt. Und auch die Taz ist nicht so polemisch, wie die Überschrift "Danke für nichts" vermuten lässt. In ihrem Text kommt neben Kai Petermann, der dieser Tage eine Huffolo-Puffolo-Anfrage nach unbezahlter Arbeit in der gebotenen Sachlichkeit negativ beschieden hat, auch Oliver Eckert zu Wort, Geschäftsführer der Tomorrow Focus Media GmbH, zu der The Huff gehört. Er verkauft sie uns als idealistisches Projekt:
"Blogger sollen in der Rolle von Gastautoren die klassische redaktionelle Berichterstattung bereichern. Damit wollen wir Menschen eine Stimme geben, die sonst keine haben."
So gesehen könnte die HuP für die Opfer der linken Meinungshegemonie in Deutschland, deren Stimmen in ihren Kolumnen, Leitartikeln und bei ihren Talkshowauftritten ungehört verhallen, ein wahrer Segen werden. Wie wäre es mit der Abkürzung Hoffpost?
* Pointe kopiert vom Kollegen Dell, hier ganz unten.
+++ "In das Projekt eines gemeinsamen Jugendkanals von ARD und ZDF kommt Bewegung", meldet via DPA etwa die SZ. "Die Chefin der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, Jacqueline Kraege (SPD), rechnet nach eigenen Worten Mitte Oktober mit einem Konzept der öffentlich-rechtlichen Sender" +++ Dazu mehr in der FK: "Der ARD-Vorsitzende und NDR-Intendant Lutz Marmor hatte am 18. September in Bremen erklärt, ARD und ZDF hätten sich auf die Aufteilung der Programmzulieferungen für den angestrebten Jugendkanal verständigt. Die ARD wolle wegen der vorgesehenen Einbindung ihrer Jugendradios einen Anteil von zwei Dritteln übernehmen, das ZDF das übrige Drittel. Auf 45 Mio Euro bezifferte Marmor das jährliche Budget des neuen Zielgruppenprogramms. Das Geld solle 'durch interne Umschichtungen' bei ARD und ZDF erwirtschaftet werden" +++
+++ Im gleichen FK-Text geht es um die bescheuerte "Sieben-Tage-Regel": "Laut dieser Vorschrift dürfen ARD und ZDF ihre Fernseh- und Hörfunksendungen nach der Ausstrahlung nur sieben Tage lang im Internet zugänglich machen. Diese Beschränkung stößt allgemein auf deutliche Kritik. Eumann", also Marc-Jan, "zufolge wurden nun die Rundfunkreferenten der Länder einstimmig beauftragt, 'Eckpunkte zur Aufhebung der Sieben-Tage- Regelung' für Gespräche mit der EU-Kommission zu erarbeiten". Vielleicht erleben einige von uns also noch ihre Abschaffung +++
+++ Markus Lanz bekommt für "Wetten, dass..?" einen Gagschreiber. "Kein Witz" (Tagesspiegel). Wirklich "kein Witz" (Meedia). Gut, vielleicht ja doch ein Witz (DWDL) +++
+++ Zwei Social-Media-Geschichten zum Thema Nahrung. Ein Text von Felix Dachsel bei Spiegel Online, in dem er sich selbst als Uniloser darstellt, sorgt für amüsierte und Unerträgliches witternde Reaktionen, weil er von "Volvicmädchen" schreibt. Wenn man Texte als Aneinanderreihung von Worten liest, aber nicht auf den Ton hört, kann es natürlich passieren, dass man eine ironische Selbstentblößung als machistisches Gehabe versteht +++ Das Zweite ist ein Shitstorm, den sich der Chef des Nudelunternehmens Barilla mit homophobem Herumgeseiere redlich verdient hat (u.a. tagesschau.de) +++
+++ "Griechenlands öffentlich-rechtliches Radio ist wieder auf Sendung. Der provisorische Hörfunkkanal EDT strahlt seit Donnerstagmorgen ein Programm aus. Sein staatlicher Vorgänger mit Fernsehen und Hörfunk war im Juni überraschend geschlossen worden" (DPA, etwa bei der Taz) +++
+++ Mehr Medienkritik als Nach-Wahl-Betrachtung steht, nicht so weit weg von Bok, allerdings weht der Wind da aus einer anderen Richtung, bei Neunetz – während Felix Schwenzel kein Versagen von Journalismus oder "Netzgemeinde" entdecken mag +++
+++ Die Nominierten für den Deutschen Fernsehpreis sind raus. Und ein paar Preisträger auch schon, darunter "George", "Precht" und Otfried Fischer +++ Matthias Brandt brilliere mal wieder: Am Sonntag im gleichfalls als brillant besprochenen "Polizeiruf" von Leander Haußmann. Finden Taz bzw. FAZ +++ Die FAZ rezensiert auch die erste Kai-Pflaume-"Dalli, Dalli"- bzw. nun "Das ist spitze!"-Ausgabe in der ARD +++ Die SZ porträtiert Helene Fischer +++ Der Tagesspiegel interviewt Anke Engelke +++ Und die SZ schreibt, Joko Winterscheidt moderiere heute die Nachrichten bei Pro Sieben +++
+++ Und Marcus Jauer schreibt in der FAZ anlässlich einer entsprechenden Diskussion ein paar wahre Sätze über die Berichterstattung über Veränderungen und Ereignissen rund um Medien in Medien: "Das ist nicht unheikel, wie jeder verstehen wird, der sich nur kurz vorstellt, er werde, sagen wir, über die Zukunft des Automobils aus der Konzernzeitschrift von Volkswagen informiert." Die Einhaltung journalistischer Standards sei dabei nicht zwangsläufig gefährdet. "Es geht nicht darum, dass aus eigenem Interesse heraus ein Argument oder Geschehen bewusst verzerrt wird, damit eine Entwicklung, die als Gefahr für den eigenen Job oder das eigene Unternehmen wahrgenommen wird, nicht den Weg in die Zeitung findet. Das funktioniert meistens nie, würde der Sache nichts nützen oder sogar schaden. Es geht eher um die unbewusste Beschränkung des Denkens" +++
+++ Übrigens: Bei der Bundestagswahl wurde Rot-Grün gewählt. Heute vor genau 15 Jahren +++
Das nächste Altpapier gibt es am Montag, gleiche Stelle, gleiche Welle.