Musste Steffen Seibert umparken, weil seine Karriere in einer Sackgasse stand? Wer ist "Michael Hesse"? Woher weiß Prince, dass das Internet durch ist? Antworten.
Oh, wie schön wäre es doch, könnten wir unseren Auftakt hier ähnlich augenzwinkernd-bissig gestalten wie der Thomas-Mann-Kenner Edo Reents den seines Bahn-Kommentars in der FAZ:
Gehört die Sauna jetzt auch zum Service der Deutschen Bahn? Oder ist das ein besonders subtiler Beitrag zu der öden Diskussion über die „Servicewüste Deutschland“?
Aber, ach, die Bahn ist ja nicht unser Thema, auch wenn die TAZ-Chefredakteurin Ines Pohl zu den vom Schwitzen betroffenden Reisenden des Wochenendes gehörte und ihre Erfahrung und sympathischen Gedanken in einem Bericht niedergeschrieben hat.
Und so bleibt uns nur die klassische Eröffnung, wie sie etwa Michael Hanfeld in der FAZ wählt:
Okay, es ist heiß. Zu heiß, auch im Büro. Aber das ist keine Entschuldigung.
Entschuldigung, und damit sind wir beim Thema, für manche Reaktion, die Steffen Seiberts Karrieremanagement (from "heute"-Studio to Kanzleramt) hervorgerufen hat (siehe KSTA). Wo man Hanfelds epochal unkritisches Empfehlungsschreiben für den ZDF-Moderator am Sonntag (siehe auch Altpapier von gestern) mit einer Mischung aus Grusel und Faszination lesen musste – heute hat Hanfeld naturgemäß nicht unrecht, wenn er darauf hinweist (Seite 33), dass schlecht über mangelnde Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks klagen kann, wer selbst bis 2009 dort gearbeitet hat wie die Grünen-Politikerin Tabea Rößner.
Und Witze, lieber ZDF-"Wiso"-Redakteur und ver.di-Vorstand Uli Röhm, („Wäre das Wirtschaftsressort nicht bei einem Wiso-Kollegen in besseren Händen?“) sollte man besser Thomas Mann überlassen beziehungsweise Leuten, die mit seinem Werk vertraut sind.
Zu Steffen Seiberts Wechsel ins Amt des Regierungssprechers wird aber nicht nur Unsinn gesagt. Daniel Bouhs liest in der Berliner die Entscheidung karrieretechnisch – nämlich vor dem Hintergrund, dass beim ZDF vorerst nichts mehr ging.
Wieder nur Korrespondent werden, das wäre für ihn, der mehr oder minder zufällig, aber immer fleißig und vor allem zuverlässig Karriere machte, kein Aufstieg. Wenn alle spannenden Posten weg scheinen und ein Gang zu den Privaten keine Option ist (Seibert im Herbst: "Wir werden nicht warm miteinander"), dann bleiben Ausharren oder flotter Abgang.
Karl Doemens sondiert in der der FR derweil schon mal das künftige Arbeitsumfeld:
[listbox:title=Die Artikel des Tages[Seibert in der Sackgasse seines Aufstiegs (Berliner)## Seiberts neue Kollegen (FR)##Ines Pohl schwitzt für andere im Zug (TAZ)##The Internet's completely over (Carta)##Kameruns Journalismus (NZZ)]]
Wilhelm war es als Regierungssprecher gelungen, im Umgang mit der Kanzlerin quasi auf Augenhöhe mit diesen beiden langjährigen Weggefährtinnen heranzurücken. Die Frage ist, ob dem bekennenden Wechselwähler Seibert dies auch gelingen kann.
Nun, das wird sich zeigen, das kann keiner wissen. Wer aber noch etwas Wissenswertes über den Menschen Steffen Seibert erfahren will, der ist bei stern.de gut bedient:
In der Schulzeit hört er Musik von Earth, Wind & Fire, Stevie Wonder und Bryan Ferry. Bis heute beschreibt er seinen Musikgeschmack als "Happy-Seichtpop-Disco-Geschmack".
Isn't he lovely? Und so wünschen wir Steffen Seibert auch von dieser Stelle alles Gute bei seiner künftigen Aufgabe, vor allem Kraft und Gesundheit. Nur möge er uns den Gefallen tun und nie, nie, nie wieder von sich als "leidenschaftlichem Journalisten" sprechen – denn damit hat das Amt eines Regierungssprecher noch viel weniger zu tun als das des gewöhnlichen Nachrichtendarsteller im "heute"-Studio.
Altpapierkorb
+++ "Es ist Sommer. Es ist sehr heiß. Die Menschen sind im Freibad, am Meer, in der Eisdiele, im Freien": Wolfgang Michal amüsiert sich auf Carta über Prince (“The internet’s completely over“) und den sich Trendforscher nennenden Horx. +++ Es ist heiß: Antje Hildebrandt spricht mit "Switch"-Komiker Michael Kessler in der Berliner und im KSTA nicht so derbe anregend über Comedy im Allgemeinen und das "Dschungelcamp" im Besonderen. Im KSTA wird Kessler im Vorspann als "Michael Hesse" anmoderiert. Es ist heiß. +++
+++ Der WDR-Rundfunkrat wird trotz Bedenken heute der Verpflichtung Günther Jauchs durch die ARD zustimmen (SZ, Seite 13). +++ Die Zeugen Jehovas wollen bei DW Programm machen (TAZ). +++ Es gibt Kritik am Besuch des iranischen Fernsehchefs Ezatollah Zarghami bei seinen deutschen Kollegen Schächter (ZDF) und Boudgoust (SWR) (SZ, Seite 13). +++ Der "Kicker" wird 90, ein einstiger Chefredakteur gratuliert via Tagesspiegel. +++ Hugh Hefner will seinen schwächelnden "Playboy" zurück (HB). +++ Die wenig rosige Situation von CNN beschreibt die Berliner. +++ Die unglückliche Lage des Journalismus in Kamerun ist Thema in der NZZ, wozu auch ein Interview mit dem Radiojournalisten Mystic Johnson Chick gehört. +++ Es soll künftig einen glamourösen Radiopreis gemeinsam für öffentlich-rechtliches und Privatradio geben (SZ, Seite 13). +++
+++ Dementis: Springer-Chef Döpfner steht für eine VDZ-Präsidentschaftskandidatur nicht zur Verfügung (Meedia.de). +++ Das WM-Finale wurde laut Quotenmessung nicht von mehr Zuschauern gesehen als das von 2006 (TSP). +++ Die ZDF-Reportage, die von Frauen handelt, die ein Baby wollen (heute, 22.15 Uhr), hat kein Niveau, wie die TAZ schreibt. Sie gehört zu der Reihe namens "37 Grad". +++
+++ Es ist heiß. +++
Neues Altpapier gibt's morgen wieder ab 9 Uhr.